Um das Ortsbild und den fast urbanen Charme
des Mellauer Weilers Tempel zu bewahren, hat Baumeister Jürgen Haller
anstelle eines alten Bauernhauses zwei Neubauten errichtet.
Eines davon gleicht dem Vorgängerbau wie ein rundumerneuerter Klon. .

Autorin: Edith Schlocker | Fotos: Albrecht Imanuel Schnabel

Mit einem Tempel im engeren Sinn hat der Name jenes Teils von Mellau, in dem Baumeister Jürgen Haller wohnt und sein Architektur- und Planungsbüro betreibt, nichts zu tun. Sakrale Gebäude sind auch die zwei von ihm hier gebauten Apartmenthäuser auf alle Fälle nicht, wenn auch Vorzeigebeispiele für ein neues Bauen, das jenes von gestern zitiert bzw. intelligent weiterdenkt. Errichtet wurden die beiden Häuser auf einem rund 1000 Quadratmeter großen Bauplatz mitten im Ort anstelle eines nicht zu rettenden alten Bauernhauses. Von dessen Besitzerin hat es der Baumeister zusammen mit einem Freund und Nachbarn gekauft, um es als Spekulationsgut dem Markt zu entziehen und nicht zuletzt, um „einen gesichtslosen Wohnbau an diesem zentralen Ort zu verhindern“, so Haller. „Da wir dieses Gebäude privat errichtet haben, setzen wir zur Rückfinanzierung auf die Vermietung von Apartments. Baulich sind es aber vollwertige Wohnungen.“

Jenes der zwei Apartmenthäuser, das wie ein Klon des ehemals hier stehenden Bauernhauses daherkommt, hat Jürgen Haller städtebaulich perfekt direkt an die Straße gestellt. Vis-à-vis des denkmalgeschützten „Nazes Hus“.
In dem aus Sichtbeton gebauten Sockel des neuen alten „Tempel 74“ hat Jürgen Haller sein Architekturbüro eingerichtet. Beibehalten wurde hier äußerlich auch die Trennung in einen vertikal verlatteten Wirtschafts- und einen geschindelten Wohntrakt.

Sein Plan, einen der zwei Neubauten in Größe wie Aussehen dem alten anzugleichen, war naturgemäß ganz im Sinn des örtlichen Gestaltungsbeirats. Noch dazu, da dieser städtebaulich perfekt positioniert direkt an der Straße vis-à-vis des denkmalgeschützten „Nazes Hus“ steht, durch einen kleinen gepflasterten Vorplatz von Haus Nr. 2 getrennt. Dieses wurde als Neuinterpretation des ursprünglichen Bauernhauses entwickelt, wodurch so etwas wie ein zweieiiges siamesisches Zwillingspaar entstanden ist. Untrennbar verbunden nicht nur durch eine gemeinsame Tiefgarage, sondern eine eingeschoßige, aus Sichtbeton gebaute halbrunde Spange, die in einer markanten zeichenhaften Geste an das neue alte Haus andockt.

Eine eingeschoßige, sich halbrund zu einem kleinen, urban gepflasterten Vorplatz öffnende Spange verbindet die beiden Häuser mit einer Nettonutzfläche von rund 1300 Quadratmetern, die von hier aus auch betreten werden.

In diesem niedrigen Verbindungstrakt, dessen Dach zu einer begrünten Terrasse werden soll, liegt nicht nur der zentrale Eingang für beide Häuser inklusive Rezeption. Sondern auch eine riesige, etwas höhlig anmutende, gemütlich eingerichtete „Stube“ für die Mieter der insgesamt zehn, zwischen 55 und 65 Quadratmeter großen Ferienwohnungen bzw. des Penthauses mit seinen rund 90 Quadratmetern. „Wir wollten eine Urlaubsadresse von bodenständiger Eleganz schaffen, wo wir die Gäste an unserer Lebensart und Alltagskultur teilhaben lassen“, sagt Evi Haller, die gemeinsam mit ihrem Mann den „Tempel 74“ betreibt.

Jede der Einheiten hat – wie es sich im Bregenzerwald gehört – einen kleinen Schopf inklusive Gratis-Aussicht auf das Dorf wie das gebirgige Panorama.
„Wir haben mit dem Tempel 74 eine Urlaubsadresse
von bodenständiger Eleganz geschaffen, wo wir die Gäste an unserer Lebensart und Alltagskultur teilhaben lassen.“

Evi Haller
Co-Bauherrin und Betreiberin

In dem niedrigen Verbindungstrakt befindet sich auch eine gemeinsame „Stube“ samt offener Küche für die Bewohner der zehn Ferienwohnungen.
Das Flair der „Stube“ kommt trotz viel Holz fast bürgerlich elegant daher. Nicht nur durch die opulent barock gemusterte Tapete, die eine der Wände verpasst bekommen hat.

Wobei das Flair der „Stube“ trotz viel Holz fast bürgerlich ist. So hat eine der Wände eine opulent barock gemusterte Tapete bekommen, die anderen sind schwarz. Die formal klaren Einbauten sind – wie der Boden – aus massiver Eiche. Diese Schnörkellosigkeit zeichnet auch die Gestaltung der Apartments aus, von denen jedes, wie es sich im Bregenzerwald gehört, so etwas wie einen kleinen Schopf mit Aussicht hat. Was auch die unter dem Dach des neuen alten Hauses eingerichtete Sauna samt Wellnessbereich auszeichnet. Der Akustik wegen liegen in den Gängen schwarze Teppichböden, korrespondierend zum Schwarzstahl der minimalistisch puren Geländer in den Stiegenhäusern.

Zeitlose formale Schnörkellosigkeit zeichnet auch die zehn, zwischen 55 und 90 Quadratmeter großen Apartments aus. Die Grundrisse sind offen, die verwendeten Materialien pur.
Keine Kosten wurden bei der liebevollen Rekonstruktion der traditionellen Kastenfenster mit ihren hölzernen Schiebeelementen sowie den hölzernen Läden im neuen alten „Tempel 74“ gescheut.

So unterschiedlich die beiden Häuser von außen auch daherkommen mögen, so viel verbindet sie doch. Beide tragen ein Satteldach, ihre Sockel sind betoniert, der Rest ist aus vorgefertigten Holzelementen gebaut. Um trotzdem in ihrer Anmutung komplett anders daherzukommen. Indem der neue „Tempel 74“ äußerlich die traditionelle Teilung des ursprünglichen Bauernhauses in einen aufwendig mit Rundschindeln aus Fichte verkleideten Wohntrakt bzw. einen vertikal verlatteten Wirtschaftstrakt verpasst bekommen hat. Und auch die alten Kastenfenster mit ihren traditionellen Schiebeelementen und hölzernen Läden wurden keine Kosten scheuend in feinster Tischlerkunst liebevoll rekonstruiert. Haus Nr. 2 ist im Vergleich dazu die Neuinterpretation des klassischen Wälderhauses. Verhüllt mit vertikalen hölzernen Latten, gegliedert durch unterschiedlich große Fenster, die hier nicht in Bändern, sondern in einem freien Spiel aus Offenem und Geschlossenem gesetzt sind. Im gemauerten Sockel des ehemaligen Bauernhauses befand sich der Schweinestall. Im neuen hat Jürgen Haller sein großzügig offen gehaltenes Architekturbüro teilweise unter das Straßenniveau eingegraben. Akzentuiert durch hoch liegende Fenster und einen fabelhaft geflügelten grauen Estrich.

Ganz modern sind die Bäder der an das örtliche Biomasseheizwerk angeschlossenen Apartmenthäuser ausgestattet. Die Farbe Weiß dominiert hier, außer bei den hölzernen Decken.
Unter dem mit Eternit gedeckten Satteldach des wiedergeborenen alten Bauernhauses ist der durch viel Holz gemütlich anmutende Sauna- bzw. Well- nessbereich des „Tempel 74“ eingerichtet.

Daten & Fakten

Objekt Tempel 74 – Wohnkultur vom Feinsten

Bauherren Errichtergemeinschaft Evi und Jürgen Haller I Gerhard Felder, Mellau

Architektur Architektur I Baumanagement, Baumeister Jürgen Haller GmbH, Mellau, www.juergenhaller.at

Ingenieure/Fachplaner: Baumanagement: Baumeister Jürgen Haller GmbH Mellau; Statik: ZTE Leitner, Schröcken; Entwässerungsplanung: IB Landa Andreas, Dornbirn; HSL-Planung: Steurer Energietechnik, Andelsbuch; Elektroplanung: Lingg Elmar, Schoppernau

Planung 5/2018–3/2019

Ausführung 4/2019–12/2019

Grundstücksgröße 1008 m²

Nettonutzfläche 1325 m² zzgl. 570 m² Tiefgarage u. Keller

Bauweise: Mischbauweise; Massives Sockelgeschoß in Stahlbeton, Obergeschoße in Holzbau

Ausführung (Auswahl): Abbruch/Erdarbeiten: Felder GmbH, Mellau; Baugrubensicherung: Oberhauser & Schedler, Andelsbuch; Baumeisterarbeiten: Metzler Bau, Schwarzenberg; Holzbau: Zimmerei Huber Renato, Mellau; Dachdecker/Spenglerarbeiten: Peter Herbert, Schwarzenberg; HSL: Steurer Energietechnik, Andelsbuch; Elektroinstallationen: Schneider Elektrotechnik, Schwarzenberg; Estrichböden: Vigl & Strolz, Mellau; Fenster/Außentüren: Böhler Fenster, Wolfurt; Kastenfenster: Schwarzmann Claus, Schoppernau; Schindelarbeiten: Moosbrugger Stefan I Matt Jan, Mellau; und weitere

Energiewert 25 kWh/m²a (HWB)

Nettobaukosten 2 Mill. Euro inkl. Einrichtung

Mehr Infos www.tempel74.at