Erstlingswerk
Das Große im Kleinen denken, das Kleine im Großen.
Ein Einfamilienhaus in Andelsbuch integriert sich
vorbildlich ins Siedlungsgefüge. Nicht allein wird hier gewohnt,
sondern im Dorf.
Autorin: Verena Konrad | Fotos: Adolf Bereuter, Angela Lamprecht
Der Weg zum Haus schlängelt sich bald durch das ganze Ortsgebiet. Hier reiht sich Haus an Haus. Keine großen Gärten, überschwenglichen Gesten. Dorfleben. Neu dazu gekommen ist das „Fox-Haus“. Auffällig ist von außen schon die Gruppierung der Häuser. „Es erinnert wirklich ein bisschen an Bullerbü“, greift die Bauherrin diesen Gedanken auf. „Wir pflegen hier eine sehr gute Nachbarschaft. Daher wollten wir uns auch nicht abschotten, sondern das Haus zur Siedlung hin öffnen.“ Diese Öffnung ist auch sichtbar durch die Platzierung von Eingang und Fenstern. „Unser Hauptraum ist definitiv die Wohnküche. Auf dieser Ebene haben auch die Kinder ihre Räume, verbunden durch ein kleines Kinderbad. Hier findet das Familienleben statt und eben nicht nur innen, sondern auch draußen.“ Etwa auf einem kleinen Platz, der sich zwischen den Häusern ergeben hat bzw. der durch die Stellung der Häuser geschaffen wurde. Der Platz ist Treffpunkt für Groß und Klein, Spielplatz, Ort für Feste.
Errichtet wurde das Haus mit zwei jungen Architektinnen. NONA Architektinnen, das sind Anja Innauer und Nora Heinzle. Für beide ist es das Erstlingswerk als Duo. Ein Architekturbüro zu gründen ist ein Schritt, den sich viele mehrfach überlegen. Nora Heinzle und Anja Innauer haben sich vor gut zweieinhalb Jahren selbstständig gemacht.
„Wir waren zuvor Mitarbeiterinnen in verschiedenen Architekturbüros, teilweise auch international und konnten viel Erfahrung sammeln. Dann haben wir den Schritt gewagt.“ Seither sind das Fox-Haus entstanden, der „Marktständler“ für den Witus-Markt in Bezau, der Umbau eines Kindergartens in Hittisau wurde gerade fertiggestellt, aktuell in Planung ist der Umbau der Postgarage in Dornbirn. Der Bau von Einfamilienhäusern ist in der Architekturbranche ein wenig in Verruf geraten. Zu widersprüchlich ist der Anspruch, ein gutes Projekt zu schaffen und gleichzeitig Verantwortung für eine räumliche Entwicklung in größeren Maßstäben zu übernehmen. Dieses Dilemma spüren vor allem junge Büros, denn diese Bauaufgabe kommt meist zuerst. „Es war natürlich auch für uns ein Thema. Das Errichten von Einfamilienhäusern aber ganz der Industrie zu überlassen, halten wir ebenso für problematisch. Wir denken, dass wir Kontext und Anspruch gut reflektieren können und entscheiden bei jedem Projekt neu – eben dann, wenn wir Ort und Leute kennen und die Auswirkungen unseres Handelns einschätzen können.“
„Wir reflektieren Anspruch und
Kontext der Bauaufgabe mit den Bauherren.
Dabei lernen alle dazu.“
NONA Architektinnen
Bezogen auf das Fox-Haus ist diese Reflexion gut gelungen. Es sind kleine Details, die es eben nicht von der Stange gibt, die dieses Haus atmosphärisch aufladen – und: die sehr praktisch sind. Praktikabilität war tatsächlich ein Hauptwunsch der Bauherren. Diese zeigt sich in der Anordnung der Räume, kleinen Kniffen wie bündigen Abschlüssen, Details in der Möbelplanung, die die Architektinnen über weite Strecken mitausführten. Das Atmosphärische kommt über das Licht und die Wahl von Materialien – hier im Bregenzerwald natürlich viel unbehandeltes Holz.
Das Haus schraubt sich vom belebten Erdgeschoß nach oben und unten. Der Keller ist großzügig angelegt. Hier sind Infrastrukturräume wie Heiz- und Trockenraum, Abstellflächen, Waschraum und Sauna. Im Obergeschoß ist das Wohnzimmer, ein sich spitz ins Dach ausbreitender Raum mit viel Luft und Licht. Es gliedern sich ein Arbeitsraum, das Elternschlafzimmer und Bad an. Auch hier gab es viel zu tüfteln, denn Architektur zu schaffen, bedeutet immer auch, Lebensumstände zu analysieren, Bedürfnisse zu erkennen. Diese sind hier auch geprägt durch die Verbindung von Beruf und Familie. Durch ein Ermöglichen von individuellen Rhythmen für alle vier Hausbewohner(innen). So wurde der Schrank ans Bad angeschlossen. Ein ungewöhnliches Detail, das dem sehr frühen Arbeitsbeginn geschuldet ist. Die Stiege wurde mittig und damit raumbestimmend ins Haus gesetzt. „Wir haben an mögliche künftige Bedürfnisse gedacht. Wir können aus dem Haus später einmal ganz einfach zwei Wohnungen machen“, erklärt die Bauherrin. Resümee: Das Fox-Haus zeigt im Kleinen große Bewegungen auf – was Dorfleben, Familienleben und Arbeitsleben 2018 bedeuten können und ist dabei sympathisch, bodenständig und gelassen. Ein gelungenes Erstlingswerk und ein schönes neues Zuhause für eine Bregenzerwälder Familie.
Daten & Fakten
Objekt FOX Haus
Eigentümer Familie F.
Architektur NONA Architektinnen, Dornbirn, www.nona-architektinnen.at
Bauleitung Flatz & Jäger, Bezau
Statik Günther Hammerer, PlanDREI, Egg
Bauphysik Erich Reiner, Bezau
Planung 9/2016–10/2017
Ausführung 10/2017–7/2018
Grundstücksgröße ca. 489 m²
Wohnnutzfläche 150 m² (zzgl. Keller)
Bauweise Massivbauweise mit Thermophor-Ziegel ohne Wärmedämmung, hinterlüftete Rundschindelfassade; Warmdach mit offener Holzkonstruktion, Blecheindeckung; Keller Stahlbeton auf Pfahlgründung; Fußbodenheizung, Erdwärme; Holzfenster mit Eck-Verglasung, Dachverglasungen; Innenwände verputzt/gemalt, Böden: geschliffener Betonboden, Massivholzdielen Weißtanne; offener Kamin; Einrichtung Weißtanne massiv
Ausführung Baumeister: Erich Moosbrugger Bau, Andels-
buch; Zimmerer: Kaspar Greber, Bezau; Dach: Peter Dachdecker, Schwarzenberg; Installationen: Siegfried Steurer, Andelsbuch; Elektro: Elektro: Beer, Bezau; Fassade: Albert Hager, Mellau; Fenster/Türen: Alex Beer, Schnepfau; Dachverglasung: Rudolf Meier, Bezau; Innenausbau: Martin und Wendl Comper, Egg; Böden: Johannes Lerbscher, Hard / Raum und Zeit, Bartle Düringer, Andelsbuch; Einrichtung: Geser, Andelsbuch; Ofen: Anton Beer, Schoppernau
Energiekennwert 40 kWh/m² im Jahr