Der Ort, an dem das neue Polizei-Einsatztrainingszentrum in Koblach steht, könnte idyllischer kaum sein. Das Dornbirner Architekturbüro Querformat hat das Haus mit klaren Strukturen geplant. Klarheit schafft Ordnung und einen harmonischen Gesamteindruck.

Text: Edith Schlocker | Fotos: Angela Lamprecht

Der große Raum, in dem die Polizistinnen und Polizisten von morgen, angeleitet von erfahrenen Ausbildnern, gerade die unterschiedlichsten Situationen durchspielen, die sich etwa bei einer simplen Verkehrskontrolle ergeben können, ist so etwas wie das „Herz“ des neuen Polizei-Einsatztrainingszentrums in Koblach. So ziemlich jede Bedrohungssituation ist in dieser rund sechs Meter hohen, durch ein unter die Decke gesetztes Fensterband natürlich belichteten Halle genauso wie im Übungsstiegenhaus nebenan simulierbar, die unterschiedlichsten räumlichen Situationen nachbaubar. Alles, was sich hier tut, ist video- und audioüberwacht, von einer Galerie aus kann das Geschehen beobachtet werden, bevor es in dem Raum daneben analysiert bzw. nachbesprochen wird. Die Dornbirner Querformat-Architekten waren bei dem von der BIG Bundesimmobiliengesellschaft ausgeschriebenen Bewerbungsverfahren als Generalplaner mit dabei und haben mit ihrem bis ins Detail ausgeklügelten Projekt dieses 2017 auch gewonnen. In dem es um eine sehr spezielle Bauaufgabe geht, mit der man wahrscheinlich nur einmal im Leben konfrontiert werde, wie Gerald Amann sagt, und die Auseinandersetzung mit dieser sei bis zum letzten Tag ebenso herausfordernd wie spannend gewesen.

Durch die lauschig im Schatten eines felsigen Hügels außerhalb des engeren Siedlungsgebiets von Koblach bereits bestehende Schießanlage war der Bauplatz für das neue Einsatztrainingszentrum vorgegeben. Trotz des torfigen Bodens, was die aufwändige Implantation von 150 betonierten Pfeilern in diesen als Basis des neuen Baukörpers notwendig machte. Der als klarer, durch Vor- und Rücksprünge sowie Höhenunterschiede gegliederter Monolith angelegt ist, was ihn letztlich wie eine auf die Wiese gestellte riesige Skulptur daherkommen lässt. Gebaut als zweischalige, innen gedämmte Sichtbetonkonstruktion mit einer reizvoll strukturierten „Haut“, die diese der sorgsamen Schalung mit Dreischichtplatten verdankt. Als logische Fortsetzung des äußeren Erscheinungsbilds sind auch der zentrale Erschließungskern und die tragenden Innenwände ebenfalls aus Sichtbeton gebaut, der Rest in Leichtbauweise. Der Bestimmung des Hauses geschuldet ist seine Introvertiertheit, was sich in einer Fast-Fensterlosigkeit manifestiert. Allerdings sind die, wie etwa das riesige Fenster im Aufenthalts- bzw. Schulungsraum, sehr bewusst gesetzt, um durch gelenkte Blicke aus dem „Bunker“ heraus effektvoll den Bezug zur Natur zu inszenieren.

„Die Auseinandersetzung mit dieser sehr speziellen Bauaufgabe war bis zum letzten Tag ebenso herausfordernd wie spannend.“

Gerald Amann
Architekt

Rund 1200 Quadratmeter sind in dem Zweigeschoßer mit seinem begrünten Flachdach umbaut, dessen Inneres sich in seinem Äußeren als Konglomerat mehr oder weniger großer, geschickt horizontal wie vertikal verschränkter Kuben abbildet. Für deren Umsetzung die Architekten ganz bewusst neben dem Sichtbeton, der in den unterschiedlichsten Qualitäten und Haptiken daherkommt, wenige klare Materialien und Farben gewählt haben, die atmosphärisch mit der Funktion der jeweiligen Räume zu tun haben. Viel Schwarz, Grau und Weiß findet sich da, in den Büros und im Turnsaal gibt es aber auch Holz. Der Eingangsbereich ist großzügig raumhoch verglast, der Boden im Foyer ist ein geschliffenern Estrich, sonst gibt es fast überall Linoleum, in der Turnhalle einen elastischen Sportboden. In jenen Räumen, in denen wie etwa im Übungstreppenhaus ohne Rücksicht auf bauliche Kollateralschäden diverse Taktiken beim Polizeieinsatz geübt werden, ist die Materialität ganz bewusst rau.

Die räumlichen Strukturen im Koblacher Polizei-Einsatztrainingszentrum sind komplex. Der zentrale Versorgungsblock mit Treppenhaus und diversen Nebenräumen definiert die erforderlichen Schließbereiche. Nach dem Umkleiden betritt der Polizist, die Polizistin, nachdem er/sie die eigene Waffe sicher deponiert hat, den eigentlichen Trainingsbereich. Ergänzt durch Schulungsräume genauso wie Umkleiden und Sozialräume sowie eine versteckt Richtung Norden liegende große Terrasse. Das neue Haus stellt als markanter Kopfbau die Schießanlage, an die es angedockt ist, wortwörtlich in den Schatten. Das Bestandsgebäude aus den 1950er-Jahren hat ein neues Dach und eine neue Fassade bekommen, wurde thermisch saniert und räumlich adaptiert.

Daten und Fakten

Objekt: Einsatztrainingszentrum (ETZ) für Polizei, Cobra und Zoll, Koblach

Bauherr: BIG Bundesimmobiliengesellschaft (BIG), Wien

Architektur: Querformat ZT, Dornbirn, www.querformat.studio

Statik: ZTE Leitner ZT, Schröcken, www.zte.at

Fachplanung: Bauphysik: Spektrum, Dornbirn; Elektro: ek-plan, Nenzing; Entwässerung: Wasserplan ZT, Hohenems; Brandschutz: K&M, Lochau; Heizung, Klima, Lüftung, Sanitär: Walter Pflügl, Bregenz

Planung: 07/2019–01/2020

Ausführung: 01/2020–03/2021

Grundstück: 7500 m²

Nutzfläche: 1200 m²

Bauweise: Baumeister: Jäger Bau, Schruns; Fenster: Böhler, Wolfurt; Innentüren: Josef Feuerstein, Nüziders; Böden: Wiesinger, Eferding und Fliesenpool, Götzis; Maler: Bartenbach, Bürs; Holzdecken: Lenz-Nenning, Dornbirn; Heizung/Lüftung: Markus Stolz, Feldkirch; Elektro: Elmar Graf, Dornbirn

Kosten: 4 Mio. Euro