WG-Ikonen: Einrichtungsstücke mit Kultstatus
Ob Hängematte, Palettenmöbel oder Lavalampe – Studentenbuden waren Museen des Improvisierens. Manche Möbel schrieben Designgeschichte, andere waren einfach billig und praktisch. Was sie gemeinsam haben: Sie erzählen vom ersten eigenen Zuhause, von durchzechten WG-Nächten und von Möbeln, die mehr Umzüge überstanden haben als ihre Besitzer.
Hängematte – Trend ab ca. 2005
Wer braucht schon ein Sofa, wenn man die Hängematte quer durchs WG-Zimmer oder über den Balkon spannen kann? Ob zwischen zwei Wänden, Bäumen, Bücherregalen oder notdürftig an Heizungsrohren befestigt – die Hängematte war das Sinnbild studentischer Kreativität (oder Faulheit). Ihren Ursprung hat die Hängematte bei den Maya in Mittelamerika. Zum Abhängen: In der Studentenwohnung kam sie aber vor allem deshalb an, weil sie billiger als ein Sofa war und bei Umzügen erstaunlich handlich blieb.
Lavalampe – Retro-Revival ab ca. 2005
Die Lavalampe ist das psychedelische Relikt, das jede Party zur Chill-out-Lounge verwandelte. Sie waberte fröhlich vor sich hin, während man tiefgründige Gespräche über das Leben führte. Erfunden: 1963 von Edward Craven Walker, einem britischen Exzentriker – angeblich inspiriert von einem Eieruhr-Experiment. Die Lavalampe funktioniert mit Paraffinwachs und Wasser und verköpert Physikunterricht zum Zuschauen. Zum Glotzen: Eigentlich war sie nie eine Lampe – niemand konnte im Lavageschimmer lesen, aber jeder konnte stundenlang hineinglotzen.
Palettenmöbel – Trend ab ca. 2010
Plötzlich sahen alle Sofas und Couchtische so aus, als wären sie direkt aus dem Lagerhaus gefallen – weil sie es tatsächlich waren. Palettenmöbel sind das „Do-it-yourself Denkmalschutzobjekt“ der 2010er-Jahre. Europaletten wurden ursprünglich für den Gütertransport entwickelt. Irgendwann fragten sich Studenten: Warum 20 Euro fürs Möbelhaus zahlen, wenn man es kostenlos am Straßenrand findet? So entstanden in Windeseile Tische, Couch und Betten aus den Holzpaletten. Zum Selbermachen: Die Holzpalette gilt als Ikone des Upcyclings!

Sitzsack – Trend durchgehend, Peak ca. 2005–2015
Der Sitzsack – gefüllt mit Styroporkügelchen – ist das Chamäleon des Jugend- oder WG-Zimmers: mal Sessel, mal Gästebett, mal Kletterberg für betrunkene WG-Besucher. Erfunden wurde der Sitzsack namens „Sacco“ 1968 von Gatti, Paolini und Teo-doro in Italien – und ist damit eigentlich schon ein Stück Designgeschichte. Zum Schmunzeln: Ein Sitzsack ist wie Netflix – man versinkt darin und kommt stundenlang nicht mehr raus.
IKEA-Regale – Trend seit den 1970ern, aber unangefochten ab den 2000ern
Ob Billy-Regal oder Kallax: Kein WG-Zimmer ohne IKEA. Ob Bücher, Vinylplatten, Alkoholvorräte oder 27 Ordner für „Uni-Zeug“ – alles fand hier seinen Platz. Erfunden: Billy-Regal 1979 von Gillis Lundgren für IKEA. Kallax (früher Expedit) ab 2014 der Nachfolger, mit passendem Platz für Schallplatten. Zum Staunen: Es heißt, weltweit wird alle fünf Sekunden ein Billy verkauft. Damit ist Billy erfolgreicher als so manche Popband.

Ein typischer Tag im Studentenleben
Der Tag beginnt – natürlich viel zu früh. Das Frühstück findet an einem wackeligen Flohmarkttisch statt, der schon bessere Jahrzehnte gesehen hat. Daneben der obligatorische Stuhl, bei dem aus unerklärlichen Gründen immer ein Bein mehr wackelt, je näher die Prüfungsphase rückt. Die erste Vorlesung folgt – zumindest theoretisch – doch der alte Sitzsack im Zimmer ist überzeugender als jeder Professor. Mittagspause? Ein improvisiertes Palettenmöbel dient gleichzeitig als Couch, Esstisch und Ablage für alles, was keinen Platz hat.
Am Nachmittag wird gelernt, beleuchtet von einer Lampe, die schon drei WG-Generationen überlebt hat und bei jedem Einschalten klingt, als würde sie dagegen protestieren. Abends füllt sich das Zimmer: Freunde sitzen auf Hängematte, Bettkante und dem ikonischen dritten Stuhl, der nur „für Gäste“ ist. Und am Ende des Tages zeigt sich: Die Möbel mögen alt, gebraucht oder schief sein – aber sie machen jede WG zu einem Zuhause.
