Die Bauherrenfamilie wollte ein Holzhaus mit Satteldach
aus natürlichen Materialien mit einwandfreier Energiebilanz.
Daher brauchte das Dach viel Fläche für Photovoltaik.
Stephan Grabher von der Architekturwerkstatt Dworzak-Grabher
zelebrierte es als zentrales Gestaltungselement. Die Wohnküche
bringt es auf großzügige 4,50 Meter Höhe bis zum First,
die an der Längsseite im Süden weit vorgezogene Dachfläche
schafft einen gedeckten Laubengang mit Terrasse
als besonderen privaten Freiraum.

Text: Isabella Marboe | Fotos: Petra Rainer

Die Bauherrenfamilie wünschte sich ein Holzhaus mit einem „richtigen Dach“. Es sollte nicht nur Geborgenheit, sondern auch der Photovoltaikanlage viel Auflagefläche und den richtigen Sonneneinstrahlungswinkel bieten. Denn der Einsatz alternativer Energie und natürliche Materialien waren dem Bauherrenpaar ein großes Anliegen. Mit der Planung beauftragten sie Stephan Grabher von der Architekturwerkstatt Dworzak-Grabher. Ihn kennt der Bauherr schon lange.

Das Vertrauen in den Architekten (oder auch in die Architektin) ist das Fundament aller geglückten Bauten. Es war hier besonders wichtig, denn kurz nachdem der Entschluss zum Bauen gefallen war, informierte die Gemeinde Lustenau ihre Bewohnerschaft über den Pegelstand im Fall eines Bruchs des Rheindamms. Die Bauherren wollten gewappnet sein. Das führte zu einer besonderen Lösung. Die Straße verläuft an der schmalen östlichen Grundgrenze, wo ein Dichtbetonsockel mit Eingang und Garage einen ebenso dezenten wie effektiven Hochwasserschutz bildet. Er ist bis zum angegebenen Wasserstand von 120 cm über dem Boden wasserdicht, die Tür ist mit Dichtbalken verschließbar, auch die Fenster sind druckwasserdicht.

Auf dem Flachdach dieses soliden Fundaments steht nun ein Holzhaus mit Satteldach. Auf den ersten Blick sehr archaisch und zur Straße hin verschlossen, zeigt es sich im Inneren und zum Garten hin außerordentlich großzügig, hell und luftig. Der Garten ist rundum von traumhaft schönen, mächtigen alten Bäumen umgeben. Sie schützen vor nachbarlicher Neugierde, spenden Schatten und strahlen eine tiefe Ruhe und große Kraft aus.

„Das Schurahüsli ist das Unsre geworden, ursprünglich
mit angedachter Entplastifizierung und dann weiterer Vermietung,
entpuppte sich dieses wunderbare, maßstäbliche
Gebäude als unser ganz privater Familienschatz.“

Christian Vonier
Architekt

Diese wunderbare Atmosphäre wollte Stephan Grabher einfangen und wahren. Der quergestellte Garagensockel schützt auch die Privatheit des Gartens, leicht erhöht gleitet darauf im rechten Winkel dazu das Holzhaus der Länge nach ostwärts der aufgehenden Sonne entgegen. „Hier geht man immer mehr zum Licht“, sagt Grabher.

Das Haus ist als Split-Level organisiert, das bedeutet, um je eine halbe Ebene versetzt. Das führt zu besonderen Blickverbindungen und macht die Hinwendung zu Sonne und Garten noch stärker spürbar. In der Planungsphase war das für die Bauherren eine Herausforderung. „Wir haben uns die Pläne und das Modell immer wieder angeschaut. Trotzdem sind wir nun ganz überrascht, wie gut das funktioniert.“

Der Eingang liegt am Zwischenpodest. Rechter Hand geht es direkt in die Garage, die zweiläufige Holztreppe führt hinunter in den Keller zum Fitnessraum und acht Stufen hinauf in die erste Wohnebene mit den Kinderzimmern. Weitere acht Stufen hinauf finden sich Bad, Ankleide und Elternschlafzimmer. Fast alles ist aus Holz: Der Boden aus Eiche, Decken, Wände und Möbel aus Weißtanne. Hier hat vieles mehrere Funktionen: Auf der tiefen Fensterbank im Spielflur kann man sitzen und in die Bäume schauen. Viele Wände sind als Bücherregale wie Möbel gestaltet, auf der Holztreppe davor kann man gleich lesen, der Lehmputz verbessert das Raumklima. „Man muss sehr viele Entscheidungen treffen. Welche Materialien kommen zum Einsatz und passen die auch zusammen?“, sagt die Baufrau. „Es ist jetzt aber wirklich sehr stimmig.“

Stefan Grabher zelebrierte das Satteldach, 4,50 Meter Raumhöhe bis zum First verleihen der Wohnküche luftige Großzügigkeit. „Das Giebeldach ist das zentrale Element des Entwurfs“, sagt der Architekt. „Seine Untersicht aus Weißtanne schafft eine angenehme, wohnliche Atmosphäre. Seine Größe war sehr wichtig, um möglichst viel Photovoltaik zu integrieren.“ Sie speist den Betrieb der Wärmepumpe, die klimafreundlich wärmt und kühlt. Um noch mehr Fläche zu generieren, ist die südliche Dachhälfte weit vorgezogen. So entsteht unter dem ausladenden Dachvorstand ein haushoher, gedeckter Umgang.

Er beschattet die Südseite und schafft einen einzigartigen Extrafreiraum. Seine besondere Qualität liegt im Dazwischen. Wie ein Laubengang umrundet er das Haus im Süden und Osten, wo er sich an der rückwärtigen Stirnseite zur großzügigen Terrasse vor Spielflur und Wohnküche ausbreitet. Die Stirnseite ist auf einer Hälfte bis zum Giebel verglast, auf der anderen verputzt. Das gibt dem hohen Raum Halt und verstärkt die Wirkung des weiten Ausblicks über Sonne und Garten. Der Laubengang bietet eine etwas erhöhte Perspektive, seine Stahlkonstruktion mutet urban an. In der Wohnküche fühlt man sich wie im Loft, im intimeren Wohnzimmer auf der Galerie wie unter einem Zeltdach.

Eine Baukulturgeschichte von
vai Vorarlberger Architektur Institut
Das vai ist die Plattform für Architektur, Raum und Gestaltung in Vorarlberg. Neben Ausstellungen und Veranstaltungen bietet das vai monatlich öffentliche Führungen zu privaten, kommunalen und gewerblichen Bauten. Mehr unter Architektur vor Ort auf www.v-a-i.at

Daten und Fakten

Objekt Haus M+M, Lustenau
Architektur Architekturwerkstatt Dworzak-Grabher
www.dworzak-grabher.at
Statik gbd ZT, Dornbirn, www.gbd.group
Fachplanung Bauphysik: Spektrum, Dornbirn
Planung 12/2018–12/2019
Ausführung 2/2020–12/2020
Grundstücksgröße 770 m²
Nutzfläche 175 m² (zzgl. Keller 46 m²)
Bauweise Wasserdichter Stahlbeton mit Foamglasdämmung; Holzrahmenbau mit Lehmbauvorsatzschalen und Lehmglätte Zwischendecke als Holzmassivdecke
Besonderheiten Photovoltaikanlage mit 13,6 kWp
Ausführende Baumeister: Keckeis, Lustenau; Zimmerer: Kaspar Greber, Bezau; Fenster: Böhler, Wolfurt; Innenausbau und Böden: Weiler Möbel, Weiler; Fliesen: sTile, Dornbirn; Verputz: Steurer, Höchst; Heizung/Lüftung: Steurer, Andelsbuch; Elektro: Stroj, Lustenau; Garten: Brunner, Höchst
Energiewert 32 kWh/m² im Jahr (HWB)