Die Museumslandschaft des Bregenzerwalds ist vielfältig und innovativ, und eines der ältesten Elemente dieser Landschaft ist das bisherige Heimatmuseum Bezau, nun nur mehr Museum Bezau. Die Museumsgründerin Anna Katharina Feuerstein schenkte das Haus 1920 dem Heimatschutzverein Hinterbregenzerwald. Nun, nach mehr als hundert Jahren Betrieb, wurde es behutsam und eindrucksvoll saniert und erweitert: Die Verbindung von Architektur und Handwerk wird hier erlebbar gemacht.

Text: Robert Temel | Fotos: Dominic Kummer

Das denkmalgeschützte Bauernhaus stammt im Kern aus dem 16. Jahrhundert, wie man im Zuge der Erweiterung herausfand, im Lauf der Jahrhunderte wurde es immer wieder vergrößert. Bei der Einrichtung als Heimatmuseum vor hundert Jahren riss man den Stall hinter dem Haus ab. Diese ursprünglich bebaute Fläche bot nun die Chance, das Museum um zusätzlich notwendige Räume und eine zeitgemäße, barrierefreie Erschließung zu erweitern.

Das Museums-Bauernhaus liegt in der Parzelle Ellenbogen, etwa 500 Meter vom Ortszentrum Bezau entfernt. Es ist ein typisches, wenn auch sehr altes, gestricktes Holzhaus mit Schindelfassade und mit einem Schopf als Klimapuffer, dunkler Küche im Kern, Stube mit gewaltigem Lehmofen und Schlafzimmer im Erdgeschoß sowie Wohnräumen im ersten Stock. Die Räume sind, wie üblich, äußerst niedrig, die Erschließung ist verwinkelt, die Fläche ist beschränkt. Sie reichte hundert Jahre lang, um Wohnkultur, Trachten, sakrale Kunst und Kunsthandwerk zu zeigen. Nun wurde aber mehr Platz nötig. Deshalb erhielt das Architekturbüro Innauer-Matt den Auftrag für ein Erweiterungsprojekt, die Bezauerin Theresia Fröwis übernahm die Museumsleitung vom langjährigen Leiter Anton Bär und im April 2024 wurde nach zweijähriger Bauzeit eröffnet.

„Hier begegnen sich Vergangenheit und Gegenwart in einem historischen Gebäude mit zeitgemäßer Erweiterung. So wird die lokale Baukultur erlebbar.“

Sandra Violand,
Projektleiterin, Innauer-Matt Architekten

Innauer-Matt ergänzten den Bestandsbau Richtung Norden, zum Ortszentrum hin, durch eine hölzerne Erweiterung, die die bestehende Silhouette um etwa vier Meter verlängert. Der neue Trakt enthält im Erdgeschoß das Eingangsfoyer mit Ticketverkauf und Shop über die ganze Gebäudetiefe mit Licht von beiden Seiten. Das Foyer soll für Veranstaltungen genützt werden. Ebenfalls hier befinden sich der neue Lift und die neue Stiege. Folgt man dieser Stiege, erreicht man im ersten Stock einen ausschließlich von oben an den beiden Traufseiten belichteten neuen Ausstellungsraum für das Frauenhandwerk des Bregenzerwalds, von dem aus wiederum die oberen Räume des Bestandbaus zugänglich sind.

Und noch eine Ebene höher, im neuen Dachausbau, der über Alt und Neu liegt, werden die Bezauer Barockbaumeister thematisiert. Diese beiden großzügigen und hohen, den vollen Dachraum ausnützenden Räume erlauben durch ihre Form und Ausrichtung einen Bezug zum Thema Barock, den man in einem engen, hölzernen Bauernhaus nicht vermuten würde. Der kleinere Raum ist durch ein einziges hohes, schmales Fenster auf den Kirchturm von Bezau ausgerichtet. Der größere Raum liegt hinter dem verputzten Kaminschacht des historischen Ofens, der mit barocker Ornamentik belegt ist. Danach öffnet sich ein feiner, heller Holzkasten mit drei historischen Fenstern an der Giebelwand. In der Mitte steht hier ein riesiges Modell eines Barockbaus, das die enormen Strukturen unter der oberflächlichen Ornamentik deutlich macht. Die sanierten Räume des Bestands nehmen die bisherigen Ausstellungsobjekte, Flächen für Wechselausstellungen sowie einen Bereich über die Gründerin Feuerstein auf.

Alle neuen Innenräume besitzen an Wänden und Decken Oberflächen aus gekalkter, sägerauer Fichte, auch die Böden sind aus Fichte. Alle Möbel, Türen und Stiegen sind in Esche natur ausgeführt. Die hölzernen Räume des Bestandbaus mit den gestrickten Wänden, kleinteiligen Fenstern und vielfältig strukturierten Oberflächen und, nicht zuletzt, äußerst niedrigen Raumhöhen wirken im Vergleich dazu natürlich völlig anders. Doch das Ausstellungskonzept von Rath & Winkler (Innsbruck) und die fein gestalteten Möbel von Robert Rüf (Wien) bieten vielfältige Bezüge, die über das Material Holz hinausgehen – so gibt es in den neuen Räumen an vielen Stellen „Ofenstangen“, die einst zum Aufhängen und Trocknen von Textilien dienten und nun zur Präsentation der Ausstellung, wobei ebenfalls vielfach auf Textil zurückgegriffen wird. Ebenso erhielten die Räume rundumlaufende „Stubenbänke“ als Podeste statt einer Vielzahl einzelner Möbel, ganz so, wie das im Bregenzerwälder Bauernhaus auch der Fall war. Ergänzt werden die wenigen Möbel durch den Einsatz von Multimedia und Musik, um Barock zu evozieren. Die Dritten im Bunde des Ausstellungsdesigns sind Super Büro für Gestaltung (Egg), die für die Typografie sorgten – vom Bedrucken der Holzwände bis zum Besticken von gehängten Textilien.

Daten & Fakten

Objekt: Museum Bezau, Bezau

Bauherr: Museumsverein Bezau

Architektur: Innauer Matt Architekten ZT GmbH, Bezau; Projektleitung: Sandra Violand, www.innauer-matt.com

Statik: merz kley partner GmbH, Dornbirn, www.mkp-ing.com

Fachplanung: Bauleitung Flatz & Jäger, Bezau; Bauphysik: DI Günter Meusburger GmbH, Schwarzenberg; Ausstellungsgestaltung; Robert Rüf Design, Wien; Kuratorisches Team: Rath & Winkler, Innsbruck; Grafische Gestaltung: Super Büro für Gestaltung, Egg

Planung: 2018-09/2022

Ausführung: 09/2022 – 04/2024

Grundstück: 561 m²

Nutzfläche: 206 m² + UG 67 m² (Neubau)

Ausführung: Abbruch- und Erdarbeiten, Baumeister: Moosbrugger Bau GmbH, Andelsbuch; Holzbau: Kaspar Greber Holz- und Wohnbau GmbH, Bezau; Trocken-Innenausbau/Fassade: Zimmerei Beer, Bezau; Holzfenster: Schwarzmann Fenster GmbH & Co. KG, Schoppernau; Tischler: Pius Kaufmann, Bezau | Casimo GmbH, Lingenau | Traumtischler, Bezau; Elektro: Andreas Meusburger Elektrotechnik, Bezau; Medientechnik: Martin Beck, Rankweil; Ausstellungsbeleuchtung: Zumtobel GmbH, Dornbirn; Sonnenschutz: GP Sonnenschutz, Dornbirn

Energiekennwert: 43.1 kWh/m² im Jahr (HWB)