Zum Feiertag „Mariä Himmelfahrt“ oder „Mariä Aufnahme in den Himmel“ führt
die dieswöchige Baukulturgeschichte zur Wallfahrtskirche Maria Bildstein und
an den Ort eines besonderen Gnadenbildes, das nach wie vor Pilger(innen) und
Wallfahrer(innen) anzieht. Architekt Christian Lenz und Künstler Hubert Matt haben
einen hellen und weiten Innenraum geschaffen für den Gottesdienst, das Gebet,
für die stille Andacht, für Feste und Pfarrleben.

Autorin: Verona Konrad | Fotos: Adolf Bereuter

Auf dem Weg zum Gnadenbild schreiten Wallfahrer(innen) wie Gottesdienstbesucher(innen) über einen schwarzen Bodenbelag aus dem spanischen Stein „Negro Marquina“ auf dem „WORTE“ zu lesen ist.
Markant im Kirchenraum: die historische und sorgsam restaurierte Holzdecke.

Am 15. August feiert die katholische Kirche das Hochfest Mariä Himmelfahrt. Es nährt sich aus dem Glauben, dass die Mutter von Jesus zu ihm in den Himmel gerufen wird. Marienverehrung spielt im Katholizismus eine wichtige Rolle. Bereits ab dem 2. Jahrhundert nach Christus ist sie belegt und spielte über die Jahrhunderte so auch eine wichtige Rolle in Kunst, Kultur und Architektur. Maria Bildstein ist keine Himmelfahrtskirche, doch ein Ort, der dem Andenken an Maria gewidmet ist. Marienwallfahrten sind ab dem 16. Jahrhundert bekannt. Die Gründung von Maria Bildstein gut 100 Jahre später folgte damit einer bereits andauernden Entwicklung. Sie hat ihren Anfang in einem Bildstock, daher auch der Name „Bildstein“, der ein Gnadenbild trug. Hier soll 1629 den Buben Martin und Johann Höfle die Gottesmutter erschienen sein und an ein Gelöbnis des verstorbenen Vaters erinnert haben, als Dank für die Verschonung durch die Pest eine Kapelle zu bauen. Auf den Bildstock folgte so eine Kapelle, auf die Kapelle eine Kirche. Nun wurde der Bau aufwendig saniert.
Errichtet ab 1663 war die Kirche in Bildstein ab 1792 auch Ort der Pfarre. Sie wurde geplant von Baumeister Michael Kuhn. 1692 kamen Doppeltürme dazu. 1838 wurde der Bau durch geschwungene Turmhauben ergänzt. Im 19. Jahrhundert erfolgte eine Modernisierung nach damaligem Stand, eine Renovierung in den 1970er-Jahren brachte der Kirche neue Zugaben wie geliehene Seitenaltäre.

DIE KIRCHE MARIA BILDSTEIN WURDE VON 1663–1670 ERRICHTET Noch immer ist das Gnadenbild Ziel vieler Wallfahrer(innen) und Pilger(innen) und seit der Kirchenrestaurierung nun auch räumliches Zentrum der Basilika.
Die neobarocken Seitenaltäre sind Leihgaben aus Vandans. Zu bestimmen Zeiten werden sie mit Festtüchern, gestaltet nach Entwürfen von Hubert Matt, verhängt.

Die nunmehrige Aktualisierung des Bauwerkes galt zunächst seinem Bestand. „2012 und 2013 fanden in zwei Etappen die Trockenlegung der Fundamente und die Außenrenovierung statt“, erzählt Pfarrer Paul Burtscher. Für die Innenrenovierung lobte man einen Wettbewerb aus. „Wir wollten ein zeitgemäßes liturgisches Konzept verwirklicht sehen und wünschten uns eine neue Ausstattung, die unsere bedeutsamen historischen Reliquien, allen voran das Gnadenbild, aber auch eine Pietà, Votiv- und Silbertafeln, integrieren sollte.“ Christian Lenz und Hubert Matt konnten den Wettbewerb für sich entscheiden mit einem Konzept, das auf einem tiefen Verständnis des barocken Raumes fußt.

Wände in naturbelassenem Kalk, einheitliches Mobiliar, viel Licht: hell, würdevoll, kontemplativ, freundlich.
„Wir wollten einen hellen und weiten Innenraum schaffen
– als Pendant zum offenen Außenraum – mit differenzierten Nutzungsmöglichkeiten.“

Christian Lenz
Architekt

Doch ab 2016 kam eine neue Bewegung ins Projekt. Nach einer öffentlichen Präsentation des Siegerprojektes durch die Beteiligten formierte sich massiver Widerstand, die VN berichteten. „Der gewonnene Architekturwettbewerb sah vor, den Kirchenraum von diversen Mobiliaren, die nicht ursprünglich in der Kirche platziert waren, zu befreien. So sollten etwa geliehene, neobarocke, also viel später entstandene, Altäre an ihren Ursprungsort nach Vandans zurückkehren“, beschreibt Christian Lenz rückblickend diese heikle Phase im Projekt. Es gab eine Unterschriftenaktion gegen die Umsetzung des Entwurfs und schließlich nach vielen Gesprächen eine Kompromisslösung, die vorsah, die drei geliehenen Altäre bis zur Rückgabe an die Pfarrgemeinde Vandans wieder in der Kirche zu positionieren. Der restliche Teil des vorgeschlagenen Entwurfs konnte wie im Wettbewerb vorgesehen umgesetzt werden. „Das war für Architekten wie Künstler ein schmerzliches Zugeständnis, aber die Gremien der Pfarre und der Diözese waren froh, dass Christian Lenz und Hubert Matt bereit waren, das geplante Projekt trotzdem umzusetzen“, resümiert Pfarrer Paul Burtscher. Im Dezember 2017 wurde die Kirche wiedereröffnet und der Altar geweiht. Im März 2018 wurde die Wallfahrtskirche von Papst Franziskus zur Basilika ernannt, ein Ehrentitel für besonders bedeutende Kirchenbauten.
Der Raum zeigt sich nun als heller, weiter Innenraum mit differenzierten Nutzungsmöglichkeiten. Der Weg durch das Kirchenschiff, der Längsraum der Kirche, führt zum Gnadenbild der Gottesmutter. Auch die liturgischen Mobiliare wurden neu und einheitlich gestaltet. Die Raumschale wurde begradigt, indem Wandgliederungen entfernt wurden wie auch einige Sitzreihen, um mehr Platz zu schaffen für Wallfahrtsgruppen und neue Formen der Aktivität.

Eine Pietà und Votivtafeln gehören zur historischen Ausstattung der Kirche. Die neu gestalteten liturgischen Möbel nehmen sich elegant zurück.

Ein besonders wichtiges Element für die Neugestaltung war die Vorrückung des Altares, die nun eine Nähe zwischen den Zelebranten und den Gottesdienstbesucher(inne)n ermöglicht und so auch im Chorraum Platz für liturgische Feiern mit kleinen Gruppen schuf.
Der Weg zur Gnadenskulptur verläuft über eine Stufenfolge in die Apsis hinein und ist damit körperlich erfahrbarer Teil der Wallfahrt. Der schwarze Kalkstein mit weißer Maserung stammt aus Spanien und schafft eine einheitliche Fläche, Eleganz und Abstraktion in einem Raum voll Bedeutung. Die Mobiliare wurden aus demselben Kalkstein massiv gearbeitet und durch Messing-Bronzeteile erweitert. Die Wände erhielten einen naturbelassenen Kalkanstrich. Das Spiel des Barocks, einer Kultur der Gegensätze und der Bedeutungsvielfalt, setzt mit den Worten „Worte“, „Morte“, „Orte“ fort und ist als Typografie anregend in den Boden gesetzt.
Maria Bildstein erstrahlt nun in neuem Glanz und lädt zur Wallfahrt, zur Andacht und zum stillen Gebet, zum Gottesdienst und kirchlichen Festen.

Eine Baukulturgeschichte von
vai Vorarlberger Architektur Institut
Das vai ist die Plattform für Architektur, Raum und Gestaltung in Vorarlberg. Neben Ausstellungen und Veranstaltungen bietet das vai monatlich öffentliche Führungen zu privaten, kommunalen und gewerblichen Bauten. Mehr unter Architektur vor Ort auf www.v-a-i.at

Daten & Fakten

Objekt Renovierung Kirche Maria Bildstein

Bauherr Pfarramt Mariä-Bildstein

Bauherrenvertreter BM Herbert Berchtold, Diözese Feldkirch

Bauausschuss Wilfried Kees, Franz Böhler, Elmar Dür

Architektur DI Christian Lenz, ZT GmbH

Künstler. Konzept Dr. Hubert Matt

Fachplaner HLS-Planung: Koller & Partner Ges.m.b.H; Elektroplanung: elplan Lingg; Beleuchtung: A.M.R. Lichtplanung; Bauleitung: Elmar Gmeiner; Bauphysik: Lothar Künz ZT GmbH

Planung Wettbewerb: 30.4.2015, Planungszeitraum 2015–2017

Ausführung Bautätigkeit 2017, Einweihung am 10. Dezember 2017

Nutzfläche Hauptraum 363 m², Sakristei 27 m², Empore 56 m²

Ausführung: (Auswahl): Bauleitung: Rhomberg Bau; Gerüstbau: Pfeiffer GmbH; Zimmermannsarbeiten: Gerhard Bilgeri; Elektroinstallationen: Fink Elektrotechnik GmbH; Beleuchtung: Helmut Streitler; Beschallung: Strässer GmbH; Verputzarbeiten: Martin Burtscher, Lothar Burtscher Bau GmbH; Estrich: Ebner Estriche GmbH; Bauspengler: Heinzle GesmbH & Co KG; Natursteinarbeiten: Höfle GmbH; Schlosserarbeiten: Eberle Metall exklusiv; Holzarbeiten: Tischlerei Gerold Matt, Tischlerei Feldkircher GmbH, Fröwis Fußböden; Glasbau: Glaswerk, Dieter Feuerstein; Malerarbeiten und Restau-rierung der Kirchenbänke: Wilfried Netzer; Orgelbau: Rieger Orgelbau GmbH; Möbel: Reiter Wohn- und Objekteinrichtung; Restaurierungsarbeiten: Mag. Ilse Prenner, Mag. Elisabeth Scheel, Beatrice Pfeifer, Nicolé Mayer, Anton Kräutler, Bartsch Restaurierungen