Das neue Sportgymnasium in Dornbirn liegt an einer Kreuzung der stark befahrenen Höchster Straße. Außerdem hat es den massiven Komplex der bestehenden HTL im Rücken, von der es sechs Klassen aufnehmen musste. Das Büro architektur.terminal formulierte den Zubau so aus, dass er im Stadtraum ein Zeichen setzt. Sein Sockel bindet mit einem Brückenbauwerk den Bestand an und schafft beiden Schulen einen Vorplatz. An der Kreuzung stapeln sich Klassen des Sportgymnasiums stolz zum Turm.

Text: Isabella Marboe | Fotos: Karin Nussbaumer

Die Bauaufgabe war mehr als komplex: Das neue Sportgymnasium mit Hartplatz in Dornbirn schließt unmittelbar an den mächtigen Gebäudekomplex der HTL an. Die stammt aus den 1990er-Jahren und brauchte sechs weitere Klassen. Die zwei Schultypen schlüssig zu verbinden und doch dem Neubau seine eigene Identität zu geben, ist schon eine Mammutaufgabe für sich. Dazu kommt ein schwieriger Bauplatz an einer prominenten Kreuzung. Die Höchster Straße im Nordosten ist eine wichtige Verkehrsader. Einen Steinwurf davon befinden sich das Stadion Birkenwiese, der Bahnhof Schoren und dahinter das ORF-Landesstudio. So weit der größere Stadtmaßstab, im kleineren bricht hinter dem Parkplatz an der Kreuzung die bestehende HTL dem Geschmack ihrer Zeit entsprechend um 45° verschwenkt aus dem Straßenraster aus. „Der Umgang mit dem abgerückten HTL-Bau war schwierig“, erklärt Dieter Klammer vom architektur.terminal hackl und klammer. „Man konnte nichts Freistehendes planen, weil an den Bestand anzubinden war. Diese Schule aber ist ein öffentlicher Bau, wir wollten ihr eine Sichtbarkeit im urbanen Raum geben.“

Die Architekten lösten diese Aufgabe souverän. Sie entwickelten einen Baukörper, der die Situation überzeugend klärt. Er bildet beiden Schulen einen gemeinsamen Vorplatz aus und entwickelt zum Stadtraum hin eine starke Präsenz. Die Regelgeschoße mit den Klassen sind am Kopf des Gebäudes zum kompakten, fast quadratischen Grundriss komprimiert und aufeinander- gestapelt. Dadurch tritt das Sportgymnasium an der Kreuzung als signifikanter, fünfgeschoßiger Turm in Erscheinung. Sein durchgehender zweigeschoßiger Sockel aber schafft eine unaufgeregte Verbindung zum Bestand.

„Man konnte nichts Freistehendes planen, weil an den Bestand anzubinden war. Diese Schule ist ein öffentlicher Bau, wir wollten ihr eine Sichtbarkeit im urbanen Raum geben.“

Martin Hackl, Dieter Klammer
Architekten

Er ist an der Nahtstelle zum Neubau konstruktiv als Brückenbauwerk ausgebildet. Auf sechs schlanken Stützen schwebt darüber der erste Stock mit den HTL-Klassen, die so goldrichtig am Übergang zum Bestand liegen. Im Erdgeschoß bildet das Brückengeschoß eine Art gedecktes Freiluftfoyer, wo Jugendliche stehen, plaudern, rauchen und auf Enzis herumlungern. Das Freiluftfoyer geht direkt auf den Campusplatz über, der mit Skulptur und Brunnen auf sich aufmerksam macht.

Fast 310 Schüler und Schülerinnen besuchen das Sportgymnasium mit seinen 13 Klassen, außerdem gibt es an die 40 Lehrer und Lehrerinnen. Man betritt es in seiner offenen, großen Mittelzone. Dieser Ort gemeinschaftlicher Begegnung eignet sich auch gut für Veranstaltungen. Rechts und links docken hier die Küche und der Speisesaal an, im kreuzungsseitigen Bereich sind die Lehrerzimmer. Daneben gibt es einen kleinen Sozialraum mit einer schmalen Veranda. „Wir genießen es sehr, dass wir da einen eigenen Platz gekriegt haben“, sagt Direktor Wolfgang Hinter-egger. „Danke an die Architekten!“ Ein zentraler Luftraum verbindet die Mittelzone optisch und akustisch mit dem ersten Stock, wo sie die Lernlandschaft der HTL bildet.

Die Schule ist ein ,Edelrohling‘,  die Ortbeton-Konstruktion blieb unbehandelt innen wie außen sichtbar. Das gibt dem Gebäude eine große Kraft. „Die Fassade ist zugleich auch die Tragstruktur, man sieht genau, wie die Schule gebaut ist“, sagt Klammer. „Trotz Pandemie haben wir die Kosten gehalten.“ Zwischenwände, Stützen und der zentrale Sanitärkern sind tragend, alle Materialien zeigen sich weitgehend pur als das, was sie sind: Naturfarbene Fensterrahmen aus Aluminium, Türen aus Eichenholz, der Aula genügt ein geschliffener Estrich, die Decken sind mit gelochten Holzplatten verkleidet. Die Akustik sei phänomenal, schwärmt ein Lehrer. Durchgehende Glasbänder ziehen sich gleichsam von Kopf bis Fuß rund um das ganze Gebäude. Die Klassenebenen des Sportgymnasiums sind zum fast quadratischen Grundriss von 18 x 19 Metern zusammengefasst. Alle Klassen sind zu den Fensterfronten orientiert, die vier an den Ecken haben sogar von zwei Seiten Licht und Weitblick. Zwischen mittleren und äußersten Klassen sind die schmalen Stiegenhäuser eingeschoben, der Sanitärkern liegt am Übergang von Erschließung und Lernlandschaft. Diese zieht sich als gemeinsamer Freiraum bis zur Glasfassade vor: luftig, hell und bei allen beliebt.

Daten & Fakten

Objekt: Neubau Oberstufenrealgymnasium für Leistungsport und Erweiterug HTL, Dornbirn

Bauherr: BIG, Bundesimmobilien GmbH

Architektur: architekturterminal hackl und klammer, Röthis, www.architekturterminal.at

Statik:  gbd ZT GmbH Dornbirn, www.gbd.group

Planungsdaten: Wettbewerb: 2020, Planungsbeginn: Sommer 2020, Baubeginn: 2021, Fertigstellung: 2023

Objektdaten: Nutzfläche 4310 m², Geschoßfläche 5000 m²

Ausführende: Bauphysik: Hafner Weithas Bauphysik GmbH, Lauterach; Haustechnikplanung: innotech Netzergroup GmbH, Feldkirch; Infrastrukturplanung: Breuß Mähr Bauingenieure GmbH, Koblach; Signaletik: Weber Mathis OG, Dornbirn; Baumeister: Jägerbau Bludenz, Fenster: Manahl Bludenz u. v. m.

Technische Daten: Energiekennwert: 25 kWh/m²/a

Kosten: ca. 12 Mill. Euro