Die neue SWG-Produktionshalle in Waldenburg
überspannt ein extrem filigranes Dachtragwerk,
BauBuche macht es möglich.

Autorin: Susanne Jacob-Freitag | Fotos: Roland Wehinger und Marc Lins

Im Gewerbepark Hohenlohe an der Autobahn A6 hat die SWG Schraubenwerk Gaisbach GmbH – Geschäftsbereich Produktion – an ihrem Firmensitz in Waldenburg (Deutschland) ein einzigartiges Gebäudeensemble aus Produktionshalle und Bürohaus samt integriertem Ausstellungsbereich geschaffen. Mit dem Hallenneubau hat das Unternehmen nicht nur seine Kapazitäten erhöht, sondern auch einen Ingenieurholzbau realisiert, der als Pionierprojekt wegweisend ist. Mit der bewussten Entscheidung, mit Holz zu bauen, will die Bauherrin ein Zeichen setzen und auf den positiven Effekt des Naturbaustoffs für den Klimaschutz durch CO2-Speicherung hinweisen. Das 1967 gegründete, zur Würth-Gruppe gehörende Unternehmen zählt zu den größten Schraubenherstellern Europas. Mit rund 230 Mitarbeitern stellt es täglich bis zu 12 Millionen Schrauben her – Tendenz steigend. Dieser Entwicklung trägt der Neubau nun Rechnung.

Die Produktionshalle ist ein Ingenieurholzbau der Superlative: Mit enormen Abmessungen von knapp 96,50 m auf annähernd 114 m nimmt der rund zwölf Meter hohe Hallenbau eine Fläche von 11.000 m2 ein. In ihm stehen zahlreiche große Maschinen mit viel Technik, was unter anderem die Gebäudeabmessungen und damit auch die großen Spannweiten bestimmt hat. Zwei Querbauten fassen die Halle im Osten und im Westen ein. Darin sind Serviceeinrichtungen, Werkstätten, die Haustechnik sowie Umkleiden und Schulungsräume untergebracht. Die Halle ist fünfschiffig angelegt und wird von einem kammartig geformten Dach überspannt. Die Hallenschiffe sind etwa 18,50 m breit. Ihre Dachflächen verspringen in regelmäßigen Abständen nach unten, wo sie einige Meter auf dieser Höhe weitergeführt werden, um dann wieder in die ursprüngliche Höhe überzugehen. Diese regelmäßigen Versprünge gliedern die großflächige Halle und sorgen dafür, dass viel Tageslicht ins Innere gelangt.

„Es ist das erste Mal in der Geschichte,
dass die Holzart Buche in der Konstruktion so verwendet wird.“

Hermann Kaufmann
Architekt

Die Materialwahl „Holz“ für das Tragwerk bzw. „Blech und Metall“ für die Fassade sollen das Tätigkeitsfeld von SWG Produktion und die Einsatzgebiete der Schrauben für den Holz- und Metallbereich widerspiegeln. Entworfen und geplant hat das Gebäudeensemble das Team rund um Hermann Kaufmann aus Schwarzach und seinen Partnern Christoph Dünser, Roland Wehinger und Stefan Hiebeler, die seit Anfang 2018 zusammen unter dem Namen HK Architekten firmieren.

Um eine hohe Flexibilität in der Produktion zu gewährleisten, galt es, die Zahl der Stützen in der Halle auf ein Minimum zu reduzieren. Das führte zu einer Dachkonstruktion aus Fachwerkträgern, für die hochtragfähiges Buchen-Furnierschichtholz, umgangssprachlich „BauBuche“, verwendet wurde. Sie überbrücken zum Teil enorme Spannweiten, wie etwa die 82 m langen und 3,80 m hohen großen Fachwerke in Längsrichtung der Hallenschiffe. Lediglich auf einer BauBuche-Stütze gelagert, überspannen sie ein 40 m und ein 42 m großes Feld. Die BauBuche ermöglichte aufgrund ihrer hohen Festigkeit trotz dieser Überbrückungsweiten sehr schlanke Querschnitte bei den Fachwerkträgern, aber auch bei den Stützen. Die Kombination aus langen eleganten Fachwerken auf nur einer Stütze überzeugte Hermann Kaufmann von Anfang an: „BauBuche für die Konstruktion zu verwenden, war ein großer Gewinn für die Gestaltung. Denn durch die sensationell geringen Abmessungen der Einzelbauteile wirken die Fachwerke als Ganzes extrem schlank – schlanker als es bei Stahl der Fall gewesen wäre.

In eingebautem Zustand, hoch oben im Dach, erscheinen die Fachwerke dem Betrachter dann sogar noch filigraner“, schwärmt er. Insgesamt wurden für den Bau der Produktionshalle 1670 m2 Holz verwendet und damit rund 3600 t CO2 im Gebäude gebunden. Diese Menge entspricht dem CO2-Ausstoß eines Benziners, der 470-mal am Äquator um die Erde fährt (bei einem Verbrauch von acht Litern auf 100 km). Da SWG Produktion in den nächsten Jahren mit einer weiteren Zunahme des Schraubenbedarfs für den Holz- und Ingenieurholzbau rechnet, haben die Architekten die Halle so ausgelegt, dass sie um zusätzliche 11.000 m2 erweitert werden kann. Seit Herbst 2019 läuft nun die Produktion im Neubau, und die Mitarbeiter(innen), die in der hellen Halle arbeiten, freuen sich am schönen Ambiente unter dem weltweit größten Dachtragwerk aus Buchen-Furnierschichtholz.

Eine Baukulturgeschichte von
vai Vorarlberger Architektur Institut
Das vai ist die Plattform für Architektur, Raum und Gestaltung in Vorarlberg. Neben Ausstellungen und Veranstaltungen bietet das vai monatlich Führungen zu privaten, kommunalen und gewerblichen Bauten. Mehr auf www.v-a-i.at

Daten & Fakten

Objekt Fertigungshalle SWG Schraubenwerk
Bauherr SWG Schraubenwerk Gaisbach, Waldenburg (D)
Architektur Hermann Kaufmann + Partner ZT, Schwarzach
Projektleitung DI Christoph Dünser, DI Mathias Schädler
Fertigstellung 2020

Fachplanung
Projektsteuerung: Mahl, Schwäbisch Hall und ABP Projektmanagement, Stuttgart
Elektro: BHM-Ingenieure, Feldkirch­;
Tragwerk: SWG Engineering, Rülzheim;
Bauphysik: Rw, Schwäbisch Hall
Brandschutz: Portz, Fellbach;
Vermessung: Hell, In­gelfingen,
Geologie: BFI Zeiser, Ellwangen

Ausführung
Holzbau: Schlosser Holzbau, Jagdtzell, Hartholz: Pollmeier, Amt Creuzburg
Glasbau: Eitle, Wertingen