So lässt sich das Haus Römerstraße 19 in Bregenz treffend beschreiben. Dabei handelt es sich um ein altes Stadthaus mit Pförtnerfunktion in die Innenstadt. Es hat zwar bereits über 170 Jahre auf dem Buckel, erstrahlt aber jetzt in neuem Glanz. Dank der umsichtigen Renovierung durch die Architekten Wimmer-Armellini hat es an Qualität enorm gewonnen. Erbaut 1852 von Johann Hörburger, wurde das Gebäude bereits als Wirtshaus, als Artzpraxis und nun als Rechtsanwaltskanzlei genutzt.

Text: Klaus Feldkircher | Fotos: Angela Lamprecht

Vor fünf Jahren ging das Haus in den Besitz der Familien Einsle und Manhart über, die die Kanzlei im 1. OG führen. Das Haus liegt vor dem Bregenzer Landhaus und partizipiert an dessen Außenanlagen wie dem Springbrunnen. Aktuell befinden sich in der Römerstraße 19 im EG eine Praxis für Physiotherapie, im 1. OG eine Rechtsanwaltskanzlei und im 2. und 3. OG je zwei Wohnungen. Der Grundriss des Gebäudes nutzt die bestehende Grundstücksgröße optimal aus.

Öffnung des Hauses

Der Zugang zum Haus erfolgt über die Römerstraße und erhielt eine Rampe, um einen barrierefreien Zugang zu ermöglichen. Das Portal wurde aufgeweitet und hebt sich durch seinen Glattputz auch in der Struktur von der restlichen Fassade ab. Die Anrampung setzt sich im Inneren des Hauses in der klar strukturierten Eingangshalle fort. Um das ganze Haus barrierefrei zu gestalten, ist die Möglichkeit eines Lifts über alle vier Stockwerke vorgesehen. In der Praxis für Physiotherapie „Brigantium“ wurde jeder Raum nach einer lokalen Ausgrabungsstätte benannt: Steinbühel, Leutbühel, Oberstadt und Ölrain. Die Räume sind über einen zentralen Gang erreichbar, in der Mitte befindet sich ein Bewegungsraum, der über die angrenzenden Zimmer und den Gang erreichbar ist. Im hinteren Teil der Praxis liegen ein Anmelde- und Mitarbeiterbereich mit einem kleinen Hinterhof. Das Belichtungssystem wurde vom Architektenduo Wimmer-Armellini so geplant, dass das Licht indirekt und blendfrei über die Decke reflektiert wird.

„Solche Stadthäuser können sich bei sorgsamer Planung neuen Situationen gut anpassen. Durch diese Art des Bauens entstehen Innenstädte, wie wir sie wollen: zum Arbeiten und zum Wohnen.“

Peter Wimmer
Architekt

Skulpturale Treppe

Über die Eingangshalle gelangen die Besuchenden mit einer neuen Stahltreppe in die Anwaltskanzlei im 1. OG. Da die innere Erschließung „neu geordnet wurde“, erfuhr auch die Treppe eine Neuausrichtung. Sie wurde gedreht und führt gewendelt von der Eingangshalle ins 3. OG. Damit wurde der Eingangsbereich geöffnet. Sie wurde mit Eisenglimmerfarbe gestrichen, was ihr eine raue Oberfläche verleiht, und „führt ins Licht“, denn im Dach wurde ein Fenster integriert.

Betritt man die Kanzlei, so fällt die offene Architektur auf. „Wir haben einen Bereich für Klient(inn)en und einen für die Anwälte geschaffen“, so Architektin Ute Wimmer-Armellini. Rechts von der zentralen Anmeldung mit Arbeitsplatz, Stehtisch und Stauraum befindet sich ein kleiner Wartebereich mit Ausblick auf das Landhausareal, außerdem die Besprechungsräume samt Bibliothek. Links davon sind die Räumlichkeiten für Anwaltsbüros und ein Sekretariat mit Archiv, wo sich auch der Posteingang befindet. „Die Wege werden kurzgehalten, die Diskretion bleibt gewahrt, außerdem entsteht so ein repräsentatives Ambiente“, ergänzt Bauherr Rupert Manhart. Hier dominiert Eichenparkett in Fischgrät. Neben dem Empfang liegen rechts zwei Besprechungszimmer mit Bibliothek und Blick aufs Landhaus. Die Arbeitsräume und Büros sind auf der der Römerstraße zugewandten Seite und bieten acht Personen Platz. Sie wurden mit außenliegendem Sonnenschutz versehen, Querlüftung ist aufgrund der Neuordnung der Räume möglich. Einige Relikte – zwei Deckenluster und mit Liebe sanierte Stilmöbel – erinnern an frühere Zeiten und schaffen eine Verbindung von Vergangenheit und Gegenwart. Ein ausgeklügeltes Beleuchtungssystem sorgt mit flexiblen Lichtquellen für einen Wechsel von direkter und indirekter Beleuchtung.

Im 2. OG befinden sich zwei annähernd gleich große Wohnungen mit je einer Terrasse, in deren Mitte sich für jede Einheit ein Stauraum aus Aluminium in analoger Materialität zur Garage befindet. Auch im 3. OG sind zwei Wohnungen. Als Außenhaut erhielt das Gebäude einen groben Verputz, der der Struktur der alten Fassade nachempfunden ist und teilweise nur ausgebessert werden musste. Beim Haus in der Römerstraße ist es gelungen, die Qualitäten, die ein Stadthaus bietet, zu vereinen: Im EG befindet sich ein Dienstleister, im 1. OG eine Anwaltskanzlei und im 2. und 3. OG je zwei Wohnungen. „In Zeiten wie diesen ist es gesellschaftlich und ökologisch wichtig, die Potenziale bestehender Stadthäuser bestmöglich zu nutzen“, so Peter Wimmer. Denn die Planung von heute sei nicht nur auf den aktuellen Bauherrn zugeschnitten, sondern sollte auch in ferner Zukunft noch funktionieren.

Daten und Fakten

Objekt: Sanierung Stadthaus Römerstraße XIX, 6900 Bregenz

Bauherren: Familien Einsle und Manhart, Bregenz

Architektur: Wimmer-Armellini, Bregenz, www.wimmer-armellini.at

Fachplanung:    Bauleitung: Thomas Spiegel Baumeister GmbH Dornbirn, Statik: Andreas Gaisberger ZT GmbH, www.zt-gaisberger.at; Elektroplanung: Jürgen Hiebeler www.ihm-elektrotechnik.at; Heizung-Sanitärplanung: Bechter GmbH Bregenz

Planung: Juni 2019 bis Juni 2020

Ausführung: September 2020 bis Juni 2021

Grundstück: 597 m²

Ausführende: Baumeister: A. Gobber-Bau GmbH, Bregenz; Holzbau: Rauch GmbH, Egg-Großdorf; Spengler: Schwendinger+Fink GmbH, Wolfurt; Heizung-Sanitär: Bechter GmbH, Bregenz; Elektro: Pircher Elektrotechnik GmbH, Bregenz; Leuchten: XAL GmbH, Thaur; Fenster: Böhlerfenster, Wolfurt; Sonnenschutz: HellaGmbH Abfaltersbach; Verputz Gerüst: Markus Steurer, Höchst; Estrich: Küng Bodenbau GmbH, Thüringen; Schlosser: P-Metalldesign Patrick Fleisch Meinigen; Bodenleger: Fechtig Parkett, Andelsbuch; Fliesenleger: Gort Rudolf GmbH, Frastanz u. v. m.