Die Ausgangslage war kompliziert: Der Hanggrund auf dem Ardetzenberg
in Feldkirch ist so steil, dass er als nahezu unbebaubar galt. Außerdem liegt er unter
dem denkmalgeschützten Wasserschloss, das einen Teil der Stadt mit Wasser versorgt
und als stadtbildprägendes Element gilt. Architektin Catharina Fineder nahm die
Herausforderung an und setzte achtsam ein stilles, schönes Haus in den Fels.
Außen klein, innen großzügig und licht, steht es nun sehr stimmig in einer
wundervollen Naturwiese.

Autorin: Isabella Marboe | Fotos: Petra Rainer

Der Hanggrund auf dem Ardetzenberg hoch über Feldkirch galt als nahezu unbebaubar. Er ist mit über 30 % Neigung extrem steil und liegt direkt unter dem denkmalgeschützten Wasserschloss. Dieses fasst etwa 500 m3 Wasser und versorgt Teile der Stadt mit Wasser. Es durfte keinesfalls Risse bekommen. Außerdem ist das Wasserschloss ein stadtbildprägendes Element und als Aussichtspunkt sehr beliebt, weil einem hier die Stadt zu Füßen liegt. Architektin Catharina Fineder war von der dicht bewachsenen Wildnis des Hangs im Schatten des historischen Infrastrukturbauwerks hingerissen. Ihr Mann Pascal und ihr Sohn Leander auch.

Der sachte Schwenk, mit dem die Küchenzeile in das Herz des Hauses führt, ist der Widmungsgrenze geschuldet.
DER HELLGRAUE GROBPUTZ ist mit der Stadt abgestimmt, er stammt aus der Denkmalpflege.

„Ich hätte nie gedacht, dass ich einmal da wohnen könnte“, sagt sie. „Der Ardetzenberg ist als Wohngegend sehr beliebt, doch dieses Grundstück ist so steil, dass sich schwer Interessenten dafür fanden.“ Fineder nahm die Herausforderung des Ortes an. Mit viel Herzklopfen, Achtsamkeit und Vertrauen in ihren Geotechniker setzte sie ein kleines, feines Haus zum Wohnen und Arbeiten für sich und ihre Familie in den Fels. Bescheiden duckt es sich unter der Sichtachse des Wasserschlosses in den Hang. Durch den malerisch verwilderten Steilgarten führt eine Schotterstraße zum Haus hinunter. Es ist so dezent in das Gelände gebettet, dass man leicht darüber hinwegsieht. Denn die Eingangsfront im Nordwesten ist nur ein Geschoß hoch. Der freundliche, großzügig verglaste Eingangsbereich folgt noch der Richtung des Wasserschlosses, dahinter aber knickt die Wand fast fliehend mit dem Verlauf der Widmungsgrenze aus dem Blickfeld. Dadurch scheint das Haus optisch noch kleiner, als es ist. Während man den Fels für die Rückwand schremmte, die kellertief in den Fels ragt, wurden Schwingungen gemessen. Diese Wandscheibe, die das Haus bis ins Untergeschoß im Gestein verankert, wirkt auch als Stützmauer.

Hinter dieser Schrankwand aus Lärchenholz versteckt sich die Treppe ins Untergeschoß.
„Ich wollte, dass es von außen so dezent wie möglich ist.
Wenn ich schon ein Einfamilienhaus baue,
sollte es kein kompliziertes Gebäude werden.“

Catharina Fineder
Architektin

Der hellgraue Grobputz, mit dem das Haus verputzt ist, wurde in Abstimmung mit der Stadt gewählt, er stammt aus der Denkmalpflege. Auch die Fenster haben graue Aluminiumrahmen, das sehr flach geneigte Dach ist mit grauem Edelstahl gedeckt. So scheint das Haus wie ein Stein im üppig bewachsenen Hang zu liegen. „Ich wollte, dass es von außen so dezent wie möglich ist“, so Catharina Fineder. „Wenn ich schon ein Einfamilienhaus baue, sollte es kein kompliziertes Gebäude werden.“ Sie wollte der Natur etwas zurückgeben. Also legte sie einen wilden Garten mit Gemüse und Obst an, rund um dieses berückend zurückhaltende Haus gedeiht eine wundervolle Naturwiese mit verschiedensten Blumen – zu jeder Jahreszeit andere. Sobald man das Haus betritt, zeigt sich von der Türschwelle an eine große Liebe zum Detail: die Schwelle bildet eine Ebene mit dem Vorraum, der zwei Stufen über dem Niveau der Wohnküche liegt. So wird das Fensterbrett zur Sitzbank der Garderobe und wirkt die Wohnküche noch etwas höher. Ab dem Knick leitet die graue Küchenzeile mit einem sachten Schwenk zum hellen Herz des Hauses – dem großen Holztisch, der acht Menschen Platz bietet.

Zentrum familiärer Geselligkeit: Der große Esstisch aus Nussholz mit Geschichte.

Sein Holz stammt von dem Nussbaum, den sein Großvater zur Geburt von Catharinas Mann Pascal pflanzte. Die blumenartige Lampe aus grauem Filz, die hier hängt, schluckt Schall und ist vom Grazer Architekturbüro Innocad designt. Als Zentrum familiärer Geselligkeit steht der Tisch am besten Platz. Direkt am raumhoch verglasten Eck, von dem man im Südosten ein Panorama über Feldkirch genießt, während eine Glasschiebetür im Südwesten auf die Terrasse führt. Hier strömt von morgens bis abends Sonnenlicht herein und man kann die Greifvögel beobachten, wenn sie ihre Runden ziehen. Das sacht ansteigende Dach und die reduzierte Möblierung lassen den Raum noch größer wirken. Hier gibt es viel Licht, viel Aussicht, weiße Wände, einen rot gefärbten Estrich, eine graue Küche, sowie Fensterrahmen, Tisch, Sessel und Kastenwand aus Lärche. An der Sichtbetonscheibe dahinter führt eine Treppe ins Untergeschoß. Hier liegen an der Stützwand versteckt eine Sauna und das Bad. Mit Restfliesen gekachelt, ein Ort von Schönheit und Rückzug. Davor fädeln sich an einem Gang zwei Schlaf- und ein Kinderzimmer auf. Alle sind raumhoch verglast und haben eine Tür in die Natur. Unter der Terrasse liegt auf dieser Ebene das Büro von Catharina Fineder. Es ist extern zugänglich, wenn sie lang arbeitet, kann die Architektin bequem und ohne jemanden zu stören durch den Schrankraum in ihr Schlafzimmer huschen. Rücksichtsvoll bis zuletzt.

An diesem raumhoch verglasten Eck genießt man im Südosten ein Panorama über Feldkirch und kommt durch die Glasschiebetür im Südwesten rasch auf die Terrasse.
Die Terrasse erweitert die Wohnküche ins Freie. Sie wird oft und gern genutzt.

Eine Baukulturgeschichte von
vai Vorarlberger Architektur Institut
Das vai ist die Plattform für Architektur, Raum und Gestaltung in Vorarlberg. Neben Ausstellungen und Veranstaltungen bietet das vai monatlich öffentliche Führungen zu privaten, kommunalen und gewerblichen Bauten. Mehr unter Architektur vor Ort auf www.v-a-i.at

Daten & Fakten

Objekt Haus FP, Feldkirch

Eigentümer Catharina Fineder, Pascal Peter

Architektur Catharina Fineder Architektur, Feldkirch, www.catharinafineder.com

Statik Ingo Gehrer, Höchst

Fachplanung Bauphysik: BDT, Frastanz; Geotechnik: BGG, Hohenems; Bauleitung: Kurt Gau, Feldkirch; Schwingungsmessung: F+G, Vaduz

Planung 09/2017 – 10/2018

Ausführung 10/2018 – 10/2019

Grundstück 1498 m²

Nutzfläche 133 m² (zzgl.16 m² Arbeitsraum)

Bauweise Massivbau mit Beton und Ziegeln; Fassade mit mineralischen Grob-Putz. Metallgedecktes Dach; Holz-/Alufenster dreifachverglast, Energieerzeugung: Erdwärme/Photovoltaik; Komfortlüftung

Ausführung: Baumeister: Peter Keckeis Röthis; Bohrung: i+R, Lauterach; Zimmerer: Heino Bereuter, Alberschwende; Spengler: Andreas Bereuter Alberschwende; Heizung Sanitär: Stadelmann, Alberschwende ; Elektro: Kollman, Rankweil; Fenster, Türen: Stuchly, Thüringen; Verputz: Kratzer, Röthis; Schlosser: Werkraum Göfis; Metallbau Carport: Dietmar Röthlin, Röthis; Estrich: Ebner, Lustenau und Magisano, Trübbach(CH); Küche, Treppe, Einbaumöbel: Hartwig Bachmann Muntlix; Fliesen: Willi Matt, Batschuns; Dachbegrünung: Weiss+Appetito, Altach; Photovoltaik: Doma, Satteins

Energiekennwert 21 kWh/m² im Jahr