Wie es sich in einer zur Wohnung verwandelten Tenne
samt einem zur Terrasse gewordenen Schopf wunderbar leben lässt,
führen Paul Gröfler und Much Schwarz mit ihrer
„Hehl Tenne“ in Lingenau überzeugend vor.

Autorin: Edith Schlocker | Fotos: Apparat Lux

Der Umgang mit durch den gesellschaftlichen Wandel obsolet gewordenen landwirtschaftlichen Baukerken ist keine leichte Aufgabe. Sie formal klug weiterzudenken, Altbestände mit neuen Inhalten zu erfüllen bzw. Neues im Wissen um das Traditionelle heutig zu interpretieren, stellt eine spannende Herausforderung für Raumplaner(innen) wie Architekt(inn)en und Baumeister(innen) dar. Diese Herausforderung wird besonders im Bregenzerwald sehr ernst genommen, wie die unzähligen Beispiele aktuellen Bauens vorführen, die in ihrer Architektursprache unmittelbar in dieser Gegend verortet sind.

Wie man es schafft, einen Stall in eine Werkstatt, eine Heugrube in ein Foyer, eine Tenne in eine Wohnung und einen Schopf in eine Terrasse zu verwandeln, führen die beiden jungen Architekten Paul Gröfler und Much Schwarz, die in Wien das Büro OEOOO betreiben, mit der Lingenauer „Hehl Tenne“ wunderbar vor. Wobei man ganz genau hinschauen muss, um die Verwandlung des Wirtschaftstrakts des alten Bregenzerwälder Bauernhauses in ein modernes Wohnhaus überhaupt wahrzunehmen. War es den Architekten doch wichtig, die äußeren Formen genauso wie die Kubaturen unverändert zu erhalten, obwohl es sich hier um einen kompletten Neubau handelt.

Der Sockel der „Hehl Tenne“ ist aus Sichtbeton gebaut, der Rest komplett aus dem Holz von Weißtannen und Fichten. Während sich das Haus Richtung Norden und Westen hermetisch geschlossen gibt, öffnet es sich nach Süden durch große Fenster.
Der ehemalige Schopf des alten Bregenzerwälderhauses hat sich zur Terrasse gemausert. Richtung Westen öffen- bzw. schließbar durch ein riesiges hölzernes Schiebetor, belichtet durch ein Fenster Richtung Süden sowie ein in das Dach geschnittenes.
Das Holz, das für den Bau der „Hehl Tenne“ verwendet wurde, stammt aus dem eigenen Wald der Lipburgers. Geschlagen und gelagert nach überlieferten Regeln im Winter.

Das schöne alte Bregenzerwälderhaus, das hier einer Metamorphose unterzogen wurde, kennt Paul Gröfler „schon immer“. Ist es doch der Hof seiner Großeltern, in dessen Wohntrakt nun sein Onkel und seine Tante leben. Die noch vom Großvater im Vollerwerb betriebene Landwirtschaft wurde längst aufgegeben und der Wirtschaftstrakt war somit ohne Funktion. Das brachte den hier aufgewachsenen Manuel Lipburger bereits vor fünf Jahren auf die Idee, seinen damals noch Architektur studierenden Cousin Paul zu fragen, ob man den Wirtschaftstrakt nicht in eine Wohnung verwandeln könnte.

Als Hybrid aus Innen und Außen ist der ehemalige Schopf gedacht. Als vom Freien wie innnen erschlossener, vielfältig nutzbarer geschützter Kaltraum.
„Dieses Haus, das ich schon immer kenne,
als meine erste Aufgabe als Architekt verwandeln zu dürfen,
war für mich eine große Freude.“

Paul Gröfler
Architekt

Der Wohnbereich inklusive Küche ist Richtung Süden bis unter den Giebel offen und durchströmt von Licht, das durch das in das Dach geschnittene Fenster sowie ein Fensterband in das Hausinnere gelangt.

Aus den Hirngespinsten ist Wirklichkeit geworden. Die inzwischen vierköpfige junge Familie ist überglücklich mit ihrer landschaftlich fabelhaft am Rand von Lingenau mit Blick auf weite Felder sich öffnenden „Tenne zum Wohnen“ inklusive zur Terrasse gewordenem Schopf. Die Rampe zu diesem ist genauso wie das Erdgeschoß aus Sichtbeton gebaut, der Rest zur Gänze aus Fichte und Weißtanne. Holz, das aus dem eigenen Wald stammt und unter anderem vom Bauherrn selbst nach überlieferten Regeln im Winter geschlagen, gelagert und getrocknet worden ist.

Innen kommt die „Hehl Tenne“ wie ein riesiges bewohnbares Möbel daher. Handwerklich perfekt und im Detail bewusst schnörkellos gebaut von lokalen Handwerkern.
Räumliche Durchsichtigkeit war den beiden Architekten sehr wichtig. Ebenso Sichtbezüge nach innen wie außen, eine strukturelle Offenheit, die sich bei Bedarf auch auf den Altbestand erweitern lässt.

Aus den Hirngespinsten ist Wirklichkeit geworden. Die inzwischen vierköpfige junge Familie ist überglücklich mit ihrer landschaftlich fabelhaft am Rand von Lingenau mit Blick auf weite Felder sich öffnenden „Tenne zum Wohnen“ inklusive zur Terrasse gewordenem Schopf. Die Rampe zu diesem ist genauso wie das Erdgeschoß aus Sichtbeton gebaut, der Rest zur Gänze aus Fichte und Weißtanne. Holz, das aus dem eigenen Wald stammt und unter anderem vom Bauherrn selbst nach alten Bauernregeln im Winter geschlagen, gelagert und getrocknet worden ist.

Verbaut mit viel Eigenleistung bzw. fabelhaften Handwerkern von vor Ort – von denen die zwei jungen Architekten sagen, sehr viel Nützliches für die Praxis gelernt zu haben – zu einem großen bewohnbaren Möbel. Das ebenso kompakt wie strukturell durchlässig ist, durchflutet von viel Licht, das durch die Richtung Süden ausgerichteten bzw. in das Satteldach geschnittenen Fenster in das Innere des Hauses mit seinen rund 120 Quadratmeter Wohnfläche geholt wird. Beheizt mit dem Holz aus dem eigenen Wald.

Das aus sechs Zentimeter dicken Schichtsperrholzplatten konstruierte Stiegenhaus mit seinen lose eingehängten Stufen ist vom Eingang bis unter den Giebel rund sieben Meter offen.
Ihr erster Auftrag als Architekten: Paul Gröfler (rechts), der sich besonders darüber freut, das Haus seiner Großeltern umbauen zu dürfen, und sein Büropartner von OEOOO, Much Schwarz.

Betreten wird die „Hehl Tenne“ von der praktisch hermetisch geschlossenen Nordseite aus dort, wo ehemals die Heugrube für die Tiere war. Über das aus sechs Zentimeter dicken Schichtsperrholzplatten gebaute, durch ein Dachfenster belichtete, über alle drei Geschoße offene Stiegenhaus kommt man in das rund 70 Quadratmeter große Wohngeschoß inklusive seiner aus Holz getischlerten Küche, die komplett ohne Griffe auskommt. Die Wand zur anschließenden Terrasse, zu der sich der ehemalige Schopf gemausert hat, ist raumhoch verglast. Richtung Westen sich öffnend zu einer betonierten, durch ein riesiges hölzernes Schiebetor komplett schließbaren Rampe, unter der nun die Autos parken. Unter dem Dach befinden sich das Schlaf- bzw. Kinderzimmer und das Bad.

Wie bei traditionellen Bregenzerwälderhäusern üblich, ist auch bei dem der Lipburgers der Wohnteil geschindelt und der Wirtschaftstrakt mit vertikal gesetzten Holzleisten, hier aus Fichte, verkleidet. Was auch nach seiner Verwandlung in ein Wohnhaus so geblieben ist, wenn auch hinterlüftet und perfekt mit Holzwolle gedämmt.

Daten & Fakten

Objekt Hehl Tenne, Mehrgenerationenhaus, Ersatzneubau, Lingenau

Bauherren Julia und Manuel Lipburger

Architektur Michael Schwarz und Paul Gröfler – OEOOO Zeichenbüro, Wien, www.oeooo.at

Statik planDREI Statikbüro ZT-GmbH, Andelsbuch, www.plandrei.at

Fachplanung Bauphysik: Ingenieurbüro DI Erich Reiner, Bezau

Planung 1/2015–10/2016

Ausführung 7/2017–7/2018

Nutzfläche 125 m² (zzgl. Werkstatt 95 m²)

Bauweise Außenwände: Holzrahmenbauweise mit Holzwolle gedämmt, hinterlüftet, Deckelschirm Fichte, innen getäfert Fichte und Weißtanne; Innenwände: Holzrahmenbauweise getäfert; Decken: Holzdecken mit Heiz-Estrich; Dach: Kaltdach mit Ziegeldeckung; EG, Werkstatt und Auffahrt: Stahlbeton auf Sicht; Böden: Riemenboden Weißtanne gebürstet (Wohn- und Schlafräume); Estrich, geschliffen und versiegelt (Eingangsbereich, Küche, WC und Speis); Heizung: Stückholzheizung; Schwarzstahlofen neu

Ausführende Zimmererei: Bilgeri, Riefensberg; Fenster: Timo,Bezau; Estrich: Bruno Oberhauser, Egg; Heizung/Lüftung: Sohler, Lingenau; Tischler: Wolfgang Lässer, Riefensberg; Ofen: Voppichler, Egg; Spengler: Hagspieldach, Lingenau

Energiekennwert 48,9 kWh/m² im Jahr