Vor 25 Jahren bezogen die Bauherren ihre Maisonette im ikonischen Wohnbau „Eulentobel“
von Baumschlager Eberle. Ihre Ansprüche hatten sich verändert. Mit viel Respekt vor dem Bestand
erweiterte Architektin Simone Burtscher die obere Wohnebene. Täfer aus Weißtanne schafft eine warme Atmosphäre,
Glas trennt das Wohnen akustisch von der Küche mit dem zentralen Herdblock. Ihre Erweiterung um einen Essplatz
darf sich auf die Dachterrasse ausbreiten. Auch diese profitiert von der Zonierung.

Autorin: Isabella Marboe | Fotos: Petra Rainer

Der „Eulentobel“ in Wolfurt ist eine ikonische Wohnanlage der Architekten Baumschlager Eberle. Sie wurde zwischen 1993 und 1995 für zehn Familien errichtet. Längst ist sie eine Pilgerstätte für Architekturstudierende und -interessierte, längst verschwindet ihre vergraute Lärchenholzfassade im umgebenden Grün. Die Anlage liegt auf einem Hanggrundstück mit einem mächtigen Baum, das von Norden nach Süden abfällt. Sie besteht aus zwei Häusern: das untere ist ein schlanker, abgetreppter Riegel, das obere ein kompakterer Block. Die Eingänge liegen im Osten, alle Wohnungen sind durchgesteckt, im Erdgeschoß lebt man auf einer Ebene mit Garten. Die Maisonetten machen sich das Flachdach der darunterliegenden Wohnung als Terrasse zunutze. Sobald jemand etwas baulich verändert, müssen alle einverstanden sein.

Die Bauherren leben in einer Maisonette mit Dachterrasse im Süden. Unten sind Schlaf-, Kinderzimmer, Sauna und Bad, eine angewendelte Treppe führt in den loftartigen Einraum darüber. Er öffnet sich vollverglast über die gesamte Wohnungsbreite – 10,5 Meter – zu einer riesigen Terrasse. Sie ist fast 13,50 Meter lang. Die Stiege in der Mitte teilt dieses Quasi-Loft in Wohnen und Kochen, bauliche Trennung gab es keine. Seit 25 Jahren litt die Bauherrin darunter. „Ich bin sehr, sehr geräuschempfindlich“, gibt sie zu. „Hier war der größte Lärmpegel“. Von unten die Kinder, von gegenüber die Musik, die der Bauherr hörte. Außerdem ließ die Südverglasung mit dem schicken, schmalen Vordach viel zu viel Licht herein. „Das erste Mal, als ich sie traf, hatte sie eine Sonnenbrille auf“, erinnert sich Simone Burtscher vom Büro querschnitt. Dabei blieb es nicht: Die Bauherrin trug ständig Sonnenbrille.

„Ich hatte und habe großen Respekt
vor der Qualität dieser Wohnanlage.
Ihren Rhythmus habe ich aufgenommen.
An die Patina der Lärchenlatten konnte man nicht anknüpfen,
es musste ein anderes Material sein.“

Simone Burtscher
Architektin

„Ich hatte großen Respekt vor dieser Wohnanlage, sie hat so eine hohe Qualität“, sagt die Architektin. „Es gibt hier einen bestimmten Rhythmus, den ich aufgenommen habe.“ Der Zubau ist als neue Zeitschicht erkennbar, ohne den Gesamteindruck zu stören. „Die Patina der Lärchenlatten konnte man nicht weiterstricken, es musste ein anderes Material sein.“ Burtscher entschied sich für das Titan-Zinkblech der Windfänge im Erdgeschoß. Die Bauherrin schickte den Entwurf an Prof. Dietmar Eberle. Der beglückwünschte zur Dachterrassengestaltung, empfahl, die „volumetrische Eigenständigkeit“ des Zubaus zu betonen und wünschte viel Freude.

Der vormals rechteckige Grundriss ist nun L-förmig, der Küche wurde ihre Fläche gleichermaßen auf der Terrasse noch einmal zugeschlagen. Sie ist jetzt ein großzügiger, länglicher Raum, den die Architektin mit einem Interieur vom Feinsten einkleidete. Ihr neues Herz ist ein quadratischer Herdblock aus warmgewalztem Edelstahl als Art zeitgenössischer Feuerstelle. 2,2 Meter lang und 1,65 Meter breit, ist er so groß, dass hier mehrere Menschen zusammen kochen, einen Aperitiv nehmen, Kaffee trinken, jausnen oder plaudern können. „Sieben Frauen haben hier schon gemeinsam Gemüse geschnipselt. Jede hat ihren Platz gefunden, alle redeten gleichzeitig und fühlten sich wohl“, schwärmt sie. Die Wände sind als Partitur maßgeschneiderter Küchenkästen- und regale hinter hellem Täfer aus Weißtanne gestaltet. Sie zieht sich weiter die Wand entlang und dann als Brüstung um den Essplatz, am Boden liegt weiß lasierte Eiche. Hier sitzt man wie auf einer Veranda in der Pflanzenwelt der Terrasse.

Der Wohnbereich im Westen, wo der Bauherr so gern Platten hört, ist mit Schallschutzglas abgetrennt, aber gleichfalls mit lasierter Eiche und Regalen aus Weißtanne gestaltet. So besteht eine visuelle Verbindung – ohne Störgeräusche. Will man sich einkapseln, lässt sich die Wand zur Gänze mit Vorhängen schließen. Auch die Treppe wurde weicher, ihr Antritt ist geschwungen, ihr Luftraum auch, ihre Brüstung aus lackiertem Stahlblech. Der Umbau bedurfte der Zustimmung aller anderen neun Familien.

Ängste bezüglich Trittschallschutz und Rissen in der Tiefgarage erwiesen sich als unbegründet. „Es ist ein völlig anderer Raum. Er hat eine sehr warme Atmosphäre, man sitzt gut, angenehm und lange.“ Auch die Terrasse ist nun um viele unterschiedliche Zonen und Blickbezüge reicher. „Wir sind nun 25 Jahre da und haben nie gesehen, was für eine tolle Aussicht wir haben“, so die Bauherrin. Die Hausbewohnerschaft war schon hier zu Gast. Alle sind begeistert.

Eine Baukulturgeschichte von
vai Vorarlberger Architektur Institut
Das vai ist die Plattform für Architektur, Raum und Gestaltung in Vorarlberg. Neben Ausstellungen und Veranstaltungen bietet das vai monatlich öffentliche Führungen zu privaten, kommunalen und gewerblichen Bauten. Mehr unter Architektur vor Ort auf www.v-a-i.at

Daten & Fakten

Objekt Zubau Terrassenhaus Eulentobel, Wolfurt
Bauherrin privat
Architektur Simone Burtscher; querschnitt architekten zt, Wolfurt; www.querschnitt.cc
Statik Andreas Gaisberger, Dornbirn; www.zt-gaisberger.at
Fachplanung Bauphysik: Bernhard Weithas, Lauterach
Planung 08/2018 – 03/2020
Ausführung 03/2020- 07/2020
Grundstücksgröße 1818 m²
Nutzfläche Erweiterung um 20 m² und eine überdachte Terrasse
Bauweise Holzbau; für die Umsetzung des Zubaus auf der Dachterrasse wurde ein Vordach abgebrochen. Die Erweiterung übernimmt die bestehende Attikahöhe. Die Holzfassade bleibt unverändert, neue Wandflächen in Titanzink.
Ausführung Holzbau: Werner Flatz, Alberschwende; Spengler: Bejos, Dornbirn; Heizung, Sanitär: Bernd Langer, Wolfurt; Elektro: Thomas Hopfner, Wolfurt; Fenster: Andreas Böhler, Wolfurt