Birgit Elsensohn verwandelt das heimatliche Hotel Schwarzwand in Lech Stück für Stück in einen Ort für Menschen, die das zeitlos Schöne abseits alpiner Klischees mögen.

Text: Edith Schlocker | Fotos: Nicolas Felder

In seinen Anfängen in den 1960er-Jahren war das heutige Vier-Sterne-Hotel Schwarzwand eine kleine Frühstückspension. Die Aufbruchstimmung, die die ehemals bäuerlich geprägte Arlbergregion nach dem Zweiten Weltkrieg angesichts eines rasanten touristischen Aufschwungs erlebte, veranlasste Walter und Helga Elsensohn, den Grundstein für das Haus zu legen, das sich in den letzten Jahren kontinuierlich zu einem Geheimtipp entwickelt hat. Die erste wesentliche bauliche Erweiterung fand bereits Anfang der 1980er-Jahre statt, und seit Gründertochter Birgit Elsensohn gemeinsam mit ihrer Tochter Marlène Barth-Elsensohn kurz vor der Corona-Krise das Haus übernommen hat, mausert sich die „Schwarzwand“ mehr und mehr zur exklusiven Adresse für Menschen, die das zeitlos Schöne abseits abgegriffener alpiner Klischees suchen.

Dafür, dass die Hülle und das Innenleben stimmen, sorgt Birgit Elsensohn. Sie hat das Architekturstudium nach Florenz verschlagen, wo sie über 30 Jahre gelebt hat und dies zeitweise noch immer tut. Sofern sie nicht in Lech ist, um das heimatliche Haus Schritt für Schritt von seinem rustikalen Auftritt zu befreien und durch eine zeitlose Ästhetik zu ersetzen. Unübersehbar sind die Erfahrungen, die sie in Italien mit historischer Bausubs-tanz gemacht hat, ihre Kenntnisse über Kunst, Antitquitäten und hochwertiges Handwerk. Diese Transformation sei unbedingt notwendig gewesen, sagt Birgit Elsensohn, und sie ist noch lange nicht abgeschlossen. Die Fassade der „Schwarzwand“ wurde bisher nur kosmetisch behandelt, indem die pseudobarocke Malerei übermalt wurde. Original erhalten ist noch die Eingangstüre zum Hotel, während ein Großteil des Erdgeschoßes bereits räumlich geklärt und neu ausgestattet ist. Auch das Foyer – in dem eine antike, aus dem Inventar des Palasts Hohenems stammende Kommode steht –, genauso wie die Garderobe, Rezeption und ein kleines Arbeitszimmer.

„Gute Räume schaffen den Rahmen für gute Begegnungen.“

Birgit Elsensohn
Architektin

Während die Gästezimmer im Stammhaus mit viel Fingerspitzengefühl teilsaniert wurden, sind die bergseitig angelegten Junivorsuiten und Suiten völlig neu konzipiert worden. Sie sind teilweise mit Antiquitäten eingerichtet, die Elsensohn aus Florenz mitgebracht hat. Die Wände sind kalkgespachtelt oder holzverkleidet, die Bäder mit italienischem Marmor ausgestattet, auf den Vollholzböden steht im Wohnbereich ein handgefertigtes Sofa, das zum (Zusatz-)Doppelbett werden kann. Bisher nur kosmetisch behandelt wurde der Wellnessbereich. Formale Reduktion war hier angesagt, der Einsatz weniger Materialien wie heimischer Loden als Wandbespannung oder Leinen aus einer toskanischen Weberei für die Vorhänge. Dass Elsensohn dezent gedeckte Farben bzw. eine delikate Monochromie mag, ist auch im neuen Lounge- bzw. Barbereich unübersehbar. Hier wird klar, wohin generell die Reise bei der Verwandlung des Hotels gehen soll.

Dieser hinter der Rezeption

situierte Aufenthaltsbereich wurde räumlich komplett entkernt und die vormals holzverkleideten architektonischen Elemente aus Sichtbeton freigelegt, um diese in ihrer spröden Materialität in einen reizvollen Gegensatz zu der dunklen Holzdecke mit ihrer im 90-Grad-Winkel versetzten Maserung zu setzen. Richtung Süden und Osten öffnet sich der mit handgefertigten italienischen Sitzmöbeln und im Bregenzerwald gefertigten Tischen möblierte Raum durch riesige, fast raumhohe Fenster zum Außenraum. In der Materialität stehen der monolithische Marmorblock der Bar, der Sockel des offenen Kamins und das fili-grane Flaschenregal aus Italien in harmonischem Dialog mit den fein geschliffenen Holzoberflächen von Boden und Tresen.

Mit dem aus mehreren größeren und kleineren „Inseln“ bestehenden, rund 120 Quadratmeter großen Aufenthaltsbereich wurde der Rahmen geschaffen, in dem Unterschiedlichstes stattfinden kann, sagt Birgit Elsensohn, indem jeder dieser Räume im Raum stimmungsmäßig komplett anders besetzt ist. Inszeniert in einem gesamtkunstwerklichen Ansatz, bei dem jedes Detail stimmen soll. Ideen, wie sie das aus den 1980er-Jahren stammende Restaurant, die Wellnessanlage und den Außenbereich des Hotel Schwarzwand verwandeln will, schwirren bereits im Kopf von Birgit Elsensohn herum.

Daten und Fakten

Objekt: Hotel Schwarzwand, Lech am Arlberg, Dorf 308
Bauherr: Hotel Schwarzwand GmbH
Architektur und Design: Arch. Birgit Elsensohn Florenz/Lech
Fachplaner: Arch. Christian Zottele, zottele.mallin architekten ZT, Bludenz, Light Company, Fulvio Baldeschi, Florenz
Planung: Phase 1: 12/2020–06/2021, Phase 2: 03/2022–06/2022, Ausführung Phase 1: 06/2021–12/2021, Phase 2: 06/2022–12/2022
Grundstück: ca. 3000 m2
Wohnnutzfläche: ca. 800 m2
Bauweise: Vollholzböden, Kalkverspachtelungen
Innenausbau: Marmorböden
Besonderheiten: Maßanfertigung aller Tischlerarbeiten, Maßanfertigung aller Marmorarbeiten, Auftragsproduktion von Stoffen und Maßanfertigung aller Polsterarbeiten in Florenz
Ausführende: Tischlerarbeiten: Wolfgang Meusburger, Reuthe; Installationen: Stefan Hepp, Dornbirn; Elektroinstallationen: Elektrotechnik Patrick Bertsch