Aus der Geschäftigkeit der Stadt heraus wollten
Architekt Christian Mörschel und seine Frau.
Längere Wege wollten sie dafür in Kauf nehmen,
dafür dörfliche Struktur und Natur genießen können.
Sieben Jahre haben sie nach einem passenden Grundstück gesucht.
Als sie das auf der Fluh bei Dornbirn gesehen haben,
haben sie sich sofort wohlgefühlt, den gewidmeten Grund
gekauft und mit einem schnörkellos klaren Haus bebaut.

Autorin: Edith Schlocker | Fotos: Norman Radon

Sieben Jahre lang haben die Mörschels nach einem für sie passenden Haus bzw. Grundstück gesucht. Als sie den 150 Höhenmeter oberhalb von Dornbirn auf der Fluh gelegenen, über eine schmale und steile Straße erreichbaren kleinen Bauplatz mit dem Parzellennamen „Hohlen“ gefunden haben, hätten sie sofort gewusst, „das ist es, das hat auf uns gewartet“, so Mörschel. Der einzige direkte Nachbar wohnt etwas unterhalb in einem schönen Rheintalhaus, die anderen bleiben unsichtbar hinter bewaldeten Bergkappen, weshalb die Mör­schels das für sie wunderbare Gefühl haben, hier oben praktisch allein mitten in die Natur gebaut zu haben. Und doch gehört ihr Haus zur Bergparzelle; die Volksschule Heiligenreuthe kann zu Fuß erreicht werden. In den Hangzonen über Dornbirn wechseln sich Felder, Wälder und dörfliche Bebauung rhythmisch ab. Um diese einzigartige landschaftliche Qualität zu halten sind die bestehenden Siedlungsgrenzen oberstes Gebot der Stadtplanung. Bei rechtsgültiger Widmung jedoch sind die Mittel der Behörde erschöpft. Nach innen dürfen sich die bestehenden Dörfer am Hang entwickeln.

Hangseitig liegt das obere Geschoß des Haus Hohlen auf dem relativ steil abfallenden Hang auf. An zwei Seiten auskragend über den in den Hang geschobenen Sockel.
Die außen mit weißem Blech überzogene Zwischendecke bzw. das Flachdach verpassen dem Baukörper eine markante horizontale Struktur, konterkariert durch die zwischen beide vertikal eingespannten hölzernen Lamellen.
Eine großzügig dimensionierte, südwestlich ausgerichtete überdachte Terrasse lässt die Grenzen zwischen innen und außen verfließen. Die Lamellen geben mental Schutz, ohne die Blicke zu verstellen.

Sein eigener Bauherr zu sein, sei gar nicht so leicht, wie man sich das vielleicht vorstellt, sagt Christian Mörschel, Inhaber des Dornbirner Büros Juniwind Architektur. Wobei der eigentliche Bauherr ja seine Frau gewe­sen sei, relativiert der dreifache Familienvater, sie seien sich aber sehr bald einig gewesen, angefan­gen vom architektonischen Ent­wurf bis zur Wahl der Materialien. Die Architektur des Hauses ergänzt das Dorf an dessen Rand bewusst zeitgenössisch. Die Formen sind klar, die Materialien pur, die Strukturen durch viel Glas durchlässig. Auf eine rela­tiv steil abfallende Wiese gestellt bzw. gesteckt, mit Ausmaßen, wie sie laut Widmung maximal haben ausfallen dürfen. Immerhin stattliche 240 Quadratmeter Wohnnutzfläche sind es geworden, die, schaut man nicht ganz genau hin, in eine Struktur aus Sichtbeton eingeschrieben zu sein scheinen. In Wirklichkeit war zwar Beton das Material der Wahl, der über der Außendämmung aber im Sockelbereich einen dunkel lasierten Strukturputz verpasst bekommen hat, während der Putz oben fein abgerieben und weiß gestrichen wurde. Im Gegensatz zum unteren Geschoß, das relativ geschlossen daherkommt, ist das obere weitgehend gläsern aufgelöst und kragt über das Darunter auf zwei Seiten weit aus. Formale Strukturen verpassen dem Haus einerseits die markanten horizontalen, an den Stirnseiten umlaufend mit weißen Blechstreifen verkleideten Linien des begrünten Flachdachs bzw. der Zwischendecke, die durch die vertikal, starr in unregelmäßigen Abständen gesetzten hölzernen Lamellen in der oberen Ebene reizvoll konterkariert werden.

Der riesige, 2,80 Meter hohe Wohnbereich ist angenehm zoniert. Am Boden liegen, wie überall im Haus, große graue Fliesen, die Decke ist mit unbehandelter, in unterschiedlicher Breite geschlitzter Eiche verkleidet.
Die Küchenmöbel sind klar und weiß, am frei im Raum stehenden Küchenblock liegt eine Arbeitsplatte aus Edelstahl. Unsichtbar hinter den Möbeln versteckt sich eine geräumige Speisekammer.
„Auch die bereits gewidmeten Grundstücke
in den erschlossenen Bergparzellen und Hangzonen
sind meiner Ansicht nach Baulücken.
Sie können und sollen geschlossen werden.“

Chirstian Mörschel
Architekt und Bauherr

Das mittig erschlossene Haus öffnet sich zu einer Garderobe. Eine in Eiche gerahmte gläserne Türe fungiert als Barriere zum eigentlichen Wohnbereich, der über eine zweiläufige Stiege erschlossen wird.
Der Fußboden des Haus Hohlen wird zwar durch eine Wärmepumpe beheizt, ein in eine Bücherwand eingelassener offener Kamin kann zusätzlich für heimelige Atmosphäre sorgen.

Das durch seine ausgesetzte Lage mit seinen unverstellten Blicken auf die Schweizer Berge und ein kleines Stückchen vom Bodensee genauso wie auf die Kühe auf der Wiese nebenan kommt das Haus in gewisser Weise fast wie ein Hochsitz daher. Links vom mittig gesetzten Hauseingang bzw. der Garderobe befindet sich die Garage, rechts davon liegen talseitig drei identisch große, raumhoch verglaste Zimmer für die Kinder der Mörschels mit direktem Zugang zu einer vorgelagerten Terrasse. Stauräume verschwinden fast unsichtbar hinter bündig in die weißen Wände gesetzten, ebenfalls weißen Türen. Rückseitig in den Hang hineingegraben befinden sich neben Technik- und Abstellräumen ein Bad und ein WC. Eine zweiläufige, durch ein riesiges Fenster belichtete Treppe mit einem Geländer aus Schwarzstahl erschließt das obere Geschoß, in dem gewohnt, gekocht und gearbeitet wird, aber auch die Eltern neben einem großen Bad schlafen. Der raffiniert zonierte, fast komplett raumhoch verglaste Wohnbereich ist ohnehin schon groß. Er wird riesig, wenn die Schiebetüren südwestlich zur angenehm über­deckten, unterschiedlich breiten Terrasse geöffnet sind. Vor zu viel Sonne geschützt durch eine semit­ransparente Folie, die sich wie ein Sonnenschirm aufspannen lässt.

Selbst das Bad hat einen Ausgang auf die Terrasse. Die am Boden liegenden sechseckigen Fliesen sind hier monochrom mustrig, die für die an den Wänden in Streifen geschnitten wurden.
Die Vorliebe der Bauherren für wenige pure Materialien und klare Formen zeigt sich auch im Elternschlafzimmer. Auch hier liegen am Boden Fliesen, die Wände sind weiß, die Decke ist mit Eiche verkleidet.

Wie wichtig Christian Mörschel die Reduktion auf nur wenige stimmige Materialien bzw. Farben ist, ist in jedem Detail spürbar. Bei den großen hellen Fliesen, die im ganzen, per Wärmepumpe beheizten, kontrolliert be- und entlüfteten Haus am Boden liegen, bei der Gestaltung des Bades genauso wie der Küche. Die Holz-Alu-Fenster sind außen schwarzbraun, die Decke im Obergeschoß ist mit unterschiedlich breit geschlitztem Eichenholz verkleidet.

Daten & Fakten

Objekt Haus Hohlen, Dornbirn

Bauherren Familie Mörschel

Architektur Juniwind Architektur, Dornbirn, www.juniwind.com

Statik Mader Flatz, Bregenz

Fachplanung Bauphysik: Bernhard Weithas, Lauterach; Geotechnik: 3P ZT, Bregenz; Vermessung: AVD ZT, Dornbirn

Planung 11/2015–2/2017

Ausführung 2/2017–5/2018

Grundstücksgröße 1374 m²

Wohnnutzfläche 240 m² (zzgl. Nebennutzfläche)

Terrasse/Balkon 100 m²

Bauweise Massiver Stahlbetonbau mit punktuellen Stahlstützen; Fassaden: im Erdgeschoß Wärmedämmverbundsystem mit Strukturputz, im Obergeschoß Aluminiumverkleidung mit vorvergrauten Holzlamellen; extensiv begrüntes Flachdach; innen Decken- und Wandoberflächen glatt verputzt und gemalt und akustisch wirksame Holzdecke aus Eiche; Böden: Eichenparkett und Fliesen; Heizung: Wärmepumpe mit Fußbodenheizung; Komfortlüftungsanlage mit Gegenstrom-Wärmetauscher; zusätzlich offener Kamin

Besonderheiten Raumhöhen: 2,80–2,97 m

Ausführung Baumeister: Moosbrugger Muxel, Schoppernau; Spengler: Tectum, Hohenems; Fenster, Türen: Josef Feuerstein, Nüziders; Wärmedämmverbundsystem, Verputz: Dietmar Rölli, Kisslegg (D); Fassade: Salzgeber, Dornbirn; Heizung, Sanitär, Lüftung: IGB, Lauterach; Elektro: i-TEC, Lauterach; Trockenbau, Holzdecke: Kaufmann, Kisslegg (D); Holzbeläge: Stiehle, Grünkraut (D); Fliesen: S-Tile, Dornbirn; Maler: Klohs, Frastanz; Schlosser: Peter Figer, Bezau; Küche: Edwin Moosmann, Wangen (Allgäu); Einbaumöbel: Gottfried Mennel, Schnepfau

Energiekennwert 32,6 kWh/m² im Jahr