Im Sinn einer „neuen Tradition“ wollen Dietrich | Untertrifaller Architekten ihre Verwandlung des Tannahofs in Au verstanden wissen. Den sie einerseits rückgebaut und andererseits mit modernen Zubauten bestückt haben.

Autorin: Edith Schlocker | Fotos: Petra Rainer

Der rund 150 Jahre alte Tannahof in Au war bis in die 1950er-Jahre mit seinem mächtigen Satteldach, seinen durchgehenden Fensterbändern und seiner Holzverschindelung ein typisches Wälderhaus. Bis es von einem Bauernhaus in ein Hotel verwandelt wurde inklusive eines architektonisch nicht wirklich geglückten seitlichen Zubaus. Juliane Moosbrugger-Jourdain, die 1991 den elterlichen Tannahof übernommen hat, wurde in den letzten Jahren immer mehr klar, dass – um mit der Konkurrenz in der Region mithalten zu können – baulich und infrastrukturell etwas geschehen musste. Nachdem die zweite Option, den Gastbetrieb aufzugeben, von ihr und ihrem aus Frankreich stammenden kochenden Mann sowie ihren drei Kindern bald verworfen worden war.

Mit dem Umbau beauftragt wurde das Bregenzer Büro Dietrich | Untertrifaller Architekten mit Felix Kruck als Projektleiter. Nach kurzer Planungsphase wurde im Sommer 2016 mit dem Bauen begonnen, aufgesperrt wurde bereits zu Weihnachten. Trotz radikaler Eingriffe in die bestehende Substanz. Der Zubau wurde abgerissen, genauso wie der an das Haupthaus rückwärtig angebaute Stadel. Bevor der durch mancherlei Behübschungen seines authentischen Charmes beraubte Tannahof liebevoll von Handwerkern von vor Ort wieder in das ursprüngliche Bauernhaus zurückverwandelt wurde. Im Sinn einer „neuen Tradition“, ohne ins Nostalgische abzudriften.

Anhand von alten Fotografien wurden die originalen, in sechs Felder geteilten Holzfenster mit ihren feststehenden Mittelpfosten nachgebaut und mit Läden versehen, die eine stimmige Neuinterpretation der alten darstellen. Die über jedem Stockwerk elegant – letztlich als Wetterschutz – leicht ausschwingenden Fassaden wurden mit Weißtanne geschindelt. Das Innere des bestehenden Vorderhauses blieb – vorerst – unverändert, die Gästezimmer genauso wie die schönen alten Stuben.

Der zurückgebaute alte Tannahof und der statt des Stadels rückseitig angedockte neue Bettentrakt haben ein gemeinsames Satteldach. Während sich das Bestandsgebäude nur durch Fenster öffnet, sind dem Neubau große Balkone vorgesetzt.
Zwischen Alt- und Neubau wurde der Tannahof im rechten Winkel durch einen eingeschoßigen Zubau mit Flachdach erweitert. Die Rückwand ist bis auf einen Fensterschlitz geschlossen, der Rest gläsern aufgelöst.

Die Lage des Tannahofs etwas außerhalb von Au am Fuß der mächtigen Kanisfluh ist einzigartig. Das Panorama ist einer der Gründe, warum die Gäste hier im Sommer wie im Winter gern urlauben. Um das Außen ein Stück weit ins Innere zu bringen, wurden das Haupthaus und das neue Hinterhaus durch eine komplett verglaste Fuge verbunden. Sie bringt nicht nur Licht in das hier untergebrachte, mit reizvollen Inseln zum Schauen und Rasten durchsetzte Stiegenhaus samt Lift, sondern gleicht auch die Niveauunterschiede aus, die sich zwangsweise durch die unterschiedlichen Geschoßhöhen von nur 2,10 Metern im Altbau und 2,70 Metern im Neubau ergeben. Vier Doppelzimmer und zwei geräumige Suiten sind in dem hölzernen Zubau untergebracht sowie unter dem Dach eine großzügig dimensionierte Gästewohnung. Zu jeder Einheit gehört ein raumbreiter gedeckter Balkon. Die Türen sind raumhoch und wie die Fenster, die von Dietrich | Untertrifaller Architekten gezeichneten Einbauten und die massiven Decken aus Weißtanne getischlert. Ganz unten ist der wohltuend minimalistisch gestaltete Wellnessbereich des Tannahof samt geschütztem, bekiestem Außenbereich eingerichtet.

„Nicht nur wir, auch unsere Gäste sind von der neuen Architektur begeistert.“

Juliane Moosbrugger-Jourdain
Wirtin

Der 150 Jahre alte Tannahof wurde in seinen Urzustand zurückgebaut. Das betrifft die Fenster mit ihrer charakteristischen Teilung genauso wie die hölzernen Läden und die Schindeln aus Weißtanne.
Wohnzimmeratmosphäre dominiert die neue Lounge des Tannahofs. Holz ist hier das dominierende Material, die Sitzmöbel sind bunt gepolstert.
Unverändert blieben die schönen alten Stuben des rund 150 Jahre alten Tannahofs. Die Raumhöhe beträgt hier nur 2,10 Meter gegen- über 2,70 Metern im neuen Teil.
Jedes der neuen Zimmer hat einen großzügig dimensionierten, überdachten Balkon. Die Möblierung ist schnörkellos klar, das dominierende Material ist Holz.

Weiter geradeaus geht es zu einer Einliegerwohnung. Ihre Fenster und ihr Eingang sind zur nordöstlichen Schmalseite des Quaders orientiert, sodass ihre Bewohner sie vollkommen unabhängig und von der Familie unbemerkbar benutzen können. Neben ihr führt eine Holztreppe in den zweiten Stock, der aus einem Büroraum besteht, knapp ein Fünftel so groß wie das Erdgeschoß. Er kann der Einliegerwohnung zugeschlagen werden oder unabhängig benutzt werden. Steht man vor der Eingangsseite des Hauses, ist der aufgesetzte Raum kaum zu sehen, da er ganz an die Gartenseite gerückt ist. Er wendet dem Garten seinen Rücken zu und ist, wie der Essbereich, zur Straßenseite offen, aber blickgeschützt. Überhaupt die Blickrichtungen. cukrowicz nachbaur architekten haben ein Meisterstück an Diskretion geschaffen, indem sie jeder funktionalen Einheit eine eigene Aus- und Einsicht zugeordnet haben. Beim Innenhof, wo sich viele Blicke treffen, kann das Schlafzimmer durch Gardinen aus dichtem Wollgewebe beschirmt werden.

Die zwischen Alt- und Neubau geschobene gläserne Fuge bringt nicht nur viel Licht ins Innere, sondern ermöglicht auch reizvolle Durchblicke in sämtliche Richtungen.
Das Stiegenhaus gleicht raffiniert die Niveauunterschiede zwischen Bestandsgebäude und Zubau aus.
Ganz unten im neuen Zimmertrakt ist der neue Wellnessbereich des Tannahofs eingerichtet. Er ist funktionell klar und verfügt über einen angenehm geschützten Außenbereich.

Der private Bereich beginnt hinter der offenen Küche und dem Esstisch. Ein großes Ecksofa lädt zum Rückzug ein, eine raumhohe Holztür, wunderbar leichtgängig, führt in die Kinderzimmer, weitere ins große Badezimmer und in das Elternschlafzimmer. Super, sagt der Hausherr, der Tischlermeister ist und den ganzen Innenausbau gemacht hat. Ich kann mit den Kindern auf den Schultern durchgehen. Seine Handschrift ist auch bei den Möbeln zu erkennen und bei den beheizten, porenoffenen Holzfussböden. Auf ihnen zu gehen ist ein Genuss, der Kenner streift beim Eingang nicht nur die Schuhe ab, sondern gleich auch die Strümpfe.

Das ganze Haus atmet Natur: Zellstoffdämmung, Wolle, Leinen, teilweise Schilflehmplatten, mit Strohlehm verputzt. Und Holz, Holz, Holz, möglichst massiv. An den Wänden ist es mit Kalk veredelt, dadurch bleibt es kühl und hell. Im Badezimmer steht ein großer Holzzuber, die Holzduschen sind, so wird uns versichert, extrem pflegeleicht, und bei den Waschbecken nehmen wir das vertraute Material an ungewohnter Stelle schon als Selbstverständlichkeit.

Daten & Fakten

Objekt Hotel Tanahof, Au

Eigentümer Juliane und Guy Moosbrugger-Jourdain

Architektur Dietrich | Untertrifaller Architekten ZT, www.dietrich.untertrifaller.com

Projektleitung Felix Kruck

Statik ZTE Leitner, Eric Leitner, www.zte.at

Bauphysik Weithas, Lauterach

Planung 2015

Ausführung 4/2016–12/2016

Grundstücksgröße 1996 m²

Nutzfläche 12 Suiten, 11 Doppelzimmer, 1 Appartement

Bauweise Strickbau Bestand, gedämmt 10 cm; Schindelschirm; Holzständerwände mit Massivholzdielendecke; Holzfaserdämmung; Dacheindeckung aus Faserzement

Ausführung Baumeister: Reich, Au; Zimmerer: Feuerstein, Au; Fenster und Innenausbau: Beer, Au; Elektro: Willi, Andels­buch; Sanitär: Beer, Au; Trockenbau: Fischer, Dornbirn; Holzbö­den: Wäldar Bodenleger, Schwarzenberg; Fliesen: Moosbrugger, Au; Schlosser: Felder, Andelsbuch; Ofen: Anton Beer, Schoppernau; Einrichtung: Schmi­dinger, Schwarzenberg, Pols­terei Mohr, Andelsbuch, Reiter, Rankweil