Eine Idee in drei Varianten
Als schnörkellos klare Solitäre haben Innauer Matt Architekten
die drei Stationsgebäude für die neue Bahn auf den Innsbrucker Patscherkofel
gestellt. Gebaut aus Sichtbeton, der fast wie Stein daherkommt.
Text: Edith Schlocker | Fotos: Adolf Bereuter
Als Franz Klammer am 5. Februar 1976 am Patscherkofel olympisches Abfahrtsgold erraste, war ganz Österreich aus dem Häuschen. Weniger Jubel gab es im Vorfeld des Baus der neuen Bahn auf den Hausberg der Innsbrucker. Der Alpenverein befürchtete, dass die neue Bergstation die Terrasse seines Schutzhauses zukünftig im wahrsten Sinn des Wortes in den Schatten stellen würde und initiierte –allerdings mit wenig Erfolg – eine Bürgerinitiative. Unmut erregte aber besonders die Kostensteigerung für das gesamte Projekt, was in der Folge der damaligen Innsbrucker Bürgermeisterin sogar ihr Amt kosten sollte. In den gut drei Jahren, seit die neue Patscherkofelbahn nun in Betrieb ist, haben sich die Wogen weitgehend geglättet. Haben sich die Skifahrer genauso wie Wanderer mit der leicht veränderten Trassenführung angefreundet, was besonders die nun außerhalb des dörflich strukturierten Innsbrucker Stadtteils Igls liegende neue Talstation betrifft. Während noch immer unklar ist, was mit der alten, weil unter Denkmalschutz stehenden, zukünftig passieren soll. 1928, als die Patscherkofelbahn ihren Betrieb aufnahm, war sie die längste Pendelbahn Österreichs, bestückt mit zwei für je 24 Passagiere ausgelegten holzverkleideten Kabinen, während die neue Einseilumlaufbahn in je nach Jahreszeit 50 bis 70 modernsten 10er-Kabinen nun 2000 Personen pro Stunde in knapp zehn Minuten von der Talstation auf die 956 Meter höher gelegene Bergstation bringt.
Gebaut wurden die Tal-, die Mittel- und Bergstation der neuen Patscherkofelbahn nach den Plänen der Bezauer Innauer Matt Architekten, den Gewinnern des von den Innsbrucker Verkehrsbetrieben ausgeschriebenen baukünstlerischen Wettbewerbs. Die sich als Projektpartner die Innsbrucker ao-architekten mit Michael Felder als Projektleiter mit ins Boot geholt haben. Innauer/Matts Pläne überzeugten die Jury durch die Stringenz, mit der hier eine formale Grundidee dreifach variiert wird. Entwickelt zu je nach Standort und Anforderungsprofil völlig unterschiedlich strukturierten Baukörpern, raffiniert spielend mit Zonen des Offenen und Geschlossenen, mit unterschiedlichen Höhen bzw. kühnen Auskragungen.
„Uns war die technische Anmutung der Stationsgebäude wichtig,
um nicht mit der beeindruckenden Naturkulisse in
Konkurrenz zu treten.“
Markus Innauer
Architekt
Beton fast wie Stein
Dass es sich hier letztlich primär um technische Bauten handelt, sollte die äußere Anmutung der drei Gebäude allein schon durch den Baustoff Beton suggerieren, auch wenn dieser, weil mit einem schwarzen Zusatzstoff versehen und an der Oberfläche leicht gefräst, fast wie ein Stein daherkommt. Partiell strukturiert durch horizontal wie vertikal hölzern verlattete bzw. großflächig verglaste Zonen, durch die die Landschaft sozusagen ins Innere gesogen wird. Wo besonders in den für die Gastronomie reservierten Zonen helles Holz dominiert. Markant konterkariert etwa durch die aus gewachstem Schwarzstahl gemachte Theke im Gastraum der Talstation mit seinen zweierlei Raumhöhen, von dessen Decke unzählige hölzerne Zapfen hängen, zwischen die LED-Schienen verlegt sind. Als reizvolle Variante dieses Restaurantbereichs kommt jener der Bergstation daher, der sich wie der unten raumhoch zu einer riesigen umlaufenden Terrasse öffnet. Mit Ausblicken etwa von der hölzernen Sitzbank aus, die bei guter Sicht schlicht und einfach sensationell sind. Wer es nicht ganz so ausgesetzt mag, kann sich dagegen in intimen Sitzkojen niederlassen, die als Reverenz an den nebenan startenden Zirbenweg aus Zirbenholz getischlert sind. Formal absolut schnörkellos wie alles bei der neuen Patscherkofelbahn, um sich auf diese Weise ganz bewusst von jedem alpinhüttigen Klischee abzugrenzen.
Außer den Räumen, in denen Aufenthaltsqualität eine zentrale Rolle spielt, ist kühle Funktionalität angesagt. In den schwarz verfliesten WCs genauso wie im Kassabereich oder den Umkleiden für die Tourengeher. Jedes Detail ist klug durchdacht, wichtig ist, dass die Abläufe für die Nutzer funktionieren. Das „Herz“ der Seilbahnanlage ist allerdings die Mittelstation. Wo nicht nur in einem geschützten Bereich umgestiegen wird, sondern außerhalb der Betriebszeiten auch die rund 70 Kabinen und Pistengeräte garagiert werden. Und von wo aus nicht zuletzt die gesamte Lifttechnik gesteuert wird.
Eine Baukulturgeschichte von
vai Vorarlberger Architektur Institut
Das vai ist die Plattform für Architektur, Raum und Gestaltung in Vorarlberg. Neben Ausstellungen (jetzt wieder geöffnet) und Veranstaltungen bietet das vai monatlich Führungen zu privaten, kommunalen und gewerblichen Bauten. Mehr auf www.v-a-i.at
Daten & Fakten
Objekt Patscherkofelbahn, Innsbruck-Igls
Eigentümer Stadt Innsbruck
Architektur Innauer Matt Architekten, Bezau
mit ao-architekten, Innsbruck
innauer-matt.com; ao-architekten.com
Bauleitung Die Bauleiter, Innsbruck
Statik Alfred Brunnsteiner, Natters, www.dibral.at
Nutzfläche: 6220 m²
Planung 2015–2018
Ausführung 2016–2018
Bauweise Massivbau mit Innendämmung;
Betonoberfläche schalglatt oder gefräst;
Böden innen: Porphyr oder Esche;
Wände: gehobelte Fichte und geschliffene Zirbe;
Decken: Fichte;
Heizung über Wärmepumpe mit Tiefensonde und elektrisch;
Fenster: Pfosten-Riegel mit Aufdoppelung aus Lärche und Dreifach-Verglasung;
Fassaden-Schirmschalung Lärche;
Dach: Bitumen mit Rundriesel