Der Kindergarten St. Antonius war 1954 das erste Gebäude der Pfarrgemeinde,
die Kirche St. Ulrich kam erst später. Er hatte seinen Dienst getan.
Die Architekten Feuerstein Hammer Pfeiffer planten den Ersatzneubau, eingeschoßig, schön,

sonnig und schlicht. Gruppen, Foyer und Speisesaal sind gegeneinander versetzt.
Das schafft innen zweiseitig belichtete Räume und außen im Garten
sowie an der Straße differenzierte Freiflächen.
Eine reine Freude für die Kinder und ihre Pädagoginnen.

Text: Isabella Marboe | Fotos: David Schreyer

Weite Wiesen und Felder umgeben Wangen im Allgäu. Niedrige Einfamilienhäuser an einem dichten Straßennetz bilden um den alten Dorfkern einen Teppich, von der Hauptverkehrsader der Ravensburger Schnellstraße zweigt die Johannes-Jung-Straße in den Ortsteil Praßberg ab. Deren alter, zweigruppiger katholischer Kindergarten St. Antonius war schon 1954, vier Jahre vor der Grundsteinlegung der Kirche St. Ulrich, geweiht worden.

Den Wettbewerb für den dreigruppigen Ersatzneubau mit Erweiterungsoption gewannen Feuerstein Hammer Pfeiffer Architekten. „Wir wollten den neuen Kindergarten städtebaulich gut in das Pfarrensemble einfügen“, sagt Projektleiter Florian Metz. „Deren Baukörper sind alle gestaffelt, auf diesem Schema haben wir auch den Kindergarten entwickelt.“ Er liegt genau in der Kurve der Johannes-Jung-Straße am Eck. Etwa 50 Meter gleitet er im Nordwesten die Straße entlang, alle Räume liegen quer zum langen Spielflur, zwischen den Gruppen sind die überhöhten Raumsequenzen mit Foyer und Speisesaal leicht versetzt auf den Rasenstreifen beim Gehsteig im Nordwesten geschoben. Das schafft außen verschiedene Freiflächen mit sehr spezifischen Qualitäten und innen sehr besondere Räume. Der Eingang liegt in der Kurve am Eck, gegenüber ein Spielplatz, entlang der Straße folgt das Gartentor; der schlichte Sichtbetonquader mit Garage und Lager vermittelt zwischen dem Kindergarten und den anschließenden, gestaffelten Bauten der Pfarrei. Dahinter ragt der Campanile von St. Ulrich 35 Meter himmelwärts. Hinter der Kirche verläuft von Nordosten nach Südwesten ein wunderschöner Garten mit zwei hohen, alten Bäumen durch das ganze Grundstück.

Der Kindergarten ist – wie der Bestand es war – eingeschoßig und solide aus Ziegeln gemauert, grauer Besenstrichputz gibt ihm eine interessante Struktur. Die Eingangsfassade aus vertikalen Holzlatten wirkt sehr verschlossen, doch der Schein trügt: ihre Zwischenräume sind so breit, dass Tageslicht ebenso leicht in die dahinterliegenden Räume für die Kindergartenpädagoginnen dringt wie deren Blick hinaus. „Dieser Holzschirm gibt uns viel Ruhe zum Arbeiten“, sagt Simone Baumann-Boche, die Leiterin. „Wir waren von Anfang an mit im Boot, das Miteinander zieht sich als roter Faden durch den ganzen Planungsprozess.“

„Unser Schwerpunkt lag auf den Kindern.
Durch die gestaffelten Baukörper lassen sich Räume von zwei
Seiten natürlich belichten und
verschiedene Ausblicke schaffen.
Das schafft eine sehr schöne Atmosphäre.“

Florian Metz
Projektleitung

Die Gruppe für unter Dreijährige hat etwa fünfzehn Kinder, je bis zu 25 sind in den zwei Gruppen mit den Großen, 34 stehen auf der Warteliste. „Unser Schwerpunkt lag auf den Kindern“, sagt Florian Metz. „Durch die Staffelung der Baukörper lassen sich fast alle Räume von zwei Seiten natürlich belichten und zu unterschiedlichen Ausblicken öffnen. Das schafft eine sehr schöne Atmosphäre.“ Es wurden fast nur natürliche Materialien verwendet. Innen sind alle Wandoberflächen und die Akustikdecken aus unbehandelter Weißtanne, der Detailierungsgrad ist sehr hoch und aufmerksam, auch Garderoben und Einbaumöbel planten die Architekten.

„Die Räume sind recht schlicht gehalten. Sie sollen den Kindern Raum zur Entfaltung lassen.“ Vom Foyer blickt man bis zum Schlafpodest beim Fenster am Ende des Kindergartens, der Bewegungsraum zur Linken ist zum Garten orientiert und per Schiebewand abzutrennen. „Das war uns sehr wichtig, so kann kein Kind unbeaufsichtigt auf die Sprossenwand klettern“, sagt die Leiterin. Der Besprechungsraum zur Rechten stand nicht im Raumprogramm, die Pädagoginnen brauchen ihn oft. Als äußerster Teil des Foyers ragt er im Nordwesten aus dem Hauptbaukörper vor. Das schafft einen geschützten Ort für Gespräche.

Die Gruppen bestehen aus Garderobe, einem kleineren Raum von etwa 4 x 8 Metern, sowie dessen größerem Bruder, 8 x 6 Meter. Sie haben eine lichte Raumhöhe von 2,75 Meter und öffnen sich mit raumhohen Glasfronten zum Garten, der bis zum frühen Abend in der Sonne liegt. Das vorgezogene Dach und die Seitenwände schaffen eine Nische im Freien, wo sich auch die kleinen wohlfühlen. „Das ist so schön, dass wir schon draußen gefrühstückt haben“, schwärmt Kindergartenpädagogin Lucia Ebert. Der Speisesaal kragt nach außen aus und hat von zwei Seiten Licht. In den Korpus der Kücheninsel sind Geschirrregale integriert, es gibt Podeste zum Ausschieben. So können auch die Kleinen mitkochen.

Eine Baukulturgeschichte von
vai Vorarlberger Architektur Institut
Das vai ist die Plattform für Architektur, Raum und Gestaltung in Vorarlberg. Neben Ausstellungen und Veranstaltungen bietet das vai monatlich öffentliche Führungen zu privaten, kommunalen und gewerblichen Bauten. Mehr unter Architektur vor Ort auf www.v-a-i.at

Daten und Fakten

Objekt Kindergarten St. Antonius
Bauherr Katholische Gesamtkirchengemeinde Wangen im Allgäu
Architektur Feuerstein Hammer Pfeiffer Architekten, Lindau, www.fhp-architekten.de
Statik WBM-Ingenieure, Wangen, www.bauingenieur-wangen.de
Fachplanung Landschaftsarchitektur: Martin Kappler, Wangen; Haustechnik: Sigmund, Aulendorf; Auerhammer Weiland, Friedrichshafen; Bauphysik: Horstmann + Berger, Altensteig; Brandschutzplanung: Büro Anwander, Sulzberg
Planung 2018–2020
Ausführung 2020–2021
Grundstück 4018 m²
Nutzfläche ca. 900 m²
Bauweise Massivbau mit Putz-/Holzfassaden
Ausführung Baumeister: Xaver Deiss, Eglofs; Dach: Kai Stoll, Weißensberg; Fenster: Böhler, Wolfurt; Lüftung/Heizung/Sanitär: Gutekunst, Bodnegg-Rotheidlen; Elektro: Kessler, Bad Waldsee; Türen: Pfefferle, Bad Saulgau; Beschriftungen: Visuform, Dornbirn; Zimmerer: Zimmererduett, Wangen; Trockenbau: Bochtler, Ingoldingen; Fliesen: Musch, Eglofs; Maler: Werner, Wangen; Schreiner: Riedle, Leutkirch; Parkett: Engel, Friedrichshafen; Landschaft: di Sanza, Wangen
Energiekennwert 88 kWh/m² im Jahr (HWB)
Baukosten 1,6 Mio. Euro