Eine Schule bildet Platz
Eine Volksschule mit zwölf Stammklassen in drei Clustern für rund 300 Kinder, dazu ein Turnsaal und ein Vereinshaus, das alles in einem Einfamilienhausgebiet. Das Architekturbüro querformat fand eine großartige Lösung: Es teilte die Funktionen in zwei Baukörper. Nun gibt es dort eine großartige Volksschule mit zwei Eingängen, in der man sich schlafwandlerisch sicher orientieren kann, und einen Turnsaal mit Vereinshaus. Gemeinsam bilden sie einen großartigen Platz.
Text Isabella Marboe · Fotos Angela Lamprecht


Die Volksschule Altenstadt in Feldkirch liegt in einem Einfamilienhausgebiet. Im Nordosten breitet sich vor ihr ein unverbautes Feld aus, an dessen Rand die Zufahrt vom Frauenbündtweg vorbeiführt. Auch im Südwesten grenzt die Schule an eine Wiese. Dort verläuft der Schulweg verkehrsfrei von der Kirchgasse bis zur Schule. Hier gibt es keinen Verkehr. Kinder, Eltern und Lehrerschaft können unbesorgt sein. Das Gebäude kommt ihnen entgegen: Es hat für jeden dieser zwei Zugangswege einen eigenen Eingang. Diese Schule besteht aus zwei Hälften, die gegeneinander verschoben sind. So entstehen am südwestlichen und nordöstlichen Eck je ein angenehm proportionierter, kleinerer Außenhof, der von den Klassentrakten eingefasst wird. Er rollt dem Foyer gleichermaßen einen Teppich im öffentlichen Raum aus. „Wir haben die neue Schule und das Vereinshaus mit Turnsaal auf zwei Baukörper aufgeteilt.

Alle Funktionen in einem Gebäude wäre an diesem Ort ein enormer Maßstabssprung gewesen“, erklärt Paul Steurer vom Architekturbüro querformat. Die Schule ist als konstruktiver, vorgefertigter Holzbau ausgeführt und fügt sich in ihrem Maßstab und der vertikalen Lamellenfassade sehr gut in die umgebende Einfamilienhausstruktur. Den geforderten Turnsaal mit Vereinshaus haben die Architekten zu einem langen, kompakten, eingeschoßigen Gebäude zusammengefasst, das nun leicht schräg östlich der Schule steht und so den nordöstlichen Schulhof zum veritablen öffentlichen Raum adelt. „Fast jeden Abend ist hier ein Sport-, Musik- oder sonstiger Verein aktiv “, sagt Steurer. Auch Bälle und Veranstaltungen finden statt. Das Gebäude ist unterirdisch mit der Schule verbunden, aber separat zugänglich. Es gibt ein neues Probelokal für den Musikverein Altenstadt sowie Unterrichtsräume für die städtische Musikschule, ein großes Foyer, und eine kleine Küche. Das Vereinshaus öffnet sich mit einer durchgehenden Glasfassade und einem großen Vordach zum Platz.


„Wir haben die neue Schule und das Vereinshaus mit Turnsaal auf zwei Baukörper aufgeteilt. Alle Funktionen in einem Gebäude wäre an diesem Ort ein enormer Maßstabssprung gewesen.“
Paul Steurer
Architekt, querformat
Die Volksschule darf also nun einfach Volksschule sein und sie tut das als phänomenales, dreigeschoßiges Punkthaus, das sich so selbstverständlich erschließt, wie es sich nur bei einem gründlich durchdachten Entwurf einstellt. Dieser entwickelt sich aus der Idee mit den zwei Eingängen. Deren Foyers münden in eine haushohe Aula, die von einem Oberlicht natürlich erhellt wird. Um ihren großen, durchgehenden Luftraum verläuft in jeder Ebene ein Umgang, der alle angrenzenden Klassen-, Gruppen-, Neben-, Lehrer-, Sonderräume und auch Stiegenhäuser erschließt. Hier bewegen sich Lehrende und Kinder im Lauf des Tages mehrfach auf, ab, kreuz und quer. Sie sehen einander und können durch den Luftraum hinweg geschoß-übergreifend miteinander kommunizieren. In diesem haushohen, offenen Raum schlägt das Herz der Volksschule Altenstadt. Sie besteht aus zwölf Stammklassen, die in Clustern organisiert sind. Jede Stammklasse hat etwa 25 Schüler(innen), das macht insgesamt rund 300 Kinder.

Der Grundriss ist windradartig um das zentrale, lange Atrium aufgebaut. Es ist auch gleichermaßen gedehnt, damit sich diagonal gespiegelt je ein Cluster darum anordnen lässt. Die Cluster befinden sich im ersten und zweiten Stock: Pro Ebene zwei Cluster, pro Cluster drei Klassen und zwei kleinere Grupperäume um einen zentralen Marktplatz herum, der natürlich in der Mitte liegt und sich mit einer tiefen Terrasse ins Freie ausdehnt. Ebenjene sieht man auch der Fassade an. Je zwei Klassen liegen am Eck, haben also von zwei Seiten Licht. Alle Räume haben 2,20 Meter hohe Holzfenster mit Lüftungsflügeln, die bis zum Boden reichen, und sind auch zum sogenannten Marktplatz aus einer licht- und blickdurchlässigen, verglasten Pfosten-Riegel-Konstruktion. Wobei, nicht ganz: Ein Teil erweitert sich zum Regal mit gläsernem Rücken. Es lässt so sich gut als Auslage der Klasse nutzen – die selbst den Grad an Transparenz bestimmt. Ein anderer Teil der Regale ist wandintegriert. Alles bündig mit Fenstern und Türen. Alles aus Holz, das harmoniert mit dem Eschenboden und der Akustikdecke.


Was das Innenatrium für die Schule ist, ist der Marktplatz für die Cluster – das gemeinschaftliche Herz dieser drei Stammklassen, in dem die Kinder gemeinsam lernen, spielen und chillen. Stiegenhaus und Sanitäranlagen schließen jeden Cluster im Grundriss zum kompakten Quadrat, die Sonderunterrichtsräume und das Zimmer für Lehrer und Lehrerinnen komplettieren den Ring ums Atrium. Letztere sind hier also besonders nah am Herz der Schule. Im Erdgeschoß dient der große, zentrale Raum des Atriums als Speisesaal und Pausenraum, hier hat der Haus- und Hofmeister sein Reich, gibt es eine Bibliothek und ein kleines Pausencafé für die Lehrer. Das haben sie verdient.

Eine Baukulturgeschichte von VAI.
Das vai ist die Plattform für Architektur, Raum und Gestaltung in Vorarlberg.
Es bietet Ausstellungen, Veranstaltungen und Führungen zu diversen Bauten. Mehr Infos auf www.v-a-i.at
Gemeindeamt Gaißau
Bauherrschaft: Gemeinde Gaißau
Architektur: Stöckler Gruber Architekten ZT GmbH
Planung: 2022
Ausführung: 2023–2024
Fachplanung: Statik: gbd ZT GmbH, Dornbirn
Bauphysik: DI Christian Rothe M.BP Bauphysik GmbH, Hard; Elektroplanung: Walter Bischof, Tschagguns
Auswahl ausführender Firmen: Baumeister: Lutz Bau GmbH, Gaißau; Trockenbau: MB Michael Bischof GmbH, Hard; Fenster: Metzler Fensterbau GmbH, Hohenems; Möbel: Tischlerei Michael Hofer GmbH, Höchst
