Die Villa Bachmann wurde fast 90 Jahre von der Familie des Arztes bewohnt, der sie 1927 bei Architekt Wilhelm Fleisch beauftragt hatte. Sie alterte gleichsam in bester häuslicher Pflege. 2013 wurde sie unter Denkmalschutz gestellt. Die neuen Eigentümer ließen sie von Heim+Müller Architekten behutsam sanieren und umbauen. Die ehemalige Ordination wird von zwei Büros genutzt, der Ausbau von Dach und Keller schuf insgesamt fünf Mietwohnungen und dem Haus damit eine Zukunft.

Text: Isabella Marboe | Fotos: Cornelia Hefel

Die Villa Bachmann im Dornbirner Oberdorf ist ein stolzes Haus. Hocherhobenen Hauptes überragt ihr steiles Kreuzgiebeldach die alten Bäume im Garten. Ein massiver Sockel aus Rustikagestein verankert sie fest im Boden, grober Rieselputz ergießt sich über die Fassade, aus der Fenster mit weißen Läden lugen. Die Villa ist ein Paradebeispiel für ein Stadthaus im Heimatstil. Architekt Wilhelm Fleisch hat sie 1927/28 für den Augenarzt Rudolf Bachmann geplant. Er ordinierte im Erdgeschoß, daher gibt es zwei Eingänge: Sechs Stufen schreitet man zum Portal an der Straße, um dessen Türbogen sich ein Kranz aus Rustikagestein windet. Von hier führt eine gewendelte Treppe sieben weitere Stufen hinauf in den Vorraum der einstigen Arztpraxis einen Halbstock über Gartenniveau. Heute sind hier zwei Büros, immer noch wird in der Villa gearbeitet und gewohnt.

Die Arztfamilie lebte darüber auf etwa je 220 m2 im ersten und zweiten Stock, ihr privater Eingang liegt im Garten. Ins südöstliche Hauseck ist eine Veranda eingeschnitten. Mit ihren hohen Rundbögen wirkt sie wie eine Arkade, unter der man witterungsgeschützt auf die Haustür zuschreitet. Die Hauptstiege wirkt sehr privat. Die Stufen und die Brüstung sind aus Vollholz, das sich als Lamperie auch die Wand entlang zieht, der Handlauf ist in einer Linie von unten bis oben geführt, er liegt sehr gut in der Hand, die Stiege beschreitet sich sehr leichtfüßig. Die Familie des ursprünglichen Bauherrn bewohnte die Villa fast 90 Jahre. Vieles blieb original erhalten. 2013 wurde das Haus vom Bundesdenkmalamt unter Schutz gestellt, kurz darauf verkauft. Die neuen Eigentümer, Wood Consulting GD GmbH der Familie Dünser, beauftragten das Dornbirner Büro Heim+Müller Architekten, den Bestand zu sanieren, in mehrere Wohnungen zu unterteilen und so der Zukunft zu erhalten. Architekt Maximilian Zwickel begleitete das Bauvorhaben.

„Die größte Herausforderung war,
möglichst wenig an der Villa
zu verändern und trotzdem fünf Mietwohnungen
sowie den unumgänglichen Lift
unterzubringen.“

Michael Heim
Architekt

„Wir hatten einen intensiven Kontakt mit dem Bundesdenkmalamt“, sagt Michael Heim. „Die größte Herausforderung war, möglichst wenig an der Villa zu verändern und trotzdem fünf Mietwohnungen, sowie den unumgänglichen Lift unterzubringen.“ Die Architekten nutzten Raumpotenzial, das bisher brachgelegen war: Im Halbgeschoß entstand eine passable, kleine Wohnung mit Gartenzugang, außerdem baute man den Dachboden aus. Achtsam wurde der vorhandene Rieselputz gereinigt. „Wenn es nicht sein muss, lassen wir Sili-katputz lieber sein. Diese Villa hat fast hundert Jahre überdauert, nicht jedes Haus muss energieautark oder zum Kraftwerk werden.“ Weniger ist mehr: gedämmt wurde nur dort, wo es Sinn macht. Einige der alten Kastenfenster bekamen Dreifachisolierglas, das originale Fischgrätparkett und die sechseckigen, dunkelroten Steine am Boden blieben erhalten. Selbst einige originale Heizkörper sind hinter den Holzverkleidungen mit den Luftschlitzen zu finden.

Vorder- und Hintereingang wurden mit einem Flur verbunden, der neue Lift in der Mitte erschließt im Erdgeschoß zwei Büros, im ersten und zweiten Stock je zwei, sowie ganz oben unterm Dach eine außerordentlich großzügige Wohnung. Die eindrucksvolle Holzkonstruktion des Kreuzgiebeldachs prägt ihren Charakter. Die Raumhöhe bis zum First beträgt fast sechs Meter, deshalb gibt es hier auch eine Galerie mit Bibliothek. In den Giebel setzten die Architekten ein kleines, rundes Fenster, außerdem schafft eine Gaupe dem Dachgeschoß eine eigene Terrasse.

Auch die anderen Wohnungen haben jede ihren sehr spezifischen, eigenen Reiz. Im zweiten Stock ist noch eine Küche mit den alten Schütten für Kartoffel-, Paniermehl, Grieß, Reis, Suppenteig und allem, was man damals zum Kochen brauchte, origi-nal erhalten. Eine Wohnung im ersten Stock hat eine klassische Veranda mit Schiebetüren in die Wohnküche. „Nicht alle Türen waren noch im Original vorhanden. Um die Einheitlichkeit zu wahren, schienen uns Nachbildungen akzeptabel“, sagt Michael Heim. „Bei der Sanierung waren gute Handwerker(innen) gefragt, das kostete uns und die Bauherren einige schlaflose Nächte.“ Das ist ihnen hoch anzurechnen und lohnte sich vielfach. Der Villa blieb ihre Würde, sie wird weiterhin glücklich bewohnt.

Eine Baukulturgeschichte von
vai Vorarlberger Architektur Institut
Das vai ist die Plattform für Architektur, Raum und Gestaltung in Vorarlberg. Neben Ausstellungen und Veranstaltungen bietet das vai monatlich öffentliche Führungen zu privaten, kommunalen und gewerblichen Bauten. Mehr unter Architektur vor Ort auf www.v-a-i.at

Daten und Fakten

Objekt Villa Bachmann, Dornbirn
Bauherr Wood Consulting GD GmbH, Gebhard Dünser
Architektur heim+müller architektur, Dornbirn
www.heimmuellerpartner.at
Statik Gaisberger zt, Dornbirn, www.zt-gaisberger.at
Fachplanung Bauphysik: DI Günter Meusburger, Schwarzenberg; Heizung, Klima, Lüftung, Sanitär: GMI, Dornbirn; Siedlungswasserbau: Ruthard+Gasser ZT, Bregenz
Planung 03/2015–10/2015
Ausführung 11/2015–7/2017
Grundstück 1290 m²
Nutzfläche 772 m² (zzgl. Keller 120 m²)
Bauweise Naturstein, Mauerwerk, Holztreppe , Bestand, Ergänzung Leichtbauweise; neue Holzbalkendecken; Dach: Biberschwanz zweifach; Holzvordächer mit Putzkehle
Ausführung Baumeister: Hinteregger, Bregenz; Zimmerer: i+R, Lauterach; Fenster: Christian Sternath, Hard; Terrazzo: Markus Albrich; Dornbirn; Heizung/Lüftung: Albrecht Walter, Au; Elektro: Schneider, Schwarzenberg; Fenster, Tischler: Christian Sternath, Hard
Energiekennwert 42,7 kWh/m² im Jahr (HWB)
Baukosten 500.000 Euro