Alternative Wohnformen
Laut Statistik Austria sind 18,7 Prozent der Österreicher über 65 Jahre alt. 2008 lebten 17,1 Prozent Senioren in Österreich.
Die ältere Bevölkerungsgruppe wird in der jetzigen Zeit als sehr heterogen, also uneinheitlich und verschiedenartig, wahrgenommen. Das kalendarische Alter ist wenig aussagekräftig. Viele Senioren sind gesund und agil und selbstbewusst. Damit haben sich die Bedürfnisse der Senioren verändert. Während noch vor wenigen Jahrzehnten viele Senioren zu Hause saßen, sind sie heute sehr aktiv. Im Jahr 2010 hat die UN-Generalversammlung eine Arbeitsgruppe zur Stärkung der Menschenrechte älterer Menschen ins Leben gerufen. Ältere Menschen fanden im bestehenden Menschenrechtsschutz kaum Berücksichtigung und sind deshalb in den Fokus gerückt. Viele ältere Menschen möchten in einer Umgebung leben die sowohl sicher als auch ihren persönlichen Präferenzen angepasst werden kann. Die Lebens- und Wohnobjekte, die von einem einheitlichen Typ älteren Menschen ausgehen, sind deshalb wenig erfolgreich. Praktisch und sinnvoll für alle Menschen, egal, welchen Alters, sind ein barrierefreier Zugang zur Wohnung, ein schwellenfreies Wohnumfeld und schwellenlose Zugänge zu Balkon, Bad und Dusche. Intelligente Haustechnik und Assistenzsysteme wie ein Hausnotruf oder ein vernetzter Brandmelder machen das Leben in den eigenen vier Wänden sicherer. Darüber hinaus sollten Wohnungen sehr flexibel gestaltbar sein, ganz nach den Bedürfnissen der Bewohner. In den nächsten Jahrzehnten sollten sich auch die Städte verändern. Für Senioren ist, wie für alle, eine zentrale Anbindung an die Infrastruktur zum Beispiel Einkaufsmöglichkeiten mit Liefermöglichkeit und gute öffentliche Verkehrsmittel, von Vorteil. Grüne Erholungsanlagen sollten so angelegt sein, dass sie problemlos mit Rollstuhl, Kinderwagen und Rollator befahrbar sind. Fürs Wohnen in der zweiten Lebenshälfte wünschen sich viele Senioren alternative Wohnformen. Viele möchten gemeinsam statt einsam leben und auch bei Pflegebedürftigkeit selbstbestimmt leben. Derzeit beschränkt sich das Wohnangebot für Senioren hauptsächlich auf die bekannten Wohnformen: das Wohnen zu Hause mit Pflegedienst, Seniorenheim, betreutes Wohnen oder ein Premium-Wohnen in einer Seniorenresidenz. Alternative Wohnkonzepte wie gemeinschaftliche Wohnprojekte, Altenwohngemeinschaft, Mehrgenerationenwohnen und das Wohnen in Seniorendörfern sind im Entstehen.
Bei Gemeinschafts-Wohnprojekten planen alle zukünftigen Bewohner von Anfang an gemeinsam ihren zukünftigen Wohnraum. Im Verlauf des Planungsprozesses werden die Bedürfnisse, Interessen und Kompetenzen der Projektmitglieder berücksichtigt und mit den Erfordernissen an die Planung und Projektentwicklung abgestimmt. Typisch sind in Wohnprojekten Gemeinschaftsräume wie Werkstätten, Waschkeller, Wellnessraum, Partyraum, Co-Working-Space und Ähnliches.
Obwohl das Leben in einer WG vor allem bei jungen Menschen vorkommt, können sich viele über 60-Jährige diese Wohnform vorstellen. In einer Senioren-Wohngemeinschaft teilen sich ältere Menschen eine Wohnung oder ein Haus, um nicht zu vereinsamen und auch um Geld zu sparen. Immer mehr Senioren können ihren Ruhestand nicht mehr geldsorgenfrei genießen. Durch Minijobs, schlechte Löhne oder Arbeitslosigkeit erhalten vielen Menschen eine kleine Pension, von der es schwierig ist die Lebenskosten zu bestreiten. Meistens ziehen Senioren in eine Alters-WG ein, wenn sie noch rüstig sind. Wenn einer von den Bewohnern zum Pflegefall wird, wird die Versorgung entweder durch einen professionellen Pflegedienst übernommen, oder die Mitbewohner leisten die Pflegearbeit selbst. Entweder kennen sich die Interessenten an einer Alterswohngemeinschaft bereits, oder sie finden sich über spezielle Internetplattformen zusammen.
In Mehrgenerationenwohnanlagen leben Menschen verschiedener Altersgruppen gemeinsam in einer Art Siedlungsgemeinschaft in Wohnblöcken oder eigenen Häusern. Auch in den Mehrgenerationenwohnanlagen gibt es Gemeinschaftsräume oder -orte, die die Kommunikation und den Austausch zwischen den Bewohnern fördern. In diesen Wohnanlagen werden gerne betreutes Wohnen, Kinderbetreuung, oder ein Cafe mitangeboten. Gemeinschaftsabende fördern das Zusammenleben der Bewohner. Die Voraussetzung in einer Siedlung dieser Art zu wohnen, ist der Wunsch in einer Nachbarschaft verschiedener Generationen zu leben. Die einzelnen Generationen sollten gut miteinander auskommen.
Das Leben im Alter ist mit Unsicherheiten behaftet. Schicksalsschläge wie der Verlust des Lebenspartners, Unfälle oder Krankheiten und der Alterungsprozess können dazu führen, dass der gewohnte Alltag allein nicht bewältigt werden kann. Viele Senioren möchten ihren Kindern und Enkeln nicht zur Last fallen, oder es gibt keine engeren Verwandten. Zu groß gewordenen Häuser und unbequeme Etagenwohnungen geben Senioren manchmal gerne auf, um sie gegen ein neues barrierefreies Heim mit behindertengerechter Küche und einem mit Rollstuhl befahrbaren Sanitärbereich einzutauschen. Außerdem wünschen sich viele, dass ärztliche, pflegerische Hilfe und hauswirtschaftliche Unterstützung bei Bedarf ebenfalls rund um die Uhr zur Verfügung stehen. In den USA gibt es die „Sun Cities“. Das sind kleine Gemeinden, die von wohlhabenden Pensionisten bewohnt werden, denen viel Personal vom Wachmann, Gärtner bis zum Arzt zur Verfügung steht. Die Bewohner erhoffen sich dort vor allem soziale Kontakte und kulturelle Angebote, wie im Cluburlaub.