Drei Brücken des Architekturbüros Marte. Marte und des Ingenieurbüros
M+G Ingenieure spannen den Bogen zwischen Natur- und Kulturlandschaft. Sie erschließen das wildromantische Tal der Ebniter Ach und bringen die Erfordernisse eines Straßenbauwerks mit höchstem gestalterischem Anspruch zusammen.

Autorin: Verena Konrad | Fotos: Marc Lins

Wer sich auf dem Weg ins Ebnittal begibt, ob per Bus, Rad oder mit dem Auto, fährt über drei Brücken, die sich zwischen schroffen Felsen, steilen Bergwänden und engen Kurven über die Ach spannen. Sie fügen sich so harmonisch in einen scheinbar gegebenen Wegverlauf ein, dass sie vielfach zunächst nur als Teil eines Ganzen wahrgenommen werden: einer wildromantischen Kulisse. Der Blick geht nach oben, entlang von teils bedrohlich nahen Felskanten, hin zu den Wipfeln der Bäume und in den Himmel. Das Ebnittal ist wunderschön. An Schönheit, Eleganz und starker Geste fehlt es auch den drei neuen Brücken in dieses oder aus diesem Tal nicht.

Das Dorf Ebnit wurde Dornbirn im Jahr 1932 eingemeindet. Die Siedlung geht auf das 14. Jahrhundert zurück. Ritter Ulrich von Ems stiftete dort ein kleines Kloster der Pauliner-Eremiten und unterstützte die Ansiedlung von Walserfamilien. Eine nicht unübliche Handlung – die Wehrkolonisten aus dem Wallis waren für viele Adelige dieser Zeit wichtige Partner in der Besetzung und Verteidigung von Gebieten, aber auch deren Urbarmachung. Ab dem 16. Jahrhundert sind Zuwanderer aus Dornbirn ins Ebnit bekannt.

Heute ist das Ebnit als Naturerholungsraum beliebt, als Feriendorf mit vielen Angeboten und es ist eine land- und wasserwirtschaftlich bedeutsame Zone. Es ist aber auch eine Siedlung und Teil der Stadt. Schon früh wurden hier Brücken gebaut. Diese waren nun wieder einmal baufällig geworden. Ein Wettbewerb, ausgeschrieben von der Stadt Dornbirn, sollte zunächst eine der drei Bücken neu denken, um schließlich zwei weitere folgen zu lassen.

„Gemeinsam wollten wir die pragmatischen Anforderungen an eine Brücke in einer gestalterisch ansprechenden Form um setzen.“

Stefan Marte, Josef Galehr
Marte.Marte Architekten und M+G Ingenieure

Josef Galehr erhielt als Bauingenieur dafür den Auftrag und lud die Brüder Stefan und Bernhard Marte zur Kooperation ein, die mit einem überzeugenden Entwurf für alle drei Brücken aufwarteten. Die Schanerlochbrücke als erstes der drei Bauwerke entstand 2005 als „Interpretation der archaischen Form einer Bogenbrücke“, wie Stefan Marte erläutert. Die Herausforderung lag in der Weiterführung der Kurve der Bergstraße in eine Krümmung. Das liest sich kompliziert. Und ist es auch. Die Kunst des Brückenbaus liegt in der Verbindung von Ingenieurskunst und Architektur. Brücken gehören zur Königsdisziplin der Ingenieurskunst. Unabhängig von ihrer Bauweise müssen sie zuallererst sicher und stabil sein. Und so war die 23 Meter lange, in sich gewundene Bogenkonstruktion der Schanerlochbrücke auch bautechnisch eine große Herausforderung, denn über die engen Bergstraßen konnten maximal zwölf Meter lange Einzelteile transportiert werden. Wer sich den Brücken nicht nur über den Straßenverlauf, sondern über den Flussverlauf nähert, sieht den eleganten Schwung, der durch eine Drehung auf der Unterseite entsteht.

Die Schaufelschluchtbrücke, 2012 realisiert, wirkt zunächst wie ein Steg, der über die eine Straße auskragt und an die gegenüberliegende wieder andockt. Der 16,5 Meter lange Bau ist konstruktiv eine halbe Bogenbücke, die an einer Felswand abgefangen wird. Die Straße erfährt hier eine Krümmung, auf die die Brücke reagiert – mit einer Drehung. An seiner dünnsten Stelle ist der auch konstruktiv minimalistisch ausgeführte Stahlbetonbogen nur 50 Zentimeter breit. So entsteht eine skulpturale, fast filigran anmutende Form, die sich harmonisch in die Gegebenheiten von Natur und Straßenverlauf einfügt. Fünf Jahre später folgte der Bau die Kohlhaldenbrücke und damit der Abschluss, der „Brückentrilogie“, die neben ihrer Funktion und kulturellen Kraft auch Ausdruck für die hervorragende Zusammenarbeit eines Ingenieurs- und eines Architekturbüros ist. Die Kunst des Baues, gedacht und realisiert aus zwei Disziplinen, wird hier zu einem starken und eleganten Statement der Ziviltechnik.

Daten & Fakten

Objekt Brücken Ebniter Straße, Dornbirn Schanerlochbrücke, Schaufelschluchtbrücke, Kohlhaldenbrücke

Bauherr Stadt Dornbirn

Architektur Marte.Marte ZT, Feldkirch, www.marte-marte.com

Projektleitung Jürgen Postai

Statik M+G Ingenieure ZT, Feldkirch, www.m-g.at

Fachplanung Einreich- und Ausführungsplanung, Tragwerksplanung, örtliche Bauaufsicht: M+G Ingenieure ZT, Feldkirch

Planung 2005–2017

Ausführung 2005–2017

Bauweise Stahlbeton, integrale Bogenbrücken in Sichtbeton; Lastabtragung in den Fels; Schaufelschluchtbrücke als halbe Bogenbrücke

Ausführung Wilhelm + Mayer, Götzis; Berger & Brunner, Inzing, u. v. m.