„Stadträume als urbane Wohnzimmer und Lebensräume zurückzugewinnen
und Sichtbeziehungen zu stärken“, mit diesem Ziel sind die
Architekten Armellini-Wimmer angetreten, um der Bregenzer Innenstadt
ein neues Gesicht zu geben. Die Quartiersentwicklung im Zentrum von Bregenz
umfasst sieben Straßenzüge, die von einem aufgeweiteten
Straßen- und Stadtraum, dem Bregenzer Leutbühel, ausgehen.

Text: Klaus Feldkircher | Fotos: Angela Lamprecht

Vor 2018 wurde der Verkehr in der Rathaus-, Anton-Schneider-, Kirch-, Römerstraße und in der Maurachgasse teilweise beidseitig geführt, sodass der Suchverkehr nach den wenigen Parkplätzen die Stadträume der Innenstadt beeinträchtigte. Im Zuge der Stadtentwicklung galt es also, den Individualverkehr aus der Stadt zu bringen und „Lebensräume zurückzugewinnen sowie Sichtbeziehungen zu stärken“, so Architekt Peter Wimmer. Die über das Quartier verteilten Parkplätze wurden entfernt und auf die vorhandenen konzentriert. Durch die Verkehrsberuhigung entstanden so Begegnungszonen mit konsumationsfreien Aufenthaltsmöglichkeiten sowie zahlreiche Gastgärten, die eine neue Aufenthaltsqualität brachten.

Die vorhandenen Brunnen wurden am Leutbühel, in der Maurachgasse und in der Kirchstraße saniert und in die Sichtachsen versetzt. Ein neuer Brunnen wurde in der Anton-Schneider-Straße bei der ehemaligen Nationalbank errichtet. Eine Statue des Bildhauers Herbert Albrecht wurde vom früher erhöhten Sockel in die Einfassung des neuen Brunnens integriert, der dadurch näher in das Sichtfeld der Passanten rückt.Im oberen Teil der Maurachgasse, dem Siegi-Gasser-Platz, wurde durch einen Überlauf beim Brunnen ein kleines Rinnsal geschaffen, das Kindern als Spiel- und Tummelplatz dient.

„Wir sollten nicht alles gleichmachen, nicht alles uniformieren,
nicht alles durchdesignen.
Wir sollten Lebensräume schaffen, die robust sind,
die zur Begegnung einladen, die Lebensfreude vermitteln.“

DI Bernhard Fink
Stadt Bregenz

Pflaster oder gelber Asphalt?
„Der gelbe Belag ist in den letzten Jahren zu einem Teil der Corporate Identity der Stadt geworden“, meint Architektin Ute Wimmer-Armellini. Deshalb war es für die Planenden logisch, ihn als Wiedererkennungsmerkmal in der Innenstadt zu verwenden. In der Maurachgasse und der Anton-Schneider-Straße wurde das ursprüngliche Natursteinpflaster belassen. „So schaffen wir Abwechslung im Erscheinungsbild der Stadt, denn wir sollten nicht alles uniformieren, sondern Lebensräume schaffen, die robust sind, die Lebensfreude vermitteln“, so DI Bernhard Fink, Stadt Bregenz. In der Mitte der Straßen wurde ein etwa ein Meter breiter Streifen aus gesägten Natursteinplatten verlegt, um Barrierefreiheit zu gewährleisten. „Dieses Element haben wir vom Stadtsteig, der in die Oberstadt führt, aufgenommen und weitergeführt“, so die Architekten.

Leutbühel, Herz der Stadt
Der Brunnen auf dem Leutbühel wurde um zehn Meter nach vorne in die Sichtachse versetzt. So entstand eine größere Nutzfläche, zudem ist jetzt eine ungehinderte Feuerwehrzufahrt möglich. Vor dem Einkaufszentrum GWL wurde ein Baumhain mit zehn Bäumen in einem Kiesbett gepflanzt. Sitzmöbel schaffen einen konsumationsfreien Raum, sich zu unterhalten oder einfach zu relaxen. Ein weiteres Element, das diesen Bereich in ein neues Licht rückt, sind die Arkaden des GWL entlang der Römerstraße. Sie wurden nach außen verlängert, die Terrasse der Gastronomie aus dem ersten Stock vergrößert. Die Begrenzung durch das Glasgeländer macht die Betonfassade leichter und erlaubt einen besseren Einblick in das Herz der Stadt. Die Unterseiten der Arkaden wurden mit goldfarbenem Blech belegt und spiegeln den gelben Bodenbelag. Zusätzlich wurden eine Bushaltestelle mit abgesenkter Fahrbahn sowie zusätzliche Fahrradabstellplätze geschaffen.

Rathausstraße für Begegnung
Auch die Rathausstraße erfuhr eine wesentliche Veränderung. Sie wurde ebenfalls zur Fußgängerzone. Im Zuge dessen wurde der Trauungsaal ins erste Obergeschoß verlegt, das Bürgerservice wanderte von der Belruptstraße ins Erdgeschoß des Rathauses. In der Folge erhielt das Amtsgebäude einen Vorplatz aus Naturstein, der von Farbasphalt umgeben ist. Weiters wurde dieser Bereich mit drei elliptischen Sitzmöbeln aus Beton und Holz möbliert und bietet Raum für kleine Feiern wie Agapen. Durch die Geometrie des Straßenzuges bleibt das Sichtfenster Leutbühel zum See erhalten. Zu guter Letzt wurde auch die Bergmannstraße zur Begegnungszone, die im Herbst mit Bäumen begrünt wird.

Objekt Quartiersentwicklung Leutbühel, Bregenz
Bauherr Landeshauptstadt Bregenz, Vorarlberg, vertreten durch Dr. DI Bernhard Fink
Architektur Architekten Wimmer-Armellini, Bregenz, www.wimmer-armellini.at
Fachplanung Statik Arkade: DI Erich Huster, Hämmerle-Huster, Bregenz; Bauleitungen Landeshauptstadt Bregenz: Bauabschnitt 1: Stefan Carotta; Bauleitung Bauabschnitt 2-3: Matthias Bozic; Bepflanzung: Jürgen Kiesenebner, Stadtgärtnerei Bregenz; Entwässerung: Rudhardt | Gasser | Pfefferkorn ZT, Bregenz
Planung 05/2016 (Wettbewerb)–01/2023
Ausführung 2018–2023
Flächen 14.553 m²
Stadtmöblierung Bäume, Sitzbänke, Fahrradbügel, Mopedparkplätze, Brunnen, Gastgärten, Zonen für Märkte und Events
Oberflächen Arkade: Stahlbau mit Verkleidung; Boden: Farbasphalt, Pflaster mit Sickerfuge, Kiesflächen; Streifen aus gesägten Natursteinplatten für Barrierefreiheit
Ausführung Stahlbau: Geiger, Nenzing; Baumeister: Rhomberg Bau, Bregenz und Hilti & Jehle, Feldkirch; Schlosser: Bauhof Bregenz; Bepflanzung: Stadtgärtnerei Bregenz