Der Life Cycle Tower ONE, kurz LCT 1,
war 2012 das erste achtgeschoßige Holzgebäude in Österreich.
Gebaut auf dem Areal von Rhombergs Fabrik in Dornbirn
sind seither Hunderte Gruppen von Fachleuten und Interessierten
dorthin gepilgert und haben auf Exkursionen beim Lokalaugenschein
das Gebäude besichtigt und die Systematik dahinter diskutiert.
Was passierte nach dem Pilotprojekt und wie geht es mit dem
Bausystem der eigens gegründeten Firma Cree weiter?

Autorin: Verena Konrad | Fotos: Norman A. Müller, Darko Todorovic

Der LCT 1, Life Cycle Tower 1, im Dornbirner Stadtteil Rohrbach wird seit sechs Jahren als Bürogebäude genützt. Als Prototyp ist er zugleich erster Beleg für die Funktionsweise des Systems.

Seit 2013 wird im Life Cycle Tower gearbeitet. Die einzelnen Geschoße des Bürogebäudes sind vermietet an die Regionalentwicklung Vorarlberg und verschiedene Unternehmen. Im Gebäude ist auch das Unternehmen Cree untergebracht, das das Bausystem des LCT 1 entwickelt hat und seiterher als Start-Up den modularen Holzsystembau weiterdenkt. Der Bau des LCT 1 war 2012 eine kleine Sensation. Mit Holz über die Hochhausgrenze zu bauen war das eine. Ein zertifiziertes Bausys­tem zu entwickeln war vielleicht sogar die größere Herausforderung.

Während die Fassade unterschiedlich gestaltet werden kann, ist das Holzsystem im Inneren gut sichtbar. Das schafft Identifikation mit dem Thema.
Der stützenfreie Innenraum ist unterteilbar und anpassbar auf verschiedene Nutzungen.

„Das Bauwerk hat den Zugang zu Vorfertigung und Systematisierung verändert. Und man hat auch gemerkt, dass man trotzdem gestalterisch angspruchsvoll bauen kann, auch wenn hier nicht alles neu erfunden wird“, sagt dazu Hermann Kaufmann, der mit seinem Architekturbüro das Gebäude mitentwickelt und dann auch den Nachfolgebau, das Illwerke Zentrum Montafon, entworfen und geplant hat. „Bis dahin war es noch nie gelungen, ein solches System am Markt zu etablieren.“ Für Rhomberg-Holding-CEO Hubert Rhomberg ist der LCT 1 und die Gründung von Cree die Folge einer langen Beschäftigung mit Ökologiethemen, wissend dass die Baubranche als CO2-Produzent Nummer eins hier den wichtigsten Beitrag liefern könnte. „Ich bin überzeugt, dass wir auf dem Weg zum CO2-neutralen Bauen offen für erneuerbare Werkstoffe sein, herkömmliche Prozesse hinterfragen und uns für entsprechende Vorschriften und Standards stark machen müssen.“

Open Source. Cree setzte von Anfang an auf offene Kommunikation. Vorträge, Ausstellungen, Downloadservices. Das Entkoppeln vom eigentlichen Bauauftrag ist für das Start-Up erfolgsrelevant.
Im Inneren war der sogennante „Hub“ nun lange Ausstellungsraum. Hunderte Gruppen und Tausende Besucher(innen) haben sich über die Bauweise von Cree informiert.
Dabei war auch die Haustechnik ein wichtiges Thema. Der Sektor boomt, die Entwicklungen laufen rasant. Mittlerweile sind einige dieser Einbauten nicht mehr notwendig.

Grundlage für das System von Cree ist die Verwendung von Holz als natürlichem Baustoff. „Wir waren zunächst in unserer Rolle als Bauträger als Partner für ein Forschungsprojekt angegfragt. Aber das Thema hat uns so interessiert, dass wir schließlich ein eigenes Projekt entwickelt haben, zusammen mit Hermann Kaufmann, denn wir wollten nicht ein reines Industrieprodukt schaffen und auch gleich zeigen, dass auch der Systembau Gestaltung nicht vernachlässigen darf.“ Das Forschungsprojekt war dem Thema „Bauen in die Höhe mit Holz“ gewidmet. „Holz ist extrem belastbar, besitzt eine immense Lebensdauer und garantiert einen minimierten Ressourcen- und Energieeinsatz. Noch dazu kann Holz nahezu überall gewonnen und verarbeitet werden.“

„Wir forcieren das Thema stark
im Wohnbau und haben dort bereits zehn
Projekte realisiert.“

Hubert Rhomberg
CEO Rhomberg Holding

Im System des LCT 1 war eine Holz-Beton-Verbundrippendecke der Schlüssel, um in die Höhe bauen zu können. Damit konnten die jeweiligen Geschoße durch eine nicht brennbare Schicht konsequent getrennt werden. In die Holzbalken wurden Stahlschalungen von 8,1 x 2,7 Meter eingelegt. Die Abstände dazwischen wurden geschalt und im Vergussverfahren betoniert. All das in Vorfertigung, was den Bauablauf vereinfachen und beschleunigen sollte und sich in der Praxis seither bestätigt hat. Die Deckenelemente konnten industriell präzis vorbereitet werden, Aushärtungszeiten auf der Baustelle waren damit Geschichte und die für die Verlegung eines Deckenelementes anberaumten fünf Minuten erwiesen sich im Pilotprojekt als machbar. Auch im Innenausbau wurde das Prinzip der Vorfertigung konsequent weiter geführt. In der Verbunddecke wurden Installationsmodule wie Beleuchtung, Lüftung, Heizung und Kühlung im Balkenfeld integriert.

Um einen Stiegenhauskern in Ortbeton wurden einhüftig die Büroflächen angehängt. Die vorgefertigten Holzbauelemente brauchen zum Aufbau nur einen Tag pro Geschoß.
Die Bauweise ist eng mit den Erkenntnissen aus dem Bereich der Vorfertigung verwoben. Bauteile werden fertig oder halbfertig geliefert und vor Ort zusammengesetzt.

Vorgefertigt wurden sie einfach zwischen die Leimbinder gehängt. Zusammen mit der Multifunktionalität eines stützenfreies Raumes hat sich diese Form der Ausstattung als praktikabel für verschiedene Raumnutzungen bewährt. Die Entwicklung des Prototypen LCT 1 für diese Bauweise war mit zahlreichen Prüfverfahren verbunden. „Das ist bis heute ein wichtiges Asset, denn wir können das System auch mit Partnern weltweit realisieren“, sagt Hubert Rhomberg. Die Zeit bisher war nicht einfach. „Wir waren etwas zu früh dran. Mittlerweile ist die Situation eine andere. Es gibt eine andere gesetzliche Situation, ein wachsendes Bewusstsein für den ökologischen Anspruch, der dahinter steht.“

Mit dem Illwerke Zentrum Montafon gelang die erste Umsetzung nach dem Prototypen mit 300 Arbeitsplätzen und einem Besucher(innen)zentrum in Vandans.
Die Filiale der Bank für Tirol und Vorarlberg in Memmingen war das erste Projekt außerhalb Vorarlbergs.

Dass Cree eine Tochter von Rhomberg ist, hat geholfen. „Wenn ein Bauunternehmen so etwas macht, das 130 Jahre in diesem Bereich arbeitet, stiftet das Vertrauen.“ Seit einigen Monaten gibt es nun rege Nachfrage. „Nicht nur, aber auch wegen Greta (Thunberg, Anm. d. Red.). Dabei sind wir Mitbewerbern einige Schritte voraus. Grundsätzlich geht es aber darum, den Holzsystembau voranzutreiben. Cree ist heute eine Wissensplattform. Es gibt auch andere Unternehmen, die hier nun ihre Lernkurve beginnen. Für uns ist das eine gute Entwicklung. Cree arbeitet weitgehend mit Open Source. Durch die Funktion als Plattform lernen wir von allen anderen Projekten auf der Welt.“

Daten & Fakten

Objekt Life Cycle Tower One, Dornbirn

Bauherr Cree P1, Dornbirn

Architektur Hermann Kaufmann + Partner ZT, Schwarzach

Statik merz kley partner ZT GmbH, Dornbirn

Fachplanung Generalplanung: Cree, Dornbirn; Bauphysik: Bernhard Weithas, Lauterach; Elektro: Ingenieurbüro Brugger, Thüringen

Planung 9/2011 bis 3/2012

Ausführung 3/2012 bis 9/2012

Grundstücksgröße 987 m²

Nutzfläche ca. 2300 m²

Bauweise Life Cycle Tower-Bausystem: Hybridbauweise mit Holz und Beton

Besonderheiten Lebenszyklusoptimierte Konzeption – von der Entstehung über die Nutzung bis hin zum Rückbau. Baukastensystem und Serienfertigung reduzieren die Kosten bei der Entstehung. Die hoch effektive Heizung und Lüftung kann standortabhängig mit verschiedenen Energieträgern gedeckt werden. „Zertifikat Platin“ der Österreichischen Gesellschaft für nachhaltige Immobilienwirtschaft

Ausführung Generalunternehmer: Rhomberg Bau, Bregenz; Zimmerer: Sohm, Alberschwende

Energiekennwert 9 kWh/m² im Jahr

Baukosten ca 2,5 Millionen Euro