Als 170 Meter langen, 70 Meter breiten und 17 Meter hohen schwarzen Monolith haben Marte.Marte die Hallen neun bis zwölf der Messe Dornbirn gestaltet. Erschlossen durch rote Schlünde, die die Besucher förmlich in ihr Inneres saugen.

Autorin: Edith Schlocker | Fotos: Faruk Pinjo

Der dezentrale Standort der Messe Dornbirn war lange nicht unumstritten. Als Ausdruck des Bekenntnisses zu diesem wurde 2012 beim Architekturbüro Dietrich/Untertrifaller ein Masterplan in Auftrag gegeben, der der Marke Messe Dornbirn ein unverwechselbares Gesicht verpassen sollte. Indem nach ihren Vorstellungen neu zu bauende Hallen viel mehr als schlichte Hüllen sein sollen, in denen die zu präsentierenden Waren die Diven sind. Sondern über Wettbewerbe erstklassige Architekturen, am besten von Vorarlberger Architekten ermittelt werden, die wie die Teile einer edlen Kette aneinandergereiht werden. Jeweils verbunden durch kleinere und niedrigere Foyers. Um auf diese Weise als erfreulichen Nebenefekt ein Spiegelbild der heimischen Architekturlandschaft abzugeben, wie die bereits von Leopold, Oskar Leo und Johannes Kaufmann, Cukrowicz Nachbaur Architekten und Raimund Rainer gebauten Beispiele demonstrieren.

Erschlossen werden die Hallen neun und elf vom Messeplatz durch ein 13 Meter hohes Portal in der Form einer verzogenen Ellipse, auf der Westseite durch eine stehende, sich nach oben leicht verjüngende Ellipse.
Im Gegensatz zu den aus Stahlbeton gebauten Hallen zehn und zwölf sind die Hallen neun und elf aus Holz und außen komplet in schwarz beschichtetes, vertikal gewelltes Blech eingehüllt.

Die vier Glieder, die das Architekten- Brüderpaar Bernhard und Stefan Marte dieser „Perlenkette“ hinzugefügt hat, halten sich dagegen nicht wirklich an die formalen Bedingungen des Masterplans. „Wir konnten einfach nicht anders“, sagt Stefan Marte, der sich fast selbst ein bisschen darüber wundert, dass sie mit ihrem extravaganten Entwurf 2014 den geladenen Wettbewerb für den Bau der Messehallen neun bis zwölf trotzdem gewonnen haben. Mit einer ganz großen Geste, die die Juroren ofensichtlich trotz aller Unfolgsamkeit überzeugt hat. Denn anstatt zwei durch klar abgesetzte Foyers getrennte Hallen zu bauen, setzen sie einen 170 Meter langen, 70 Meter breiten und fast 17 Meter hohen schwarzen Monolithen.

„Unsere Idee machte es uns schlicht und einfach nicht möglich, uns an den Masterplan zu halten.“

Stefan Marte
Architekt

Auf dessen mit schwarz beschichtetem Wellblech überzogener Hülle stehen ganz oben in XXL-Format die Zahlen 9 und 11, die in ihrer technoiden Anmutung ebenfalls reizvoll aus der Reihe tanzen. Genauso wie die Eingänge zu den Hallen. Der, der zwischen den großen Hallen in die kleinere Zehnerhalle führt, kommt ganz in Karminrot – der Farbe der Dornbirner Messe – als riesige, leicht verzogene Ellipse daher. Ihre nach innen gezogene Trichterform ist ebenfalls mit – hier rotem – Wellblech verkleidet, die sich den Rundungen anschmiegt, was im Kontext mit der klaren Rasterung der Fassade reizvolle visuelle Effekte ergibt.

Dieser intuitiv sinnliche Assoziationen provozierende rote Schlund saugt die Messebesucher vom zentralen Messeplatz förmlich in die Halle zehn. Hier geht es räumlich sonderbar pompös zu, gliedern Arkaden mit elliptischen Einschnitten den Raum, um auf diese Weise im hinteren Teil eine fast barartige Intimität entstehen zu lassen. Diese Halle ist für Stefan Marte allerdings eher ein Foyer, genauso wie die ebenfalls komplett in Rot gestaltete Halle zwölf, die unter das bestehende Messebüro geschoben und rückseitig durch eine kleine rote Ellipse geöffnet, zum Innenhof dagegen raumhoch verglast ist.

Während diese zwei kleinen roten Hallen aus Stahlbeton gebaut sind, sind die eigentlichen Messehallen neun und elf fast ganz aus Holz. An ihren Breitseiten stützenlos bis zu 66 Meter von Leimholz-Fachwerkträgern überspannt, die von quer liegenden Druckriegeln getragen werden. Das Fachwerk ist allerdings zum größten Teil über einer Zwischendecke versteckt, an die zweifach mit LEDs bestückte Schienen montiert sind.

Ein tiefes Schwarz ist die Farbe der Hallen neun und elf, was ihnen ein archaisches Flair verleiht. Sie zur Bühne macht, um Waren der unterschiedlichsten Art ins beste Licht zu rücken. Um aber auch wunderbar als Bühne für Künstler oder Podium für feiernde Menschen zu funktionieren. Die inzwischen auch den in die Westseite der Halle zehn hineingeschnittenen Anlieferungshof als stimmungsvollen Ort zum Partymachen entdeckt haben. Er ist rund 1000 Quadratmeter groß und gestaltet als – natürlich – rote, sich nach oben verjüngende stehende Ellipse.

Die zentrale Farbe der Halle neun ist genauso wie die der größeren Halle elf ein tiefes Schwarz. Allein der Boden aus Hartbeton ist für den Geschmack von Stefan Marte etwas zu hell ausgefallen.
Die Halle zehn, die eigentlich ein Foyer ist, ist komplet rot. Räumlich strukturiert durch Arkaden, was die Raumhöhe relativiert und im hinteren Bereich eine fast barartige Atmosphäre schaft.
In eine der Fassaden der Halle elf sind 70 Fluchtüren geschniten, die so unscheinbar wie Tapetentüren daherkommen. An die das Fachwerk verdeckende Decke sind Schienen montiert, die mit LEDs in warmer bzw. kalter Lichtfarbe bestückt sind.
Unter das Messebüro geschoben ist die Halle zwölf. Sie ist auch komplet rot, teilbar und ausgestatet mit Einrichtungen für die Gastronomie, die hinter fensterladenartigen Deckeln verschwinden können.
Dass auch die WC-Anlagen für die Dornbirner Messe von Marte. Marte komplet rot daherkommen, liegt auf der Hand. Weiß ist allein die Keramik.
Und auch die Stiegen, die die Halle zwölf mit dem Seminarbereich darüber erschließen, sind formal schnörkellos und natürlich karminrot.
Die Hallen neun und elf werden an ihren Breitseiten stützenlos bis 66 Meter von hohen, nahe zusammenstehenden Leimholz-Fachwerkträgern überspannt. Getragen von breiten Stützen mit quer liegenden Druckriegeln.

Daten & Fakten

Objekt: Messehallen 9–12, Dornbirn
Eigentümer/Bauherr: Messe Dornbirn GmbH
Architektur: Marte.Marte Architekten, Feldkirch, www.marte-marte.com
Statik: M+G Ingenieure, Feldkirch, www.m-g.at
Fachplaner: Bauphysik: Dipl.-Ing. Bernhard Weithas GmbH, Lauterach; Elektroplanung: Ingenieurbüro Hiebeler + Mathis OG, Hörbranz; Heizung Klima Sanitär: gmi, Dornbirn; Statik: M+G Ingenieure, Feldkirch und gbd ZT, Dornbirn; Projektsteuerung: gbd ZT, Dornbirn; Siedlungswasserbau: Breuß Mähr, Koblach; Örtliche Bauaufsicht: Bmst. Ing. Michael Haßler, Dornbirn
Planung: 7/2014–4/2017
Ausführung: 9/2015–4/2017
Nutzfläche: 10.450m²
Bauweise: Weitspannendes Holztragwerk mit vorgehängten Holzelementen und Wellblechfassade. sowie Stahlbetonbauwerke und Bodenplate zur Aussteifung Besonderheiten: Ausführung während laufendem Messebetrieb auf dem Areal
Ausführung: Baumeister: Tomaselli, Nenzing; Wilhelm & Mayer, Götzis; Oberhauser & Schedler, Andelsbuch; Pilotierung: i+R, Lauterach; Zimmermeister: Kaufmann Zimmerei und Tischlerei, Reuthe; Kaspar Greber, Bezau; Suter Holzbau, Ludesch; Kaufmann Bausysteme, Reuthe; Wandverkleidungen: Lenz Nenning, Dornbirn; Spengler: Rusch, Bregenz; Fenster und Türelemente: Starmann, Klagenfurt; Verschatung: Berthold, Rankweil; Innentüren: Wolf Metall, Weiler; Tore: Zargen Bösch, Schwarzach; Trockenbau, Metalldecken: Bohn, Feldkirch; Fassade: Kohler, Weingarten (D); Stahlkonstruktion: Geiger Technik, Nenzing; Schlosser: M+S Metalltechnik, Röthis; mobile Trennwand: Tischlerei Schwendinger, Dornbirn; u. v. a.
Baukosten: ca. 25,2 Mill. Euro