Raumwunder für Rudolf Steiner
Die Erweiterung von Waldorfkindergarten und Rudolf-Steiner Grundschule
in Wien-Mauer war extrem anspruchsvoll. Das kleine Gründerzeithaus
steht unter Ensembleschutz, 50 Prozent davon mussten erhalten bleiben.
Der Umbau der von Dietrich Untertrifaller Architekten und Architekt Andreas Breuss
setzt neue Maßstäbe. Insgesamt 2500 m Lehm vom eigenen Aushub wurde verputzt.
Der neue, abgesenkte Turnsaal mit der aufgesetzten Klassenebene und
dem kunstvoll extrudierten Dach mehrt die Nutzfläche eklatant.
Text: Isabella Marboe | Fotos: Kurt Hörbst
Ein schmuckes, schlichtes Vorstadthaus aus der Gründerzeit, hinter den Bäumen an der Straße eine Reihe schmaler Fenster, große, aber dezente Gaupen. Der Waldorfkindergarten in Wien Mauer wirkt verjüngt und frisch. Der helle Kalkputz an der Fassade strahlt, das Dach ist neu gedeckt. Es trägt zeitlos elegantes Schwarz, etwas voluminöser als vorher, fast wie immer. Dabei wurde massiv ausgebaut.
Im Garten steht ein neuer Turnsaal, allein das eine Kubatur von 15 x 27 x 5,5 Meter, dazu je vier Hort- und normale Klassen, Räume für Sonderunterricht, Eurythmie, die Lehrenden und ein neuer Speisesaal. „Die Kunst bestand darin, etwas sehr Großes sehr klein aussehen zu lassen“, sagt Much Untertrifaller. „Wir mussten fast die fünffache Fläche unterbringen.“ Im Jahr 2014 hatte der Rudolf Steiner Schulverein sechs Architekturbüros zum Wettbewerb geladen, bei dem das Projekt von Much Untetrifaller und Andi Breuss gewann. Letzterer ist ein ausgewiesener Experte für Lehmbau, die Schule wollte im Umgang mit den Ressourcen dieser Erde so innovativ wie Rudolf Steiners Pädagogik.
„Die Kunst bestand darin,
etwas sehr Großes sehr klein aussehen zu lassen.
Wir mussten fast die fünffache Fläche unterbringen.“
Much Untertrifaller
Architekt
Der ursprünglich geplante Neubau scheiterte am Ensembleschutz. Die Straßenfassade und mindestens 50 Prozent des abgenutzten Bestands waren zu erhalten. So blieb Haus bis zur Mittelmauer stehen. Gott sei Dank. Das ist aufgrund der grauen Energie, die der Altbau speichert, wesentlich nachhaltiger. Ihn zu bewahren, entspricht auch der Philosophie der Schule, in der es so stark um Wachstum und Kreisläufe geht, wesentlich mehr.
Die Architekten ordneten Turnsaal und Klassentrakt rückwärtig im rechten Winkel zum Bestand an, gemeinsam bilden sie ein Art L-förmiges, hofartiges Gebäude. „Das Grundstück war ein Geschenk“, sag Untertrifaller. Liebevoll umarmt die erweiterte Schule, die von einem gemeinsamen, extrudierten Dach zusammengefasst wird, den Garten mit dem wunderbaren, alten Baumbestand, der hier immer präsent ist. Der Turnsaal ist nicht im Erdreich vergraben, sondern nur drei Meter abgesenkt. Das bringt auf beiden Längsseiten noch hohe Fensterfronten. Man sieht hinsud in Himmel und Baumkronen. Und umgekehrt auch hinein. Dieser Saal taucht nicht unter, er schafft eine Verbindung. „Das war der Hauptgrund, warum sie den Wettbewerb gewonnen haben“, bemerkt Lothar Trierenberg, der selbst hier zur Schule ging und mit Direktor Sperl der Ansprechpartner der Architekten war.
Die Materialien sind so natürlich wie möglich, synthetische Baustoffe reduziert, Beton wurde nur verwendet, wenn es nötig war. Die ganze Schule ist innen mit unbehandeltem Lehm verputzt. Insgesamt 2500 m2 Fläche. Das schafft ein angenehmes Raumklima und eine gute Akustik. Weil der Lehm vor Ort aus dem eigenen Aushub gefertigt wurde, hat er weder Zertifizierung noch Gewährleistung. „Sowas braucht einen Bauherrn, der sich das traut“, sagt Projektleiter Michael Porath. „Die größte Herausforderung war, dass man es überhaupt geschafft hat, diese Schule zu bauen.“
Man betritt sie nun seitlich, von Westen aus, wo im rechten Winkel zum Bestand der neue Turnsaal andockt, auf dem die Klassen und Räume für den Hort sitzen. Sie sind beidseitig von Laubengängen erschlossen. Der Bestand beherbergt den Kindergarten und die neue Gastroküche, nahtlos schließen jenseits der Mittelmauer der Speisesaal mit seiner Terrasse am Garten, sowie das Foyer an. An der Nahtstelle zum Neubau liegt die gemeinsame Scherenstiege, die von zwei Seiten zugänglich ist. So lässt sich der Turnsaal sehr gut extern erschließen. Den Speisesaal könnte die Schule auch als Lokal betreiben. Dem sehr verschlafenen Bezirk am grünen Rand von Wien täte das sehr gut.
Man betritt sie nun seitlich, von Westen aus, wo im rechten Winkel zum Bestand der neue Turnsaal andockt, auf dem die Klassen und Räume für den Hort sitzen. Sie sind beidseitig von Laubengängen erschlossen. Der Bestand beherbergt den Kindergarten und die neue Gastroküche, nahtlos schließen jenseits der Mittelmauer der Speisesaal mit seiner Terrasse am Garten, sowie das Foyer an. An der Nahtstelle zum Neubau liegt die gemeinsame Scherenstiege, die von zwei Seiten zugänglich ist. So lässt sich der Turnsaal sehr gut extern erschließen. Den Speisesaal könnte die Schule auch als Lokal betreiben. Dem sehr verschlafenen Bezirk am grünen Rand von Wien täte das sehr gut.
Ziel der Waldorf-Pädagogik ist vernetztes Denken. Das Schöne an diesem Umbau ist, dass er das Prinzip auf seine Weise in Architektur umwandelt. Die Erschließung dieser Schule ist wie ein Kreislauf. „Hier endet man nie in einer Sackgasse. Alle Unterrichtsgruppen sind miteinander verbunden“, sagt Much Untertrifaller. Das Dach ist noch einmal eine Sensation: Hier können sich die beiden Klassen auf eine weite Terrasse ausdehnen, im Bestand erzeugen die Verschneidungen von alten und neuen Dachflächen faszinierende Raumgeometrien. Sie muten fast anthroposophisch an. Rudolf Steiner würde sich freuen.
Objekt: Waldorf Schule, Wien-Mauer
Bauherr: Rudolf Steiner Schulverein, Wien-Mauer
Architektur: Dietrich Untertrifaller, Andi Breuss, Wien, www.dtflr.com, www.andibreuss.at
Fachplanung: Massivstatik: Gschwandtl & Lindlbauer ZT GmbH, Wien; Holzstatik: DI Kurt Pock, Klagenfurt; Bauphysik: Dr. Pfeiler GmbH Ziviltechnikergesellschaft, Graz; HKLSE: Immo-Objekttechnik Ges.m.b.H, Wien; Brandschutz: Hoyer Brandschutz GmbH, Wien; Landschaft: Carla Lo Landschaftsarchitektur, Wien
Planung: 2015 – 2024
Ausführung: November 2022 – Mai 2024
Grundstück: 4125m²
Nutzfläche: Bruttogeschoßfläche: 3863m²; Keller: 1187m²
Ausführende: Generalunternehmer: Handler Bau GmbH, Wien; Lehmbau: ProLehm, Fehring
Bauweise: Sanierung und Transformation des Altbestandes; Keller, Stiegenhaus und Decken über Altbestand – Stahlbeton; Neubau Schule Holzbau; Holzkonstruktion: Brettschicht- und Brettsperrholz; Trennwände innen Holzständerwand mit Holzfaserdämmung; Bekleidung Lehmbauplatten; Wärmedämmung Dach Zellulose
Energiekennwert: 28,8 kWh/m² im Jahr (HWB)
Energiekennwert: 15.654.901 Euro (exkl. KG 5 Einrichtung)