Das denkmalgeschützte Haus mit dem Sockel aus Rustikagestein strahlt Beständigkeit aus. Seit über hundert Jahren steht es am Fuße der Schattenburg in Feldkirch. Die Baufirma Seraphin Pümpel hat es geplant und gebaut, heutigen Wohnansprüchen genügte es nicht mehr. Die Architekten Erich Steinmayr und Hans Hohenfellner sanierten es mit angemessen dezenten Eingriffen. Terrassen, schlichte Veranden, Oberlicht und eine Loggia im Dach beschenken die Wohnungen mit privaten Freiräumen.

Text: Isabella Marboe | Fotos:Cornelia Hefel, Bruno Klomfar

Das Haus auf dem massiven Steinsockel zählt längst zum Stadtbild. Seit 1911 steht es am Fuße der Schattenburg in Feldkirch. Baumeister Seraphin Pümpel hatte es als Mädchenwohnheim der traditionsreichen Firma „Carl Ganahl & Co“ geplant, die unweit davon bis 1987 eine große Spinnerei betrieb. Heute ist auch das Ganahl-Areal erfolgreich revitalisiert, die imposante Fabrik beherbergt Geschäfte, Büros und Lofts. Im einstigen Mädchenheim hatte man noch mit Kohleöfen geheizt, der Wohnstandard entsprach dem des beginnenden 20. Jahrhunderts, zuletzt stand es leer und seit 2020 unter Denkmalschutz. Die Rondo Ganahl AG beauftragte die Architekten Erich Steinmayr und Hans Hohenfellner mit Sanierung, Aus- und Umbau zur zeitgemäßen Wohnnutzung. Die Rundbogenfenster im Rustikasockel, die grobverputzten Wohngeschoße, grünen Fensterläden, das mittige Zwerchhaus, Spitzgaupen und Walmdach zeigen sich heimatverbunden, innen aber sind jugendstilinspirierte Details und innovative Konstruktionen zu entdecken.

Der Eingang liegt stadtseitig unter dem mittigen Rundbogen mit dekorativem Schlussstein, das T-förmige Foyer ist mit quadratischen Fliesen rot-weiß-kariert neu verfliest. „Das entspricht nicht exakt dem Originalformat, ist jedoch bestandsgemäß.“, sagt Erich Steinmayr. Hier ist wenig Standard. Geltende Normen erfüllte man in eindrucksvoll dezenter Angemessenheit. Innendämmung wahrt die Fassadenproportionen, die ursprünglichen Kastenfenster blieben erhalten. Die Beschläge von 1911 funktionieren immer noch, wurden jedoch doppelt verglast. Das alte Stiegenhaus mit dem geschwungenen Jugendstilgeländer und dem Holzhandlauf war absolut erhaltungswürdig, heutige Bauvorschriften aber erfordern ein höheres Geländer. Formvollendet gibt ein parallel geführter, neuer Handlauf aus Stahl dem bestehenden die baugesetzliche Höhe.

„Die Bestandswohnungen hatten keinerlei Freiräume,
wir schlugen den Anbau reduzierter Veranden vor.
Das Bundesdenkmalamt stimmte zu.“

Erich Steinmayr und Hans Hohenfellner
Architekten

Ein Aufzug wurde im Abstellraum neben der Stiege untergebracht, in diesem Bereich wurde die Grundrisseinteilung verändert, sonst gibt es pro Geschoß nach wie vor zwei Wohnungen. „Eine besondere Herausforderung war die Betondecke aus dem Jahr 1911 über dem Erdgeschoß. Die tragenden Rippen waren sehr filigran“, so die Architekten. Trotzdem gelang es, eine Fußbodenheizung in den Estrich einzubauen. Die Holzbackendecken der oberen Geschoße erforderten ebenso Sonderlösungen. „Alles war etwas teurer und kostenaufwändiger.“ Dafür blieben die Qualitäten des Bestands erhalten.

Den in der Textilfabrik arbeitenden jungen Frauen gestand man damals keine Balkone zu. „Die Bestandswohnungen im historischen Bestand hatten keinerlei Freibereiche, für die gewünschte Wohnqualität waren diese aber ein absolutes Muss“, sagt Hans Hohenfellner. Die Architekten schlugen den Anbau von Loggien vor, das Bundesdenkmalamt stimmte zu. Im ersten und zweiten Stock wurden zwei Fenster an den Schmalseiten im Süden und Norden zu Türen in die neuen Veranden umgebaut. Diese leichten Zubauten aus Stahl und Isolierglas lassen sich öffnen, im Sommer sitzt man förmlich draußen. Im Erdgeschoß ging sich neben dem Parkplatz ein kleiner Garten aus, die Brücke, die rückseitig in den angrenzenden Wald führt, wurde saniert. Nicht nur die Kinder werden sie lieben!

„Der Ausbau des Dachraums war eine große Tüftelei“, geben die Architekten zu. Dafür ist die dortige Wohnung auch die „räumlich interessanteste.“ Ihr Charakter ist vom Holzdachstuhl, den eigenwilligen Spitzgaupen und dem Zwerchhaus geprägt. Durch Verglasungen über den Sparren im Firstbereich fällt Licht in den hohen Raum, eine einläufige Holztreppe führt an der Kaminmauer entlang zur kleinen Galerie unterm Zwerchhaus. Die neue rückseitige Gaupe schafft dem Dachgeschoß eine kleine, eingeschnittene Loggia. „Altbauten geben atmosphärisch viel mehr her“, sagt der jetzige Mieter. „Die Galerie überzeugte uns sofort. Von den Gaupen hat man einen Blick über die ganze Stadt, wenn die Sonne untergeht, sieht man echtes Alpenglühen!“ Die Wohnungen in diesem Haus sind sehr vielfältig, großzügig und hell, innerhalb von zwei Monaten waren alle vergeben.

 

Daten und Fakten

Objekt: Umbau Wohnhaus Burggasse 6, Feldkirch

Bauherr: Rondo Ganahl AG, Frastanz

Architektur: Arbeitsgemeinschaft Erich Steinmayr und Hans Hohenfellner, Feldkirch, www.hohenfellner.at, www.steinmayr.com

Statik: Frick&Schöch ZT, Rankweil, www.fszt.at

Fachplanung: Bauphysik: Spektrum, Dornbirn; Bauaufsicht: Schatzmann+Ebenhoch, Feldkirch

Planung: 02/2020–09/2021

Ausführung: 09/2021–09/2022

Grundstück: 2092 m²

Nutzfläche: 616 m² (zzgl. Untergeschoß 80 m²)

Bauweise: Denkmalgeschützter Bestand; Massivbau mit Innendämmung; Zubauten in Stahl-Glaskonstruktion; gedämmtes Walmdach mit Gipskartonuntersicht

Ausführende: Elektro: EWF, Frastanz; Heizung/Sanitär: Summer, Frastanz; Zimmerer: Lot, Feldkirch; Dach: Ess, Feldkirch; Spengler: Ganath, Gisingen; Schlosser: Summer, Feldkirch; Verglasungen: Marte, Lauterach; Tischler: Klaus Engstler, Dalaas; Elmar Eisele, Feldkirch; Thomas Kühne, Meiningen; Innentüren: Hugl, Feldkirch; Holztreppe: Kassian Türtscher, Buchebrunnen; Böden: Michael Bischof, Hard; Maler: Heinrich Liepert, Bludenz; Garten: Christoph Dünser, Ludesch; u. a.

Energiekennwert: 66 kWh/m² im Jahr (HWB)

Kosten: 2,5 Mio. Euro