An Stelle des großelterlichen Stadels in Weiler plante das Architektenehepaar
Gerda und Roland Stemmer vor etwa 14 Jahren ein schönes, schlichtes Haus
mit Satteldach für sich und seine Familie. Dessen Lärchenfassade ist längst schwarz ergraut. Nun ergänzte der Architekt das Familienhaus um ein Gartenhaus am Ende des Grundstücks. Der eingeschoßige Holzbau mit der schwarz gestrichenen
Fassade und dem parabelförmigen Fenster hat Haus, Garten und Pool im Blick,
trotzdem schafft er Raum für eine Auszeit vom Alltag.

Autorin: Isabella Marboe | Fotos: Cornelia Hefel

Vor rund 14 Jahren zog das Architektenehepaar Gerda und Roland Stemmer mit den seinen in das schöne, schlichte Haus in Weiler ein, das er selbst geplant hatte. Früher war hier der Stadel seiner Großeltern gestanden. Die Architektin und der Architekt ersetzten ihn durch ein Haus mit archetypischem Satteldach, das die Kubatur des Stadels einhält. Es ist vom First bis zum Boden mit vertikalen Latten aus unbehandelter Lärche verkleidet, die inzwischen fast rabenschwarz vergraut sind. Bis auf den seitlichen Gartenzugang füllt das Haus die gesamte Schmalseite des Grundstücks aus. Im Norden verläuft die Straße, dort gibt es sich verschlossen. Im Süden aber öffnet sich seine Wohnküche mit hohen Glasschiebetüren zum Garten. Der gesellige, gemeinschaftliche Teil des Familienlebens spielt sich zu ebener Erde und im Freien ab, der erste Stock gehört den zwei Söhnen, unterm Dach liegt das Reich der Eltern. Ein Sohn ist behindert, er braucht viel Betreuung. Wenn er daheim ist, sind die Eltern innerlich ständig auf Abruf.

Zu einem runden Geburtstag in der Lebensmitte dachte Architekt Roland Stemmer über seine innersten Sehnsüchte nach. „Ich wollte einmal zum Ausgleich etwas anderes machen als arbeiten“, sagt er. Er begann wieder zu malen. Doch der Keller, sein provisorisches Atelier, war dafür nur bedingt geeignet. „Ich brauchte einen Rückzugsort zum Malen mit natürlichem, gleichmäßigem Licht.“ Also kam ihm die Idee mit dem Gartenhaus. Für das Wohnhaus ist der Garten die Erweiterung des Inneren ins Freie, das Gartenhaus wiederum ist eine schützende Behausung im Garten. Es bietet Raum für alles, was im Alltag zu kurz kommt. Malen, musizieren, meditieren, ruhig werden.

„Ich wollte einmal zum Ausgleich etwas anderes machen als arbeiten.
Ich brauchte einen Rückzugsort zum Malen mit natürlichem, gleichmäßigem Licht.
Es ist wie ein Sonnenauf- oder Untergang.“

Roland Stemmer
Architekt

Das Gartenhaus ist ein einfacher Quader von 12 Meter Länge, 4,5 Meter Breite und drei Meter Höhe, der in Holzriegelbauweise errichtet wurde. „Es steht genau in der Achse gegenüber unseres echten Hauses.
Beide sind zwölf Meter lang und zueinander parallel“, sagt Stemmer. „Das Gartenhaus schließt den Garten ab.“ Die zwei Häuser kommunizieren miteinander und ergänzen einander perfekt. Jedes gewinnt durch die Existenz des anderen – auch der Garten profitiert. Das Wohnhaus steht an seinem Beginn, das Gartenaus an seinem Ende. Es ist mit einem schönen, parabelförmigen Fensterbogen nach Norden – zum großen Haus hin orientiert. Beide Gebäude blicken einander gleichermaßen an, auch das Gartenhaus hat eine Fassade aus vertikalen Lärchenlatten. Stemmer beschloss, sie schwarz zu streichen – das verdeutlicht die Wesensverwandtschaft der Häuser.

Das Gartenhaus ist bis ins Detail mit größter Sorgfalt geplant und perfekt ausgeführt. Man betritt es auf der Rückseite. Direkt beim Eingang befindet sich eine behindertenfreundliche Sanitär-gruppe mit Klo, Dusche und Bad, der Blick aber fällt sofort in den bergend warmen, hellen Innenraum des Ateliers. Wände und Decke sind mit Weißtanne verkleidet, weich rahmt die Rundung des Fensters den Blick auf Garten und Pool, gleichmäßig fällt das ruhige, sanfte Nordlicht herein. „Diese parabelförmige Geometrie des Fensters erfasst den ganzen Raum“, sagt Stemmer. „Es ist wie ein Sonnenauf- oder Untergang.“ Sein großer Maltisch steht direkt vor dem Fenster, der Boden ist mit hellgrauem Polyurethan beschichtet. „Das kann man gut reinigen, wenn Farben auf den Boden fallen.“ Stemmer ist durchaus pragmatisch. Seine Frau Gerda, ebenfalls praktizierende Architektin, stand dem Gartenhaus zuerst eher skeptisch gegenüber. Inzwischen liebt sie es. „Es ist unser Rückzugsort vom Haus, ich ziehe mich da schon gern zurück.“ Sie nutzt es gern zum Akkordeon-Üben, auch als Yoga-, Meditations-, Arbeits- oder Seminarraum ist es gut denkbar. “Wir sind da viel am Umstellen.”

Das Gartenhaus ist ein kleines Wunderwerk. Hinter der außergewöhnlich leichtgängigen, raumhohen Faltwand zur linken steckt eine kleine, kompakte Küche mit Herd, Mikrowelle und Geschirrspüler. Noch erstaunlicher ist die Schrankwand zur rechten. Hinter ihren Seitentüren stecken Regale und Kästen, in der Mitte lässt sich ein komfortables Doppelbett ausklappen. Inklusive Nachtkästchen. Stemmers Schwiegereltern schätzen das Gartenhaus als Gastwohnung sehr. Meist ziehen sie den Vorhang vor dem Fenster zu. Bei Bedarf kann man das Gartenhaus nämlich komplett abschließen. Dann ist es ein introvertierter, schützender Kokon.

Eine Baukulturgeschichte von
vai Vorarlberger Architektur Institut
Das vai ist die Plattform für Architektur, Raum und Gestaltung in Vorarlberg. Neben Ausstellungen und Veranstaltungen bietet das vai monatlich öffentliche Führungen zu privaten, kommunalen und gewerblichen Bauten. Mehr unter Architektur vor Ort auf www.v-a-i.at

Daten & Fakten

Objekt Gartenhaus Stemmer
Bauherr Gerda und Roland Stemmer
Architektur Architekt DI Roland Stemmer, Götzis, www.stemmerarchitekten.at
Statik DI Erich Huster, Bregenz, www.diestatiker.at
Fachplanung Heizung, Sanitär: Hörburger, Altach; Lichtplanung: XAL, Thaur
Planung 09/2019–04/2020
Ausführung 04/2020–01/2021
Grundstücksgröße 715 m²
Nutzfläche 40 m²
Bauweise Holzständerbauweise mit Gründach
Ausführung Baumeister: Gerhard Böhler, Langen; Holzbau: Kasper Greber, Bezau; Spengler: Heinzle, Koblach; Heizung, Sanitär: Hörburger, Altach; Elektro: Dietmar Andres, Feldkirch; Landschaft: Brunner, Höchst