Mit einer prägnanten Terrassenlandschaft, ihren Überdachungen und
Einfassungen sowie der geschickten Dramaturgie von Einblick
und Aussicht könnte das Einfamilienhaus in Schwarzach auch mitten in der Stadt
seine Qualitäten entfalten: Das Leben im Freien findet nicht nur zu ebener Erde,
sondern vor allem in luftiger, architektonisch gestalteter Höhe statt.

Text: Claudia Rinne | Fotos: Timo Bereiter, Stefan Hauer

Etwas rätselhaft sieht es aus, das dunkel umhüllte Haus. Nicht unfreundlich oder abweisend, aber sehr diskret. Kurz nach der Jahrtausendwende wurde es als Kopfbau einer Stichstraße in flachem Gelände errichtet. Drei lange Jahre stand es als Rohbau da, bis es verkauft und mit einer schwarzen Textilfassade ein erstes Mal vollendet wurde. Der direkte, etwas weiter von der Fahrbahn abgerückte Nachbar im Westen ist ein hell verputztes, zweistöckiges Einfamilienhaus, und in diesem Stil geht es weiter die Stichstraße entlang. Auf der gegenüberliegenden Seite steht eine breit gelagerte, dreigeschoßige Wohnhausanlage mit stark betonten Horizontalen. Jenseits der Hauptstraße und an der Rückseite liegen Wiesen.

Die Grundstücke diesseits sind rund 400 Quadratmeter klein, die Häuser stehen dicht beieinander. Die Stichstraße ist wenig befahren und die Einfamilienhäuser sind nicht durch Zäune oder Mauern von ihr abgegrenzt. Das dunkle Haus an der Ecke gibt sogar an zwei seiner Grundstücksseiten etwas an den öffentlichen Raum ab. Mit dem Verzicht auf die Möglichkeit eines schmalen privaten Ganges zwischen Grundstücksgrenze und Haus gewinnt es entschieden Kontur und Klarheit. Die Abgrenzung zum öffentlichen Raum ist mit der metallenen Fassade oder genauer Hülle besser definiert als ein Zaun es hier könnte. Nur vor dem Eingang steht ein halbhoher Paravent aus verwitterungsbeständigem tricoya-Holz, ergänzt von einem Vordach.

„Ein multifunktionaler Umhang aus Stahl, der dem Baukörper die bis dato fehlenden
Qualitäten im Außenbereich verleiht.“

Timo Bereiter Architekt

Im Kern hat das Haus einen L-förmigen Grundriss, wobei der kürzere Schenkel die Garage enthält. Der erste Stock sitzt als Quader quer über dem Eingangsbereich und der Garage, der eingeschoßige Gebäudeteil im Garten hatte vor Sanierung und Erweiterung ein Kiesdach. Die Familie schlief oben und wohnte unten, eingehegt im Erdgeschoß, das im Wesentlichen aus einem großen Raum bestand, und der Blick endete schon nach wenigen Metern an der Lorbeerhecke. Um mehr zu sehen, integrierten sie ein großes, mit Holz beplanktes Sitzfenster in die Hecke. Aber das genügte nicht. Und so begann die Suche nach einem Grundstück für ein Haus mit Aussicht. Nach Jahren zeigte sich endlich eine Möglichkeit. Die Verkäufer drängten, die Entscheidung musste schnell fallen. Da holte sich die Familie Rat bei albrecht. bereiter architekten. Die kletterten mit ihnen aufs oberste Dach ihrer Bleibe, schauten in die Runde und fanden: das mit der Aussicht geht doch auch hier. Es war alles schon da, was man brauchte, es musste nur noch erreichbar gemacht werden.

Im Garten wurden zwei gedeckte Sitzplätze gestaltet. Das Kiesdach, erweitert um das Dach des Gartenplatzes im Innenwinkel, wurde zur Terrasse nach Süden, und ganz oben auf wurde ein zusätzlicher Wohn- und Arbeitsraum in Holzbauweise gestellt, der halb so groß ist wie der gesamte erste Stock. Dadurch ergab sich eine weitere große Terrasse auf der dritten Ebene, diesmal in Richtung Westen. Die Außenbereiche sind durch eine Treppe miteinander verbunden und durch eine Stahlkonstruktion gestützt, die zugleich das Haus neu konturiert. Umhüllt wird die Konstruktion von einem anthrazitfarbenen Profilblech, sodass die Terrassierungen nur durch zwei große Aussparungen für die Morgensonne zu erahnen sind. Die beiden Ostfenster daneben sind über den ersten und zweiten Stock hinweg zusammengefasst und in hellem Holz prominent gerahmt, um den Abstand zwischen dem Gebäude und seiner gefalzten Hülle auszugleichen. Das dunkle Metall wird in der Sonne zwar heiß, ist aber zu weit von den Hauswänden entfernt, um an sie Wärme abzugeben.

Auch das Innere des Hauses wurde neu organisiert. Das Zentrum der Familie liegt jetzt im ersten Stock. Das Leben spielt sich zwischen neuer Küche, Klavier und Esstisch ab, dazu kommt die weitläufige Südterrasse. Im Erdgeschoß wurden aus dem einen großen Raum drei, aus einer Abstellkammer ein Bad und die bestehende Küche wurde belassen. Dadurch eröffnet sich die Möglichkeit, das Erdgeschoß später auch als Einliegerwohnung zu nützen. Von Anfang an stand fest, dass nicht eine größere Fläche im Inneren weiß werden sollte, und so ist selbst die große Kunststeinplatte in der neuen Küche zartrosa gefärbt, während das Innere der Kästen in einem kräftigen Rosa glänzt.

Eine Baukulturgeschichte von vai Vorarlberger Architektur Institut Das vai ist die Plattform für Architektur, Raum und Gestaltung in Vorarlberg. Neben Ausstellungen und Veranstaltungen bietet das vai monatlich öffentliche Führungen zu privaten, kommunalen und gewerblichen Bauten. Mehr unter Architektur vor Ort auf www.v-a-i.at

Daten und Fakten

Objekt Sanierung Fronhofen, Hörbranz
Bauherr privat
Architektur Julia Kick Architekten, www.juliakick.com
Statik fetz bauingenieur – Bmstr. DI(FH) Martin Fetz, Hohenems
Fachplanung Bauphysik: DI Erich Reiner, Bezau
Planung 08/2020–02/2022
Ausführung 03/2022–04/2023
Grundstück ca. 1900 m²
Nutzfläche ca. 200 m² (zzgl. Keller 85 m²)
Besonderheiten Erhaltenswert gemäß Vorarlberger Wohnbauförderung
Ausführung Zimmerer: Zimmerei Huber, Mellau; Baumeister: Basil Schnetzer, Bregenz; Elektro: Elektro Innovativ, Schwarzach; Installateur: Strele Installationen, Dornbirn; Verputz: Helmut Kalb, Dornbirn; Dachdecker: Dachi, Lustenau; Ofenbau: Henn Herde&Ofenbau, Nütziders; Fenster und Möbel: Tischlerei Sigg, Hörbranz; Steinmetz/Restaurator: Burkhard Fessler, Hard; Pflaster: Daniel Pansi, Dornbirn
Energiekennwert 75 kWh/m² im Jahr (HWB)