Die Gründe, dass es in der Bregenzer Maurachgasse kulinarisch ausgezaubert hat, sind vielfältig. Die sensible Verwandlung eines auf das Jahr 1300 zurückgehenden Hauses durch Dietmar Eberle in ein urbanes Kleinod war aber jede Mühe wert.

Autorin: Edith Schlocker | Fotos: Darko Todorovic

„Susis Zauberei“ in der Bregenzer Maurachgasse war nicht der erste Ort, an dem Susanne Füssinger-Witschuinig „gezaubert“ hat und er wird auch nicht der letzte sein. Auch wenn es sich hier aus den unterschiedlichsten Gründen nach sehr kurzer Zeit wieder „ausgezaubert“ hat. Die Konkurrenz an Lokalen mit speziellen Konzepten sei groß, der fehlende Gastgarten drücke besonders in den sommerlichen Monaten die Besucherfrequenz, es gäbe aber auch einige hausgemachte funktionelle Probleme für einen Gastronomiebetrieb, aber letztlich sei Bregenz für ein rein vegetarisches bzw. veganes Lokal vielleicht einfach noch nicht reif, vermutet Susanne Füssinger. Sie sei in den vergangenen sechs Jahren mit ihrem gastronomischen Konzept allerdings viel zu weit gekommen, um aufzugeben. Was heißt, dass es ein Restaurant im Moment zwar nicht mehr geben, das Catering aber weiterlaufen wird.

Wobei es nicht zuletzt wegen der schönen äußeren Hülle schade um „Susis Zauberei“ ist. Eingerichtet in einem auf das Jahr 1300 zurückgehenden, immer wieder umgebauten und unter Ensembleschutz stehenden Haus, das vor dem Kauf und Umbau durch Dietmar Eberle viele Jahre komplett leer gestanden und zunehmend verfallen ist, nachdem eine Bäckerei ihren Standort in ihm aufgegeben hatte. „Man kann sich heute gar nicht mehr vorstellen, wie es hier ausgeschaut hat“, sagt Architekt Andreas Stickel, der für Dietmar Eberle die Bauleitung übernommen hatte. Das alte Gemäuer wurde fast komplett ausgehöhlt, außer den Deckenbalken, die auf Wunsch des Denkmalamts erhalten werden mussten.

Neben dem Haus Maurachgasse 20 klafft eine Baulücke. Schon sehr lange, wie der große Baum beweist, der hier wächst ohne die eigenartige Dachform des ins frühe 14. Jahrhundert zurückgehenden Hauses zu verdecken.
„Susis Zauberei“ ist Vergangenheit. Ob und wann ein neues Lokal hier einziehen wird, steht derzeit noch in den Sternen.
Die Attika des Hauses schwingt unter dem neuen, mit Biberschwanzziegeln gedeckten Giebeldach reizvoll aus. Die Sprossenfenster sind tief in die weiß verputzte Fassade eingesetzt.

Das Lokal, das bis vor Kurzem „Susis Zauberei“ war und auch weiterhin gastronomisch genutzt werden soll, nimmt praktisch das gesamte Erdgeschoß ein. Ausgebreitet auf zwei unterschiedlichen, durch wenige Stufen verbundene Niveaus, getrennt durch eine offene, ganz in Weiß und Edelstahl gehaltene Küche, in der die Köche und Köchinnen beobachtet von den Gästen ihre Arbeit tun. Der Boden ist ein geschliffener Estrich, die Wände sind mit Kalk verputzt, das Fenster, durch das sich das Lokal neben dem in die Kubatur schützend hineingezogenen Eingang zur Maurachgasse öffnet, ist riesig und von weiß geölter Eiche umrahmt. Zu so etwas wie einem ganz selbstverständlich daherkommenden Gesamtkunstwerk wird das Lokal, in dem auch die hölzernen Tische, an denen zwei bis 15 Gäste Platz finden, genauso wie die mit grauem oder rotem Filz gepolsterten Stühle und langen Bänke von Dietmar Eberle entworfen sind. Die WCs sind komplett weiß, formal schnörkellos pur. Farbe sollen laut Architekt die Menschen in das Lokal bringen.

Dietmar Eberle gehört nicht nur das Haus Maurachgasse 20, sein Umbau inklusive seiner Einrichtung trägt auch seine klare architektonische Handschrift.
„Man kann es sich heute kaum mehr vorstellen,
wie das Haus vor seinem Umbau ausgeschaut hat.“

Andreas Stickel, Bauleiter und Architekt

Betreten wird das Gastronomielokal durch den in den Baukörper hineingezogenen geschützten Eingang durch eine massive Eichentüre. Aus Eiche sind auch die ganz großen wie winzigen Tische, die Stühle und Bänke gemacht.

Die Obergeschoße des Hauses werden durch ein neues Stiegenhaus erschlossen, das mit riesigem Aufwand in das alte Gemäuer implantiert worden ist. Einige der aus der Zeit um 1300 stammenden Mauern wurden in das Gesamtkonzept einbezogen genauso wie Teile des alten Steinbodens. Auf der neuen Stiege, die nicht zuletzt wegen ihres Geländers aus Schwarzstahl wie eine riesigen Skulptur daherkommt, liegen wie in allen öffentlichen Bereichen große, fein gemaserte braun-graue Steinplatten, effektvoll belichtet durch vertikal in die Wand eingelassene LED-Schienen.

Markantes Trennelement zwischen dem vorderen und hinteren Gastzimmer ist die offene Küche, dazu da, um vor den Augen der Gäste deren Essen zuzubereiten.
Erschlossen werden die Obergeschoße durch eine neue Stiege, die mit großem Aufwand in das alte Haus eingebaut wurde und durch ihr massives Geländer aus Schwarzstahl fast wie eine Skulptur daherkommt.

Die im ersten Obergeschoß eingerichtete Wohnung ist genauso wie die darüber großzügig offen konzipiert und verfügt rückseitig über eine schöne holzbeplankte Terrasse, die wesentlich kleinere ganz oben ist bis unter den Dachstuhl offen. Der komplett neu gemacht und stilgerecht mit Biberschwanzziegeln gedeckt ist.

Dominiert wird die zur Maurachgasse hin durch eine unter dem Giebeldach reizvoll ausschwingende Attika abgeschlossene Hauptfassade durch tief innen sitzende Fenster, die im Gegensatz zu den fast raumhohen im Erdgeschoß in den oberen Stockwerken relativ klein sind und Fensterbretter aus Kupfer haben.

Susi Füssinger-Witschuinig hat in der Maurachgasse „ausgezaubert“, ihrem Metier wird sie aber weiterhin treu bleiben.
Jedes Detail ist stimmig: Angefangen mit dem Filz in dezenten Farben, mit dem die Lehnen der Stühle bezogen sind, über die Lampen bis zu den Bildern an den weiß gekalkten Wänden.

Daten & Fakten

Objekt Maurachgasse 20, Bregenz

Bauherr Dietmar Eberle

Architektur Dietmar Eberle