Ein durchsichtiges Haus
Die Zeit war für MIA Systems reif für ein Firmengebäude,
das schonnach außen signalisieren sollte,
wofür die jungen Softwareentwickler stehen.
Mit dem architektur.terminal Hackl und Klammer fanden
Alexander und Ulrike Fehr die für sie idealen Baukünstler.
Autorin: Edith Schlocker | Fotos: Bruno Klomfar
Das junge, auf die Entwicklung von Intralogistiklösungen spezialisierte Softwareunternehmen ist erwachsen geworden. Nach zehn Jahren des Sich-Entwickelns sei die Zeit für den Bau eines Firmengebäudes mit repräsentativer Optik reif gewesen, sagt Alexander Fehr, Geschäftsführer von MIA Systems. Noch mehr als ihm war es allerdings seiner Frau Ulrike ein großes Anliegen, dass das neue Gebäude in seiner formalen Schnörkellosigkeit und puren Materialität weithin sichtbar signalisiert, wofür das junge Unternehmen steht. Erleichtert wurde die Entscheidung für einen Neubau dadurch, dass der Vater der potenziellen Bauherrin das Grundstück zur Verfügung stellen konnte. Verbunden mit der unmissverständlichen Empfehlung, mit dem architektur.terminal Hackl und Klammer zu bauen.
Ulrike und Alexander Fehr seien fabelhafte Partner gewesen, sagt Dieter Klammer. Hätten sie doch ganz genau gewusst, was sie wollen und was nicht, weshalb trotz des engen Kostenrahmens ein relativ kompromissloses Planen und Bauen möglich war. Nach ersten Gesprächen im Sommer 2016 wurde ein Jahr später der Spatenstich gesetzt und bereits zehn Monate danach konnte von den bisher gemieteten Räumen in die nun eigenen übersiedelt werden.
Trotz des wegen des hohen Grundwasserstands schwierigen Baugrunds im Hohenemser Gewerbegebiet. Weshalb der eigentliche Bauplatz eine Betonplatte ist, die auf 50 in den Boden implantierten Energiepfählen liegt, über die das Haus auch beheizt wird. Während das Erdgeschoß komplett aus unverhülltem Beton gebaut wurde, ist das rundum 1,5 bis 2,5 Meter auskragende Obergeschoß eine pure Holzkiste. Gebaut aus Fertigteilen vom Zimmerer in der unmittelbaren Nachbarschaft.
Angelegt rund um einen aussteifenden Kern aus Sichtbeton, in dem der Lift, die Garderoben und die WC-Anlagen untergebracht sind. Das hölzerne Obergeschoß ist allerdings zur Gänze eingehüllt in verzinnten Edelstahl, der in Stehfalzbahnen verlegt ist, um auf diese Weise dem Gebäude das Flair des kühl Technoiden zu verpassen. In einer Farbigkeit, die fast identisch mit der des Betons bzw. der Alurahmen der Fenster ist die Richtung Westen und Osten im Obergeschoß raumhoch und weit nach innen versetzt die gesamte Gebäudelänge von 30 Metern einnehmen, um auf diese Weise das Haus zu einem im wahrsten Sinn des Wortes durchsichtigen zu machen, natürlich beschattet durch das auskragende Dach. In die zwei Schmalseiten ist dagegen jeweils nur ein mittig platziertes großes Fenster gesetzt.
„Um gute Mitarbeiter an die Firma zu binden,
muss nicht nur das Gehalt, sondern auch der Arbeitsplatz stimmen.
Und das hat sehr viel mit Architektur zu tun.“
Alexander Fehr
Bauherr
Der Haupteingang liegt auf der nördlichen Schmalseite, sich öffnend zu einem großzügigen Foyer, das von einem mächtigen Empfangsmöbel dominiert wird, über dem sich wiederum ein Luftraum bis zum bekiesten Flachdach öffnet. Im Erdgeschoß gibt es neben Besprechungsräumen auch einen großen, sich raumhoch verglast zu einer Terrasse bzw. einem Garten öffnenden Raum für die Mitarbeiter. Hier steht aber auch ein Tischfußballtisch, im Garten ein Grill. Schließlich sei der Arbeitsmarkt für IT-Mitarbeiter(innen) in Vorarlberg sehr eng, um gute Informatiker(innen) ans Haus zu binden, müsse nicht nur das Gehalt stimmen, sondern auch der Arbeitsplatz, ist Alexander Fehr überzeugt. Der den Ehrgeiz hat, dass MIA Systems einmal jene Firma wird, in der jede Informatikerin und jeder Informatiker unbedingt arbeiten will.
Die derzeit 25 Mitarbeitenden arbeiten in offenen Gruppen in dem durch eine Holzstiege erschlossenen Obergeschoß, das letztlich ein einziger großer Raum ist. Im Moment sind vier kleinere Büros durch variable, frontal komplett verglaste Wände abgetrennt. Auf den Böden liegt auch hier wie im ganzen Haus geölter Eichenparkett, weiße Akustikdecken sorgen für Ruhe. Die Rohre für die Entlüftung sind nicht versteckt, genauso wie die vielen Holzstützen. Und da es Fliesen im Grün des Logos von MIA Systems nicht gegeben hat, sind es für die WCs nun solche in dessen Komplementärfarbe, einem kräftigen Rot, geworden. Und sollte das Firmengebäude einmal zu klein werden, wurden Erweiterungsmöglichkeiten sowohl in die Höhe als auch in der Vertikalen von den Architekten bereits mitgedacht.
Daten & Fakten
Objekt Bürogebäude MIA Systems, Hohenems
Bauherr MIA Systems & Software
Architektur architektur.terminal hackl und klammer, Röthis, www.architekturterminal.at
Statik Mader Flatz Baustatik ZT, Götzis
Fachplanung Geotechnik: BGG Consult Dr. Peter Waibel ZT, Hohenems; Heizung, Lüftung, Sanitär: Marte Diem, Bregenz; Elektro: René Fröhle, Schlins; Beleuchtung: architektur.terminal, Röthis + René Fröhle, Schlins; Bauphysik: WWS Thomas Schwarz, Frastanz; Vermessung: Rapatz ZT, Feldkirch
Planung 2016–2018
Ausführung 6/2017–4/2018
Grundstücksgröße 1519 m²
Nutzfläche 570 m²
Bauweise: Erdgeschoß: Außenwände Sichtbeton, innen gedämmt; Obergeschoß: Holzbauweise; Außenwände: Holzwerkstoffplatten, Holzständerwerk ausgedämmt, Diffusionsoffene Wand- und Dachplatten, Windpapier, hinterlüftete Metallfassade; Flachdach in Holzbau als Warmdach
Ausführung: Tiefengründung: Nägele, Röthis; Energiepfähle: Enercret, Röthis; Baumeister: Dobler, Röthis; Holzbau: Joe Moosbrugger, Hohenems; Heizung, Lüftung, Sanitär-: Hörburger, Altach; Elektro: Decker, Weiler; Alufenster und -portale: Heinrich Manahl, Bludenz; Spengler: Ulrich Heinzle, Koblach; Sonnenschutz: Berthold, Rankweil; Trockenbau: Ausbau Bohn, Feldkirch; Schlosser: Summer, Feldkirch; Glaser: Lechleitner, Koblach; Parkett: Clemens Märk, Hohenems; Möbel: Leu, Wald am Arlberg
Energiekennwert 33 kWh/m² im Jahr