Hoch über Feldkirch thront das Institut St. Josef. Mit Verve wurde es von den Architekten Richard Dünser, Erich Steinmayr und Hans Hohenfellner um einen nötigen Sonderklassentrakt erweitert. Souverän ist der schlichte Neubau aus Sichtbeton an den Bestand angebunden. Außerdem bietet er der Schulgemeinschaft wunderbare Freiflächen mit Sonne und Aussicht.

Autorin: Isabella Marboe | Fotos: Bruno Klomfar | Patricia Keckeis | Erich Steinmayr

Das Institut St. Josef in Feldkirch ist in Vorarlberg eine Institution. Der erste Teil der Schule der Barmherzigen Schwestern vom Heiligen Kreuz wurde 1911 fertig und von Seraphin Pümpel errichtet. Die Feldkircher Baufirma war auch in der Schweiz tätig und bürgte für Qualität. Noch immer trohnt der Schulbau mit dem markanten Mittelrisalit und dem steilen Dach – ursprünglich ein Solitär – imposant über der Stadt. Seine Eingangsfassade erstreckt sich entlang der Ardetzenbergstraße von Nordosten nach Südwesten. Die Klassen sind überwiegend nach Südosten orientiert.

Seit jeher werden hier Kinder und Jugendliche bei der Entfaltung ihrer Persönlichkeit unterstützt. „Die Schule muss wesentlich religiös sein. Sie muss erziehend und praktisch sein. Unnütze Möbel versperren den Raum. Die Schule gebe, was das Kind fürs Leben brauchen kann“, bemerkte bereits Ordensgründer Pater Theodosus Florentini. Das Institut St. Josef wurde ständig modernisiert. In den 1930ern verlängerte und erhöhte Seraphin Pümpel den südlichen Seitentrakt des Bestands. Von 1958 bis 1960 errichtete Architekt Werner Pfeifer aus Schruns die Haushaltungsschule. Von 1962 bis 1965 folgten das Haus Marien, das Haus Theresien und das Haus Elisabeth als Internate, außerdem ein Mitteltrakt mit Speisesaal, Küche und Kapelle. In den 1980ern kamen zwei Turnsäle und eine Zentralgarderobe dazu. Zum Hundert-Jahr-Jubiläum wurde die Schule 2009 saniert. Die Architekten Erich Steinmayr, Richard Dünser und Hans Hohenfellner adaptierten sie vorbildlich zum „Denkmal des Jahres“. Räumliche Verhältnisse wurden geklärt und bestehende Qualitäten gestärkt.

Die neue Terrasse am Flachdach ist bei den Schülern und Schülerinnen sehr beliebt.
Alle Klassen im Neubau öffnen sich großflächig verglast nach Südosten. Außerdem fügen sie sich aus jeder Perspektive perfekt ins Ensemble.

Die drei Schultypen im Haus – die BAfEP (Bildungsanstalt für Elementarpädagogik), die HLW (Höhere Lehranstalt für Wirtschaftliche Berufe) und die NMS (private Neue Mittelschule) – aber brauchten zusätzliche Sonderunterrichtsräume für IT, Musik, Bildnerische Erziehung und Kreatives Gestalten. Sie sollten hell, freundlich, kostengünstig, funktional, technisch auf neuestem Stand, flexibel und gut in das Bestandsgefüge integriert sein. Außerdem fehlte es der Schule an Freiflächen. „Wir planen seit 2002 für die Kreuzschwestern, sie und der Schulträgerverein sind sehr angenehme Bauherren“, so Erich Steinmayr. „Der Bauplatz ist beengt. Die Klassen sollten genug Sonne haben und gut angebunden sein. Unsere Absicht war, das Schul-areal mit einem baulichen Rücken zur Grünfläche hin abzuschließen.“

Elegant und leichtfüßig gleitet der neue Trakt im Rücken des Bestands von Nordosten nach Südwesten.
„Das Stiegenhaus war eine Möglichkeit, im Innenraum darzustellen,
wie sich der Hang dem Gebäude nähert.“

Erich Steinmayr
Architekt

Auf Basis vieler Standortanalysen entstand als finales Projekt der neue Sonderklassentrakt, der sich in mehreren Etappen realisieren ließ. Er ist auf drei Ebenen an das historische Gebäude und über die Treppenkaskade an die HLW angebunden. Mit Distanz sauber abgetrennt, gleitet der neue Trakt elegant im Rücken des Bestandes von Nordosten nach Südwesten. Er nimmt also dessen Richtung auf und wird wie ein zarter Schatten als horizontaler Streifen sichtbar. So bildet er einen schönen, modernen Abschluss dieser Schulstadt, die sich als Konglomerat unterschiedlicher Bautypen den Hang emportreppt.

Der Bau des Sonderklassentrakts, der nun so selbstverständlich in das Ensemble gesetzt wirkt, war alles andere als einfach. „Der Ardetzenberg ist geotechnisch schwierig sowie gefährdet durch Rutschungen und Hangwasser. Der Tiefbau mit allen Sicherungsmaßnahmen war so kostenintensiv, dass beim Hochbau eingespart werden musste“, so Steinmayr. „Das Gebäude taucht in den Hang ein wie ein Unterseeboot. Im Südosten stehen die Sonderklassen dann weitgehend frei in die Landschaft.“ Sie haben Licht, Ausblick und auf der untersten Ebene eine Terrasse als Freiklassenzone vorgelagert. Außerdem gibt es ganz oben eine riesige Dachterrasse mit einem zarten Flugdach aus Sichtbeton. Beide werden fast das ganze Jahr viel genutzt. Ursprünglich verputzt vorgesehen, verblieben die Innenwände nun als Sichtbeton. Der Neubau folgt einem Drei-Meter-Raster, ist reduziert und schlicht, ohne bei wesentlichen Dingen Abstriche zu machen: Denn er ist räumlich großzügig, barrierefrei zugänglich, lichtdurchflutet, schön und sehr klar im Aufbau.

Außergewöhnliches Raumerlebnis: Eine einläufige Kaskadentreppe klettert an einer dreigeschoßigen Sichtbetonwand von Ebene zu Ebene.

Eine einläufige Kaskadentreppe, die an einer dreigeschoßigen Mauer aus geschaltem Beton im Nordwesten von Ebene zu Ebene klettert, erschließt den Trakt. Sie wird durch Seiten- und Oberlicht erhellt. Beim Emporsteigen ist so die Landschaft am Hang erlebbar. Wenn die Sonne die fixen Lamellen über dem Wärmeschutzglas in flirrende Schattenstreifen am Beton verwandelt, erinnert die Mauer an abstrakte Kunst. „Das Stiegenhaus war eine Möglichkeit, im Innenraum darzustellen, wie sich der Hang dem Gebäude nähert“, so Steinmayr. Brücken im Luftraum unter dem Oberlicht verbinden die Treppe mit dem breiten Flur, an dem sich die Klassen aneinanderreihen. Ihre gangseitigen Wände sind aus heller Birke, ein Oberlichtband lässt die Sonne auch vom Gang in die Klassen fallen, die sich zum Teil fast raumhoch verglast nach Südosten öffnen. „Es ist voll fein, dass wir die Dachterrasse haben“, sagt Ludina Eberle. Ihre Kollegin Ronja Hilbe schätzt am Neubau, dass er so hell ist und „dass man die Fenster aufmachen kann.“ Insgesamt ist der Trakt als erster Bauabschnitt zu sehen – er ließe sich in zwei Baustufen sowohl nach Südwesten als auch nach Nordosten erweitern: Die Planung für das Gesamtprojekt ist genehmigt, die Weichen sind gestellt.

Die gangseitigen Wände der Klassen sind aus heller Birke.
Mit dem Licht der Jahreszeiten verändert sich auch die Atmosphäre im Gang.
Großflächige Fenster, die sich nach Südosten zu Sonne und Aussicht öffnen, machen die Klassen freundlich und hell.
Die Dachterrasse des Sonderklassentrakts liegt an Frischluft und Aussicht und wird das ganze Jahr über begeistert genutzt.

Daten & Fakten

Objekt Neubau Sonderklassentrakt, Institut St. Josef, Feldkirch

Eigentümer Kongregation der Kreuzschwestern, Hall in Tirol
Schulträgerverein der Kreuzschwestern, Feldkirch

Architektur Richard Dünser, Erich G. Steinmayr, Hans Hohenfellner, Feldkirch

Statik M+G Ingenieure (Hochbau), BHM Ingenieure (Tiefbau), beide Feldkirch

Fachplanung Vermessung: Gerhard Lackinger, Feldkirch; Geologie, Bodenmechanik: 3P Geotechnik, Bregenz; Bauphysik: Lothar Künz, Hard; Elektro/Licht: Ludwig Schneider, Egg; Heizung, Klima, Lüftung, Sanitär: Heribert Thoma, Vandans; Fassaden: KuB, Schwarzach; Brandschutz: Werner Köhldorfer, Lochau; örtliche Bauleitung: FF-Bauleitungsbüro, Dornbirn

Planung 12/2010–2/2014

Ausführung 8/2012–9/2014

Überbaute Fläche 816 m²

Nutzflächen 734 m² (Klassen); 509 m² (Erschließung)

Bauweise zweischaliger Sichtbeton mit Kerndämmung; Flachdach teilweise begrünt; Trockenausbau, Klassenwände aus Birkensperrholz; Alufassade, Alufenster und Aluaußentüren; Zementestriche mit Linoleum, Fliesen und Fußbodenheizung; Anbindung an bestehende Heizung

Ausführung Hochbau: Hilti & Jehle, Feldkirch; Tiefbau: Wilhelm & Mayer, Götzis; Glasbaufassade, F+T: Müller, Frastanz; Spengler: Entner, Rankweil; Elektro: Rist & Co, Wolfurt; Heizung, Kühlung, Lüftung, Sanitär: Markus Stolz, Feldkirch; Estrich: Vigl & Strolz, Schoppernau; Böden: Bal, Bregenz; Tischler: Lenz Nenning, Dornbirn; Trockenbau: Bohn, Feldkirch; Schlosser: Markus Kalb, Dornbirn; Fliesen: Fliesenpool, Götzis; Pflaster, Naturstein: Christof Nesensohn, Suldis; Gartenbau: Keckeis, Rankweil