Ob man jetzt „Nahversorger in Wohnortnähe“ sagt oder einfach „üsa Lado“:
In der Wäldergemeinde Bizau besteht der Konsumverein seit hundert Jahren.
Im Juli 2016 wurde ein neues, zeitgemäßes Gebäude am alten Standort als
Wohn- und Geschäftshaus eingeweiht.

Autorin: Claudia Rinne | Fotos: Cornelia Hefel

Wie lebendig und stark verwurzelt der 1920 gegründete Konsumverein in Bizau ist, sieht man schon an den jüngsten Zahlen. Als eingetragene Genossenschaft hat er 240 Mitglieder, die 65 % der 350 Bizauer Haushalte repräsentieren. Und so wurde auch nur sehr kurz über einen anderen Standort für den Laden nachgedacht, als das 1949 errichtete Gebäude schräg gegenüber der Kirche, in dem er untergebracht war, baufällig geworden war. Genau an derselben zentralen Stelle, nur durch die Straße getrennt von dem baumbestandenen Freiraum, der sich zwischen Kirche, Volksschule und dem Hotel Schwanen aufspannt, sollte ein neues, zeitgemäßes Gebäude entstehen, das auf größerer Fläche ein erweitertes Warensortiment mit besseren Liefer- und Lagerbedingungen ermöglicht.

Die Gemeinde Bizau bildete mit der Raiffeisenbank Bezau-Mellau-Bizau eine Errichterge-meinschaft und vergab den Auftrag an Hermann Kaufmann, dessen Büro bereits mit dem Umbau der Volksschule 1999 und der Neuinterpretation des Hotels Schwanen 2009 das Ortsbild mitgeprägt hat.

Der L-förmige Vorgängerbau war mit seinen Ecken nah an die Straße herangerückt. Das neue, lang gestreckte Wohn- und Geschäftsgebäude folgt dem Verlauf des Bizauerbachs mit der steilen Geländekante in seinem Rücken eher als der Straße vor ihm. Dadurch wurde zur Straße hin mehr Raum für Autoparkplätze und Fahrradabstellmöglichkeiten geschaffen sowie Platz für eine Lkw-Laderampe, die das nach Westen abfallende Gelände elegant nutzt, ehe eine Betonbrüstung die Abfahrt in die Tiefgarage seitlich absichert. Ein Teil der Erdgeschoßfassade ist als Glasfront mit Eingang in den Verkaufsraum ausgebildet. Davor bieten sich Holzblöcke als Sitzgelegenheit an und gleich neben ihnen kann von der Photovoltaikanlage am Dach stammender Strom zum Aufladen von E-Bikes gratis bezogen werden: Einfach das Ladekabel aus dem Geschäft holen und tanken.

So ein moderner und schöner Laden
in einem Dorf mit 1000 Einwohnern.
Und alle haben dazu beigetragen.“

Josef Bischofsberger
Altbürgermeister

Das Gebäude ist in drei Baukörper gegliedert. Optisch ist der Hauptkörper ein traufständiges Satteldachhaus mit zwei Geschoßen und teilweise eingezogenem Parterre. Im ersten Stock befinden sich vier Wohnungen, die über einen hölzernen Laubengang an der Bachseite erschlossen sind. Wegen der Hanglage kann der Laubengang über eine Treppe im Innern des Hauses erreicht werden oder über einen schmalen Fußweg, der den Bizauerbach begleitet. An beiden Giebelseiten verlängern eingeschoßige, schräg von der Straße zurückspringende Anbauten das Satteldachhaus. Ihre Flachdächer können von den Bewohnern als Terrassen genutzt werden. Im Innern setzt sich der große Verkaufsraum nahtlos in den östlichen, geschlossenen Anbau hinein fort, während im westlichen die Laderampe und die Zufahrt zur Tiefgarage liegen.

Konstruktiv und den Funktionen nach ist das Gebäude in der Horizontalen geteilt. Das Untergeschoß und das Parterre sind in Massivbauweise errichtet. Von der Betondecke des Erdgeschoßes aus gehen die Betonüberzüge bis auf Brüstungshöhe im Obergeschoß, das im Weiteren aus vorgefertigten Holzelementen unter einem Dachstuhl aus Konstruktionsvollholz besteht. Die Tiefgarage und die Geschäftsräume sind um einiges weiter in den Hang hineingegraben als das Obergeschoß annehmen lässt und befestigen so auch den Weg und das Bachufer.

Abbruch und Neubau fanden in nur zehn Monaten satt, bei laufendem Betrieb. Das wurde möglich, weil 400 Meter weiter die Produktionshalle des alten Sägewerks als Ausweichquartier adaptiert werden konnte. Bei der Übersiedlung am langen Wochenende Ende August 2015 haben gefühlt alle Bizauerinnen und Bizauer geholfen, ob zu Fuß oder mit dem Traktor. Dafür wurde während der Bauphase der Zustelldienst ausgebaut, für den es seit zwei Jahren neben dem Lastenfahrrad auch ein E-Auto gibt. Eine Informationskampagne warb neue Mitglieder und seit Juli 2015 wird auch auf Social Media das Bewusstsein für Lebensqualität durch regionale Nahversorgung gestärkt. Der Kaffeetisch im Verkaufsraum gehört nicht ins übliche Repertoire des großen Partners SPAR. Aber er gehört zum Dorfleben, das konnte der Geschäftsführer erfolgreich vermitteln. Auf weitere hundert Jahre!

Eine Baukulturgeschichte von
vai Vorarlberger Architektur Institut
Das vai ist die Plattform für Architektur, Raum und Gestaltung in Vorarlberg. Neben Ausstellungen und Veranstaltungen bietet das vai monatlich öffentliche Führungen zu privaten, kommunalen und gewerblichen Bauten. Mehr unter Architektur vor Ort auf www.v-a-i.at

Daten & Fakten

Objekt „Konsum-Hus“, Bizau

Bauherr Gemeinde Bizau & Raiffeisenbank Bezau-Mellau-Bizau

Architektur Hermann Kaufmann + Partner ZT, www.hkarchitekten.at

Statik, Entwässerung M+G ZT, Feldkirch, www.m-g.at

Fachplanung Bauphysik: Thomas Schwarz, Frastanz; Elektro: Meusburger, Bezau; Geotechnik: Geomac, Andelsbuch

Planung 03/2012–09/2015

Ausführung 09/2015–07/2016
Baumeister: Moosbrugger, Andelsbuch; Heizung, Sanitär; Lüftung: Dr‘Wäldar, Bezau; Elektro: Willi, Andelsbuch; Holzbau: Flatz; Alberschwende; Spengler: DachDeckerMeister, Bizau; Fenster: Wälderfenster, Bizau; Trockenbau: Reuplan, Hard; Estrich: Vigl & Strolz, Schoppernau; Maler: Rüf, Mellau; Holzböden: Christian Greussing, Bezau; Türen: Herbert Feuerstein, Bizau; Tore: Rudolf Meier, Bezau; Schlosser: Felder, Andelsbuch; Fliesen: Peter Meusburger, Bezau; Linoleum: Sattlarʼs, Egg; Gartenbau: Daniel, Bezau

Energiekennwert 31,7 kWh/m² im Jahr (HWB)