Drei kleine Schulen in einem großen Gerüst, das viel Freiraum zur Aneignung bietet: In unmittelbarer Nähe zum See hat die Gemeinde Hard eine Schule für 6- bis 14-Jährige errichtet, die beispielhaft für eine neue, ebenso anspruchsvolle wie offene Lernkultur steht. Die Architekten aus dem Büro Baumschlager und Hutter haben mit ihrem Projekt den idealen Ort dafür entworfen. Im Verbund mit den bestehenden Sporthallen ist ein Leuchtturmprojekt entstanden, das Offenheit und Präzision verbindet.

Autorin: Christian Kühn | Fotos: Petra Rainer, Albrecht Imanuel Schnabel

Wovon hängt der Erfolg von Schule ab? Wer das genau wissen will, schlägt bei John Hattie nach, einem Pädagogen aus Australien. Hattie hat aus Tausenden wissenschaftlichen Studien die Faktoren herausgefiltert, die wirklich einen Unterschied machen. Das Ergebnis ist überraschend. An erster Stelle steht das Selbstvertrauen der Lehrerinnen und Lehrer, mit ihrem Unterricht etwas zu bewirken; an zweiter Stelle die Fähigkeit der Schülerinnen und Schüler, ihr eigenes Leistungsniveau einzuschätzen; und an dritter Stelle, dass der Unterricht an die Entwicklungsstufe jedes einzelnen Kindes angepasst ist.

KONSTRUKTIVES KONZEPT. Der Neubau ist als klar ablesbares Gerüst aus Ortbeton mit umlaufenden Balkonen ausgeführt, das mit einer Außenhaut aus Holz und Glas ausgestattet ist.

Was haben diese Faktoren mit dem Haus zu tun, in dem der Unterricht stattfindet? Auf den ersten Blick wenig, denn es geht hier nicht um Klassengrößen oder Gangbreiten. Wer einen Tag in der neuen Schule am See in Hard verbringt, erkennt aber sehr rasch die Zusammenhänge. Eigentlich besteht die Schule aus einer Volksschule und einer Neuen Mittelschule (NMS), die hier unter einem gemeinsamen Dach zu einer großen Einheit zusammengefasst sind. 350 Kinder besuchen die Volksschule und 300 die NMS. Wie lässt sich angesichts dieser Zahl ein Unterricht herstellen, der individuell auf die Bedürfnisse des einzelnen Kindes zugeschnitten ist?

STÄDTEBAULICHE WIRKUNG. Der Neubau reicht an die bestehenden Sporthallen heran, mit denen er zwar nicht direkt verbunden ist, aber einen städtebaulichen Dialog eingeht, der gut proportionierte Außenräume zwischen Alt und Neu entstehen lässt.
Leitsystem und Beschriftung sind wichtig in jedem großen Bau mit vielen Akteur(inn)en. Das grafische Konzept kommt aus der Werkstatt West.

Die pädagogischen Leiter der beiden Schulen, Karin Dorner in der Volksschule und Christian Grabher von der NMS, haben dafür ein genial einfaches Konzept gefunden. Aus der großen Schule werden drei kleine, die in sich nochmals dreigeteilt sind: Im Erdgeschoß gibt es Raum für den ersten bis dritten Jahrgang, im ersten Obergeschoß für den vierten bis sechsten, und im obersten Geschoß für den siebenten und achten. In den einzelnen Geschoßen gibt es keine an einem Gang aufgereihten Klassenzimmer, sondern einen großen, durch Glaswände unterteilten Raum. Jeder Jahrgang hat zwar seinen eigenen Bereich, aber zusätzlich gibt es Projekträume und einen großen Bereich in der Mitte, der von allen genutzt werden kann. Hier lässt es sich gut jahrgangsübergreifend und im Team unterrichten, um so besser auf die einzelnen Kinder eingehen zu können. Die Projekträume erleichtern den fächerübergreifenden Unterricht, bei dem oft über längere Phasen jenseits der 50-Minuten-Stunde an einem Thema gearbeitet wird.

„Die möglichst vielfältigen Optionen entsprechen den Ideen von im Fluss befindlichen Lehr- und Lernprogrammen.“

Carlo Baumschlager, Architekt

Aus der großen Schule werden drei kleine, die in sich nochmals dreigeteilt sind.
Gangflächen und Stiegenhäuser haben räumliche Qualität und können mitbespielt und qualitativ genutzt werden.

Die Architekten aus dem Büro Baumschlager und Hutter haben mit der Schule am See einen idealen Ort für diese Art von Unterricht geschaffen, der einprägsam und gleichzeitig offen für Veränderung ist. Einprägsam ist er vor allem durch den Rhythmus, in dem der große Baukörper gegliedert ist. In den Ausmaßen reicht der Neubau an die bestehenden Sporthallen heran, mit denen er zwar nicht direkt verbunden ist, aber einen städtebaulichen Dialog eingeht, der gut proportionierte Außenräume zwischen Alt und Neu entstehen lässt. Sie wirken beinahe städtisch, obwohl im Hintergrund die Weite des Sees zu erahnen ist.

Aus der großen Schule werden drei kleine, die in sich nochmals dreigeteilt sind.

Offen für Veränderungen ist das Haus durch sein konstruktives Konzept. Der Neubau ist als klar ablesbares Gerüst aus Ortbeton mit umlaufenden Balkonen ausgeführt, das mit einer Außenhaut aus Holz und Glas ausgestattet ist. Im Inneren bestehen die Böden aus demselben Holz, was den Räumen trotz der großen Glasflächen einen sehr wohnlichen Charakter gibt. Als Schutz gegen Überhitzung und Blendung dienen Markisen aus einem hellen Stoff, die aus der Schule ein großes Boot mit vielen kleinen Segeln machen, wenn sie ausgefahren sind.

EINPRÄGSAMER RHYTHMUS. Der große Baukörper ist in drei Abschnitte gegliedert. Hier wird jahrgangsübergreifend unterrichtet. Die Schule bietet dafür das notwendige Gerüst.
Sport und Bewegung spielen in den Schulen am See eine große Rolle.
Jedes Haus hat einen Bereich zum Ankommen, zum Ablegen, für private Dinge.

Daten & Fakten

Objekt Schule am See Hard

Bauherr Marktgemeinde Hard

Architektur Baumschlager Hutter Partners

Projektleitung Ralf Bernhardt | Sporthalle: Bernd Haslinger

Örtliche Bauaufsicht gbd ZT GmbH, Dornbirn

Fachplaner|innen Tragwerksplanung: Mader & Flatz ZT GmbH, Bregenz;
Geotechnik: 3P Geotechnik ZT GmbH, Bregenz; HKLS-Planung: E-Plus
GmbH, Egg; Elektroplanung: Ingenieurbüro Brugger GmbH, Thüringen;
Bauphysik: DI Dr. Lothar Künz GmbH und Co KG, Hard; Landschaftsplanung:
terra.nova, München; Ökologische Beratung: Umweltverband,
Dornbirn; Bauökologie: SPEKTRUM Bauphysik & Bauökologie GmbH,
Dornbirn; Infrastrukturplanung: Rudhardt+Gasser, Bregenz; Lichtplanung:
Bartenbach GmbH, Aldrans; Tageslichtberechnung: TeamGMI
Ingenieurbüro Liechtenstein AG, Schaan; Bausicherheitskoordination:
BSK Wolfgang Günter, Dornbirn; Vermessungswesen: Klocker & Wahl
Ziviltechniker GmbH, Bregenz; Brandschutzplanung: K&M Brandschutztechnik
GmbH, Lochau; Küchenplanung: Gastro-Plan, Götzis; Grafische
Gestaltung Leittechnik: Werkstatt West, Hard

Beteiligte Firmen (Auswahl) i+R Spezialtiefbau GmbH, Lauterach;
Kostmann GmbH, St. Andrä; Pfeiffer GmbH + Co KG, Lauterach; Dobler
Holzbau GmbH, Röthis; Carl Günther GmbH, Röthis; ARGE Stolz – Intemann,
Bregenz; Elmar Graf GmbH, Dornbirn; Ender Klimatechnik GmbH,
Altach; Schindler Aufzüge und Fahrtreppen GmbH, Dornbirn; Wallner
schützt, Scheifling; Starmann Metallbau GmbH, Klagenfurt; MGT Mayer
Glastechnik GmbH, Feldkirch; AF Fußbodentechnik GmbH, Amtzell;
Markus Kalb GmbH, Dornbirn; Wolf Metall GmbH, Weiler; Tischlerei
Telser OHG, Mals; Rene Bechtold GmbH, Weiler; Raumbau Josef Reumiller
GmbH, Hard; Malerbetrieb Werner Bösch, Höchst; Fliesenpool GmbH,
Nenzing; Josef Feuerstein GmbH & Co KG, Nüziders; M. Berthold GmbH,
Rankweil; Wohlgenannt, Dornbirn; Lenz Nenning GesmbH, Dornbirn;
Weiler Möbel, Weiler; FHE Franke, Dornbirn; Reiter Wohn- und Objekteinrichtung
GmbH, Rankweil; Paterno Bürowelt Gmbh & Co KG, Dornbirn;
Steurer Bauelemente, Hard; Hilti & Jehle GmbH, Feldkirch; Wilhelm +
Mayer Bau GmbH, Götzis; Brunner GmbH, Höchst u.a.

Fotonachweis Albrecht Imanuel Schnabel, Petra Rainer