Im ehemaligen Textilquartier „In der Wirke“ fügt sich mit der Galerie
Maximilian Hutz ein klares, weißes Volumen nicht nur dem angrenzenden
Gebäudekomplex, sondern in der Größe auch der Einfamilienhausnachbarschaft.
Zusammen formen die Bauten eine Einheit, die den Außenraum
sorgfältig begrenzt. Hier wird Kunst nicht nur ausgestellt, sondern über die
Gebäudegrenzen hinaus erfahrbar gemacht. Beruhend auf Entwürfen von
Dietmar Eberle wurde das Gebäude in einer Gemeinschaft mit dem
Architekturbüro Früh errichtet.

Autor: Fabian Tobias Reiner | Fotos: Petra Rainer

Der Bauplatz war ursprünglich Teil eines Masterplans, in dem ein Bauwerk mit Laden- und Büronutzung vorgesehen war. Jedoch wurde ein Teil des Grundstücks freigekauft, auf welchem sich mit dem „Haus der Kunst“ ein Projekt entwickelte, das von dieser Idee grundlegend abweicht. Dem Bauherren war wichtig, dass die architektonische Leistung von Qualität und Beständigkeit ist. Sein Ziel war es, einen Mehrwert für den unmittelbaren Ort zu schaffen. Dass hier Kunst gelebt wird, wird schon in den Außenanlagen klar. Diese sind mit einem prominent platzierten Betonporsche und zwei skulpturalen Steinsäulen vom Vorarlberger Künstler Gottfried Bechtold ausgestattet. Auch findet der Besucher eine über dem vorderseitigen Eingangstor schwebende „Meteoritenfalle“ von der Künstlerin Barbara Anna Husar vor. Die westliche, nackte Gebäudefassade, die den öffentlichen Platz begrenzt, ist nicht nur charakteristisch für den Gebäudeausdruck, sondern kommuniziert in ihrer Dimension mit dem gegenüberliegenden Veranstaltungssaal „Spannrahmen“. Sie kann als Projektionsfläche für Außenraumaktivitäten verwendet werden. Hat man das Innere des gänzlich in Kalkputz gehaltenen Gebäudes erst einmal betreten, wirkt seine ganze Größe. Es war die ehrgeizige Aufgabe der Architektengemeinschaft, einen Bau zu realisieren, der vor allem durch Klarheit überzeugt. Jedoch ist ein Bau, der von unnötigem Ballast bereinigt ist, nie nur das Ergebnis einer immer weiterführenden Reduktion, sondern das Resultat vieler Entscheidungen, die umso präziser gefällt werden müssen. Es kommt zu einer Komplexität, die belegt, dass dieser Bau weitaus mehr ist als nur ein abstrahierter Raum für Kunst.

Gebaut wurde das wohlreduzierte Gebäude mit höchstem Qualitätsanspruch. Die große Halle wird überspannt von vorgefertigten Deckenelementen, alle Nebenräume wurden in einer sich in den Raum einschiebenden raumhaltigen Wand untergebracht. Die einseitige Gebäudeerhöhung mit integriertem Oberlicht ermöglicht ein sanft einfallendes Licht. Vier Meter hohe, einladende Glastüren werden im Sommer zur Querbelüftung genutzt und erlauben die Einfahrt von Großtransportern. Vorhänge dienen nicht nur dem Lichtschutz, sondern auch der Schalldämmung. Die zweischalige, gänzlich ohne Technik auskommende Mauerwand ist nicht nur konstruktives Gerüst: Sie erlaubt durch die ausgleichende Wirkung ihrer großen Speichermasse, das Gebäude gänzlich unbeheizt zu belassen. Auch die Regenrinne, die nur selten raumbildend ist, planten die Architekten so, dass sie den Bau innen sowie außen charakterisiert. Die Entwässerung findet nicht wie üblich seitlich über die Fassade statt, sondern läuft über eine Rinne, die sich zwischen Oberlichtaufbau und Flachdach befindet. Das Gebäudevolumen wird dabei südlich durch eine dezent ausgebildete Kerbe aufgeteilt, nördlich gar durch einen Wasserspeier markiert, und im Inneren durch einen übergroßen Träger definiert, der einen Auftakt zum Lichtschacht hin bildet. Dies alles sind dezente Eingriffe mit markanten Auswirkungen. Sie alle lassen den Bau erst reich an Momenten werden.

„Die Menschen, ganz gleich ob Kunstliebhaber, Nachbarn, Familie oder Freunde,
treffen sich gerne hier. Es ist ein Ort der Gemeinschaft.“

Maximilian Hutz
Galerist

Da sich die Galerie außerordentlich gut als ein Ort für die Gesellschaft eignet, gibt es auch etliche Gebrauchsspuren, die das Leben des Baus nachvollziehbar machen – seien es Schuhabdrücke im damals noch frisch gegossenen Estrich, Bohrlöcher von der Anbringung von Kunstinstallationen, oder auch Kalkputzflecken, die sich beim ständigen Überdecken früherer Dübellöcher ergeben haben. All diese Feinheiten machen den Bau auch in seiner zeitlichen Dimension erlebbar und sind ein Grund dafür, weshalb Bauherr, Architekt und Galerist nicht müde werden, Anekdoten zu jedem einzelnen sichtbaren Merkmal zu erzählen, das ein Gebäude von anfänglich hermetischer Reinheit durch die natürlichen Gebrauchsspuren des Alltags besitzt.

Es ist schön zu hören, dass die Architekten, der Bauherr und der Galerist sich gut verstehen, und dass sie eine Freundschaft verbindet, die über den Bau hinausgeht. Auch die Nachbarschaft soll sich bestens mit dem Kunstraum angefreundet haben. Außerhalb von Lockdowns bietet es sich für jedermann an, hin und wieder auf ein gemeinsames Gläschen vorbeizukommen. Und obwohl die Rotweinflecken stets sofort bereinigt werden, ist eines klar: der Bau lebt.

Eine Baukulturgeschichte von
vai Vorarlberger Architektur Institut
Das vai ist die Plattform für Architektur, Raum und Gestaltung in Vorarlberg. Neben Ausstellungen (jetzt wieder geöffnet) und Veranstaltungen bietet das vai monatlich Führungen zu privaten, kommunalen und gewerblichen Bauten. Mehr auf www.v-a-i.at

Daten & Fakten

Objekt Haus der Kunst
Galerie Maximilian Hutz, Hard, www.galeriemaximilianhutz.at
Bauherr privat
Architektur Baumschlager Eberle, Früh Architekturbüro, www.baumschlager-eberle.com; www.frueh.at
Statik Mader + Flatz, Bregenz
Fachplanung Elektro: Brugger, Thüringen; Licht: Herbert Resch, Lustenau; Sanitär: GMI, Dornbirn
Planung 06/2011–09/2014
Ausführung 10/2014–05/2016
Grundstück 667 m²
Nutzfläche 258 m²
Bauweise Zweischaliges Mauerwerk, Kalkputz- fassade, Hohldielendecke, Sichtestrich, Ausführung Baumeister: Mangold, Lochau; Boden: Vigl & Strolz, Schnepfau; Fenster: Glas Marte, Bregenz; Schlosser: Martin Köhlmeier, Hard; Steinmetz: Peter Mennel, Hard; Elektro: Theurer, Wolfurt
Energiekennwert (unbeheizt)