Bregenzerwälderhaus reloaded
Als „Wohnbauernhaus“ bezeichnet Georg Bechter das Haus,
das er in Langen bei Bregenz entworfen hat.
Als innen und außen holzverkleideten Ziegelbau,
der traditionelle Elemente des Bregenzerwälderhauses
extravagant neu interpretiert.
Autorin: Edith Schlocker | Fotos: Adolf Bereuter
Der Traum der Bauherren Bettina Lässer und Martin Moosbrugger wäre es gewesen, ein schönes altes Bauernhaus zu kaufen und für ihre Wohnbedürfnisse zu adaptieren. Als sich ein passendes Objekt allerdings nicht finden ließ, wollten sie sich von Georg Bechter ein neues altes bauen lassen. Was für den baukünstlerisch ambitionierten Langenegger Architekten naturgemäß keine Option war, um stattdessen einen Entwurf zu machen, von dem er überzeugt war, dass „es so richtig ist“.
Der Prozess von diesem ersten Entwurf bis zum Haus, das nun in Langen bei Bregenz auf einer sanft abfallenden Wiese steht, war von großem Vertrauen von Seiten der Bauherren in die Qualitäten „ihres“ Architekten getragen. In seine konsequent durchdeklinierte Idee, die Typologie des traditionellen Bauernhauses neu zu interpretieren. Inhaltlich, formal genauso wie in der Verwendung zeitgemäßer Technologien. Indem etwa im Gegensatz zu den alten Häusern die Fenster in dem von Bettina Lässer und Martin Moosbrugger teilweise riesig und nicht in Bändern, sondern sehr frei in die Fassaden gesetzt sind.
Was die beiden in ihrem neuen Haus unbedingt haben wollten, war so etwas wie eine Tenne bzw. ein Schopf. Wobei die Tenne ein rund 110 Quadratmeter großer, 2,90 Meter hoher Raum geworden ist, der genauso Innen- wie Außenraum, Garage wie Werkstatt, Spiel- und Abstellplatz und Ort zum Feiern ist. Versehen in der ganzen Höhe und Breite mit einem verglasten Kipptor. Wie bei einem traditionellen Wälderhaus liegt der Haupteingang am schönsten Platz Richtung Süden. In den Baukörper hineingezogen geistert hier mit viel Fantasie die Idee des Schopfs nach, wo in früheren Zeiten nach getaner Arbeit ausgeruht, sich unterhalten wurde, um den Tag friedlich ausklingen zu lassen.
Dass das Haus Lässer/Moosbrugger nicht wie ein traditionelles Wälderhaus aus Holz gebaut, sondern gemauert wurde, hat auch damit zu tun, dass der Bauherr von Beruf Baumeister ist. Denn obwohl die äußere Haut des ein Satteldach tragenden Hauses zur Gänze aus runden Weißtannenschindeln besteht und auch die Innenwände genauso wie die Böden massiv aus Weißtanne gebaut zu sein scheinen, sind sie in Wirklichkeit „nur“ Verkleidungen der aus 42 Zentimeter dicken Ziegeln gebauten Wände bzw. der betonierten Böden.
Eine fünf Meter hohe, über die zwei Geschoße und bis unter das Dach offene Wand aus Sichtbeton dominiert das Hausinnere. Zelebriert als originelle Hommage an die hölzernen Kassettendecken der traditionellen Bregenzerwälderhäuser. Georg Bechters Faible für Details kommt hier zum Tragen, besonders in den sehr bewusst gesetzten Dellen im Beton, in die der Architekt – seines Zeichens auch Leuchtendesigner – LEDs implantiert hat.
„Die Herausforderung war, die Typologie
des traditionellen Wälderhauses so zu interpretieren,
dass sie für heute stimmt.“
Georg Bechter
Architekt
Über den „Schopf“ betritt man das Haus, dessen Struktur sehr offen und in mehreren leicht versetzten Ebenen angelegt ist. Der Garderobe folgt jener Teil des großzügig angelegten Wohnbereichs, in dem an einem altrosa emaillierten Küchenblock gekocht wird. Gleich nebenan steht vor einem raumhohen, viergeteilten quadratischen (Schau-)Fenster der große Esstisch samt gepolsterter Eck- bzw. Ofenbank. Hinter dem Kachelofen ist ein paar Stufen höher der ideale Ort, um sich gemütlich auszustrecken bzw. durch ein großes Fenster samt breiter hölzerner Laibung, die durchaus zum Besitzen oder Beliegen taugt, das Panorama zu genießen.
Komplett getrennt ist im Haus Lässer/Moosbrugger der „öffentliche“ vom „privaten“ Teil. Als Barriere dient eine mit auberginefarbenem Samt überzogene Drehtüre. In diesen über der „Tenne“ eingerichteten Teil des Hauses hat Georg Bechter mit Filz in vier verschiedenen Farben überzogene Raumkörper gestellt. Sie sind Schlaf- bzw. Spielmöbel für die Kinder genauso wie Bad, WC, Kastenraum oder Zimmer. Bei Bedarf voneinander abtrennbar durch Schiebewände. Für die gemeinsame Entwicklung dieses extravaganten Raumkonzeptes hätte er mit Bettina Lässer und Martin Moosbrugger schon einige Zeit investiert, gibt der Architekt zu. Der zweijährige Pio ist jedenfalls von seinem Indoor-Abenteuerspielplatz restlos begeistert.
Daten & Fakten
Objekt Wohnbauernhaus, Langen bei Bregenz
Architektur Georg Bechter Architektur + Design, www.bechter.eu
Statik Mader & Flatz Ziviltechniker, Bregenz
Fachplanung Bauphysik: Bernhard Weithas, Lauterach
Fertigstellung 12/2017
Grundstücksgröße 800 m²
Nutzfläche 236 m²
Keller 107 m²
Bauweise Außenwand aus Blockziegeln mit Mörtelfugen, mit hinterlüfteter Schindelfassade aus Weißtanne; Hackschnitzelheizung und Kachelofen
Besonderheiten Bauernhaus neu interpretiert, offene Wohnlandschaft im Obergeschoß
Ausführung Baumeister: Hinteregger, Bregenz; Holzböden und Wandverkleidung: Helmut Fink, Au; Fenster: Joachim Flatz, Egg; Möbel: Bereuter, Lingenau; Schlosser: Eberle, Hittisau; Polsterer, Filzbespannung: Ebner, Doren; Kachelofen: Herbert Bolter, Müselbach