Schon 25 Jahre lang besitzt die jetzige Eigentümerfamilie ein kleines Badehaus direkt am Ufer des Sihlsees unterhalb des Ferienhauses mit dem schönen Namen Seehöckli. Als die Vorbesitzer das Seehöckli verkaufen wollten, nutzte Familie Koller Durisch die Gunst der Stunde und erwarb das in die Jahre gekommene Häuschen mit Baujahr 1965. Seit seiner Erbauung wurde bis auf die Reparatur eines Wasserschadens nichts daran gemacht, die jetzige Sanierung war umfangreich, erhielt aber viele Originaldetails.

 

Text: Kerstin Forster | Fotos: Adolf Bereuter

In der Kleinanzeige einer Zeitschrift haben Katrin und Thomas Koller 1999 ein 16 Quadratmeter kleines Badehaus am Sihlsee entdeckt und verbrachten teilweise wochen-lang ihre Ferien dort, obwohl es keinen Wasseranschluss hatte. Es war eher wie Camping in einem Tiny House. Der Sihlsee liegt in einem Hochtal bei Einsiedeln, er entstand Ende der 1930er-Jahre als Kraftwerksprojekt für die SBB durch Aufstauen der Sihl. Für den See wurden Dämme und Straßen gebaut, Bauernhöfe und landwirtschaftliche Flächen überflutet, Hunderte Personen abgesiedelt. Vom damaligen Drama sieht man heute nichts mehr. Der flächenmäßig größte Schweizer Stausee liegt friedlich unterhalb von Einsiedeln; dass man hier jetzt gerne seine Ferien verbringt, kann man verstehen.

Vor sechs Jahren ergab sich die Gelegenheit, das Seehöckli, das selbst keinen Zugang zum See hat, aber durch einen Fußweg mit dem Badehaus verbunden ist, zu erwerben. Es war auf der seeseitigen Südseite von dichten Tannen zugewachsen, die asbesthaltige Eternitfassade musste ersetzt werden und auch innen war einiges zu tun. Das hielt die umbauerprobte Familie nicht vom Kauf ab, denn sie erkannte das Potenzial des Sechzigerjahrehäuschens. Gerade auf der Suche nach einem Architekturbüro für die Sanierung, spielte wieder ein Magazin eine entscheidende Rolle. Katrin Durisch Koller, Sozialpädagogin mit Liebe für Design, entdeckte darin die Umbaureportage eines historischen Hauses im appenzellerischen Speicher von firm Architekten, dem Büro von Christian Feldkircher und Albert Moosbrugger.

„Das Seehöckli hat wieder seinen ursprünglichen Ausdruck, wir haben den Sechzigerjahre-charme zurückgeholt. Jetzt stehen die Klarheit des genialen Grundrisses und die schönen Originaldetails im Vordergrund.“

Katrin Durisch Koller
Bauherrin

Gemeinsam planten Bauherrschaft und Architekten die Umbau- und Sanierungsschritte sowie den Ausbau der Garage im Kellergeschoß zu einem kleinen Wohnstudio mit separatem Eingang. Die Bauleitung vor Ort übernahm Thomas Koller, mittlerweile pensionierter Werklehrer und ehemaliger Leiter eines Ausbildungsinstituts für Gestaltung und Kunst. Die alte Fassade aus rechteckigen Eternitplatten wurde durch eine horizontal verlaufende Stülpfassade aus vorvergrauten Lärchenbrettern ersetzt, wobei die Lattung dahinter leicht treppenartig ansteigt. Das bringt zum einen eine bessere Hinterlüftung, lässt aber auch Regen leichter abtropfen und passt hervorragend zur Asymmetrie des Daches und auch der Einzelgarage vor dem Haus.

Man betritt das Haus durch einen kleinen Windfang, der ins Stiegenhaus führt, das Wohngeschoß liegt ein paar Stufen höher hinter einer weiteren Tür. Hier tritt man ein in einen breiten Flur, von dem alle Zimmer abgehen. Dicht aneinandergereiht sind Wohnungstüre, ein Wandschrank, das WC sowie das Badezimmer mit doppelter Breite. Gegenüber befinden sich zwei großzügige Schlafzimmer, am Ende des Gangs noch ein kleiner Ruhebereich, in dem ein neues Sitz-Panoramafenster mit Blick über den See eingebaut wurde. Rechts vom Eingang geht es in das Wohnzimmer mit Essbereich und halboffener Küche. Der geniale Grundriss blieb von der Sanierung unberührt, es wurden aber einige Fenster erneuert, sämtliche Boden-, Wand- und Deckenbeläge ersetzt und zusätzlich ein Schwedenofen und eine Wärmepumpe mit Fußboden- statt der Ölheizung eingebaut.

 

Die Familie hat so viel wie möglich vom ursprünglichen Bau erhalten – sämtliche Türen sind noch original, nach einer gründlichen Reinigung auch die senfgelbe Falttür oder diverse Einbauschränke in den Schlafzimmern. Beim Ausräumen vor dem Umbau entdeckten sie zudem, dass die Vorgänger die Originalmöblierung des Erstbesitzers im Keller und Dachraum eingelagert hatten – sie selbst haben sie offenbar nicht genutzt, außerdem war überall Teppich, teils mehrlagig ausgebreitet. Tisch und Stühle im Essbereich sind beispielsweise vom weltbekannten Schweizer Designer Willy Guhl. Sie wurden neu gepolstert und sorgen mit vielen anderen kleinen Details – das türkise Waschbecken, Servierwagen, Lampen – aus den Sechzigerjahren für das schöne Ambiente. Familie Durisch Koller stöbert noch immer gerne in Brockenhäusern und Kleinanzeigen, mittlerweile online, und ergänzt ihr Bijou, wie man so ein Schmuckstück in der Schweiz nennt, laufend mit passenden Lampen oder Beschlägen. Sie nutzen es mit ihren Kindern und Enkeln, vermieten es aber auch wochenweise an Paare und Familien, die sich im Winter im Skigebiet, im Sommer am See erholen möchten.

Daten und Fakten

Objekt: Seehöckli, Einsiedeln, Schweiz

Bauherrschaft: Katrin Durisch Koller und Thomas Koller

Architektur: firm Architekten ZT GmbH, Lustenau, www.firm.ac

Planung: 2018–2019

Ausführung: 2019–2020

Nutzfläche: 130 m² inklusive Keller und neu ausgebautem Studio in der ehemaligen Garage

Bauweise: Fassadenerneuerung mit dunkel gestrichener Stülpschalung, teilweise Fensterersatz und Neueinbau, Erneuerung Boden- und Wandoberflächen; Heizung: Bodenheizung durch Luft-Wärmepumpe als Ersatz für Ölheizung

Besonderheiten: Ausführung mit großem Anteil Eigenarbeit und Baukoordination

Ausführung: Zimmerer: Truttmann Holzprofis, Seelisberg