Der große Speisesaal des „Adler“ in Schoppernau ist mehr als 150 Jahre alt,
sein Wellnessbereich erst drei, sein rückwärtiger Trakt rund dreißig.
Dieses immer wieder Um- bzw. Weiterbauen – zuletzt durch Albert Moosbrugger – führt vor,
wie stimmig eine Symbiose aus Alt und Neu sein kann.

Text: Edith Schlocker | Fotos: Adolf Bereuter

Der „Adler“ in Schoppernau soll ein Gasthaus für alle sein. Für die Einheimischen genauso wie für die Gäste von außerhalb. Doch die Konkurrenz schläft nicht. Die Ansprüche der internationalen Klientel werden immer höher, ohne einen Wellnessbereich könne man kaum mehr mithalten, sind sich die vor einigen Jahren in den Familienbetrieb eingestiegene Sandra Muxel, Tochter des kochenden Seniorchefs Willi Muxel und ihr „für die Zahlen zuständiger“ Partner Simon Leiter einig. Da hilft selbst ein noch so schönes altes Haus nichts. Wie das prächtige, 1738 erstmals urkundlich erwähnte, komplett verschindelte Bregenzerwälderhaus, das sich vom Bauernhof, in dem auch Gäste bewirtet wurden, stufenweise zum Hotel gemausert hat, wie es heute dasteht. Mitten im Ort und trotz der engen Nachbarschaften doch so etwas wie eine in sich geschlossene Oase.

Dass der „Adler“ immer wieder um- bzw. weitergebaut worden ist, sieht man ihm schon von außen an. Ist die Anmutung des Trakts, der vor etwa 30 Jahren rückseitig an das Haus angedockt worden ist, doch komplett anders als das etwa gleichzeitig mit viel Gespür sanierte Erdgeschoß des Bestandsgebäudes. Von außen kaum wahrnehmbar sind die Eingriffe bei der jüngsten Sanierung. Die die Muxels in die Hände von Albert Moosbrugger (firm Architekten) gelegt hat. Der als gebürtiger Schoppernauer den „Adler“ sozusagen „schon immer“ kennt. Was nicht unbedingt von Vorteil sein muss, in diesem Fall aber ohne Zweifel ist.

Hat sich Moosbrugger doch mit viel Empathie in die sanfte Transformation des schönen alten Hauses gestürzt, besonders dessen neuer „Unterwelt“. Um den ehemals dunklen Keller in einen in Licht getauchten Ort zum Relaxen zu verwandeln. Wo auf rund 170 Quadratmetern in der Sauna und Infrarotkabinen geschwitzt wird, bevor es in den Ruheraum geht, der in Nischen zoniert ist, die aus Weißtanne gebaut sind, überspannt von Rundbögen, die mit blauem Stoff ausgekleidet sind. Die Türen sind gläsern, die Wände weiß gekalkt, die Böden mit hellen Platten aus Feinsteinzeug belegt. Der hochglanzpolierte Edelstahl der Decken der Duschen verdoppelt diese virtuell, das WC hat durch seine Tapete exotisches Dschungelflair verpasst bekommen. Raumhohe Türen machen den Ruheraum zum kleinen Freibereich durchlässig. Da unter das Straßenniveau eingegraben, ist dieser von außen praktisch uneinsehbar und trotzdem steht dem Blick von diesem aus auf den Hausberg der Schoppernauer, die Kanisfluh, nichts im Weg. Einen Pool gibt es beim „Adler“ weder in- noch outdoor, „nur“ einen Whirlpool im Freibereich.

„Es ist uns sehr wichtig, dass der ‚Adler‘ ein Gasthaus für alle ist,
die Schoppernauer genauso wie unsere Feriengäste aus aller Welt.“

Sandra Muxel
Juniorchefin

Praktisch unverändert erhalten ist die wunderschöne, mehr als 150 Jahre alte große Gaststube des Gasthof Adler. Andere Bereiche im Erdgeschoß wie die Bar und Lounges wurden mit viel Gespür für Materialien und Maßstäblichkeiten den Anforderungen von heute angepasst. Ein sanftes Facelifting hat Albert Moosbrugger den vor rund 15 Jahren im rückseitigen Trakt liegenden 14 Gäste-zimmern verpasst. Die Bäder und Möbel waren noch gut genug, um erhalten zu bleiben, neu sind allerdings die Böden, die Beleuchtung und sämtliche Textilien.

Mit ihren rund 30 Jahren „uralt“ (Simon Leiter) und somit nicht mehr tragbar waren dagegen die im Dachgeschoß des „Adler“ liegenden sieben Zimmer. Ihre ehemals kleinen Fenster wurden zu raumhohen „französischen“ vergrößert, neue kleine in den Giebel geschnitten. Licht in die direkt unter dem Dachstuhl eingerichteten Zimmer bringend, die durch ihre Raumhöhe von teilweise bis zu vier Metern besonders stimmungsvoll daherkommen. In die Dachschrägen schmiegen sich Sofas, die – von Moosbrugger entworfen und in traditioneller Bauweise aus nachhaltigen Materialien von Tischlern aus der Region gebaut – sich in unterschiedlichen Varianten in allen neuen Zimmern finden, von denen keines exakt gleich wie ein anderes ist. Mit dem jeweiligen hell verfliesten Bad intern verbunden durch ein großes Fenster.

Besonders stolz sind die Muxels auf das Österreichische Umweltzeichen, mit dem ihr Haus ausgezeichnet wurde. Dafür, dass sie etwa ihren Whirlpool ressourcenschonend per Umwälzpumpe mit warmem Wasser befüllen, den „Adler“ mit Erdwärme heizen und Ökostrom verwenden.

Eine Baukulturgeschichte von
vai Vorarlberger Architektur Institut
Das vai ist die Plattform für Architektur, Raum und Gestaltung in Vorarlberg. Neben Ausstellungen und Veranstaltungen bietet das vai monatlich öffentliche Führungen zu privaten, kommunalen und gewerblichen Bauten. Mehr unter Architektur vor Ort auf www.v-a-i.at

Daten und Fakten

Objekt Hotel Gasthof Adler, Schoppernau
Bauherr Familie Muxel
Architektur firm Architekten, Lustenau, www.firm.ac
Statik ZTE Leitner, Schröcken, www.zte.at
Fachplanung Bauphysik: GM Bauphysik, Schwarzenberg; Elektro: elplan Lingg, Schoppernau
Planung 04/2020–02/2021
Ausführung 04/2021–07/2021
Nutzfläche 700 m²
Bauweise Holzbausanierung Zimmergeschoß im beste-henden Wälderhaus; Umbau Kellergeschoß zum Wellnessbereich; Wände Kalkputz; Böden: Eschenmassivholz oder Naturstein; Decken: Kalkputz oder Holzakustikdecken
Ausführung Bauleitung: Elmenreich, Au; Sanitär und Schwimmbadtechnik: Willi, Schoppernau; Elektro: Willi, Andelsbuch; Erdarbeiten: Rüf, Au; Holzbau: FB, Schnepfau; Fenster: Schwarzmann, Schoppernau; Holzböden: BenJo, Bezau; Fliesen, Stein: Moosbrugger, Au und Rein, Dornbirn; Tischler: Oskar Beer, Au (Wellness) und here, Au (Zimmer); Maler, Kalk- und Lehmputze: Moosbrugger, Au; Raumausstattung: Stefan Troy, Bezau; Möbel: Höttges, Dornbirn; Licht: lichtFACTOR, Feldkirch; Außenpool: Felder, Andelsbuch