An der Bödelestraße in Watzenegg, nach der letzten großen Kurve vor dem Ortsausgangsschild von Dornbirn, wurde eine Wiese verkauft. Ein Glücksfall, denn bebaubare Grundstücke in dieser Größe und Lage kommen nur selten auf den Markt. Ein Glücksfall auch für alle, die sich rechtzeitig für das Wohnen in der entstehenden Kleinwohnanlage interessierten: Sie konnten  Gestaltungswünsche realisieren.

Text: Claudia Rinne | Fotos: Cornelia Hefel

Die Kleinwohnanlage besteht aus zwei Baukörpern, die unterirdisch mit einer Tiefgarage verbunden sind. Die Firste ihrer flachen Satteldächer folgen der Neigung des Hanges und sind dem entsprechend leicht gegen-einander verdreht. Dadurch ist der Platz zwischen den Baukörpern in Richtung Rheintal geöffnet, und die Sichtbeziehungen zwischen den Terrassen des oberen Hauses und den wenigen platzseitigen Fenstern des unteren bleiben angenehm diskret. Auch von oben, von der Bödelestraße aus, ist die Anlage kaum einsehbar und erscheint gerade einmal zweigeschoßig. Das obere Haus ist zwar das kleinere von beiden, verdeckt aber, von seiner Giebel- und Eingangsseite aus gesehen, das untere vollständig. Mit ihren immerhin zwölf Wohnungen passen sich die großvolumigen Baukörper verblüffend gut in die umliegenden Einfamilienhäuser und kleinen Höfe ein. Die dunkle, bewusst an die benachbarten alten Schindelfassaden angelehnte Lasur der Holzfassaden hilft zwar dabei, macht aber in ihrer Homogenität gleichzeitig auf den ersten Blick klar, dass hier etwas Neues steht. Natürlich Vergrautes sieht einfach anders aus. Auch die vorgeschriebenen Satteldächer wurden modern interpretiert. In derselben Farbe wie die Fassaden gehalten, kommen sie ohne deutlichen Dachüberstand aus und haben seitlich verschobene Firste.

Die Erschließung so vieler Wohnungen direkt von der gut befahrenen Bödelestraße aus war nicht möglich. Zwar ist der Eingang zum oberen Haus an ihr platziert, mit dem Auto kommt man aber über eine Zufahrt, die unterhalb der Anlage von einer Nebenstraße abzweigt, zur Tiefgarage und einem zentralen, gepflasterten Platz. Über diesen erreicht man den geschützten Eingang zum unteren Haus sowie die Treppe, die zum oberen Haus führt. Im Alltag gelangen die meisten Bewohner direkt von der Tiefgarage aus in ihr Zuhause, barrierefrei. Auch die Wohnungen sind so angelegt, dass sie ohne großen Aufwand an diese Anforderung adaptiert werden können.

„Das Gelände und die Situation des Projekts waren eine Herausforderung, jedoch ist aus unserer Sicht ein gelungenes Beispiel einer Nachverdichtung im Zuge der Errichtung dieser Kleinwohnanlage entstanden – mit all den Qualitäten dieser exzellenten Lage.“

Michael Wehinger
Architekt

Der von Sichtbetonmauern eingefasste Platz ist ein starker Eingriff in die Topografie, der vor allem dem Auto zuarbeitet. Gemeinsam mit der Tiefgarage gleicht er die Niveauunterschiede zwischen den beiden oberirdischen Baukörpern verbindend aus. Aber je öfter wir ihn überqueren, umso deutlicher kommen einem seine weiteren Möglichkeiten in den Sinn: als gemeinsame Terrasse für Sommerfeste, als Platz für Kinderspiele mit allem, was Räder hat, als Arena für Zuschauer vom oberhalb gelegenen Kinderspielplatz aus, inklusive Hinterbühnen. Von den höchstgelegenen Wohnungen des unteren Hauses, genauer von ihren Terrassen aus, sieht man den Bodensee. Eine dieser Wohnungen ersetzt ihren neuen Besitzern mühelos das Haus, das sie verkauft haben, nachdem ihre Kinder ausgezogen sind. Da ihnen ein Arbeits- oder Gästezimmer genügt, haben sie das vierte Zimmer in ein vergrößertes Schlafzimmer – mit Ankleideraum – und Badezimmer verwandeln lassen. Alle Türen sind raumhoch und bündig in die Wand gesetzt, auch dies ein Wunsch der neuen Besitzer.

Die Latten an der Terrassenseite zum angrenzenden Grundstück haben sie extra schräg stellen lassen, damit sich die Nachbarn weiterhin unbeobachtet in ihrem Swimmingpool tummeln können. Und viel weniger Arbeit haben sie mit der modernen Wohnung als mit dem alten Haus, vom Garten gar nicht zu reden. Nicht einmal Pflanzen brauchen sie auf der Terrasse, der Mischwald, in den man schaut, ist zu jeder Jahreszeit so schön, den Blick würden Kübel nur verstellen. Mit dem Wohnungsnachbarn haben sie sich abgesprochen, dass sie die gleiche Markise wählen, Farbton, Neigung, Konstruktion, das schaut gut aus von außen. Auch der Fernseher steht anders, als der Verkaufsprospekt suggerieren wollte. Er steht vor dem raumhohen Panoramafenster und sieht plötzlich viel kleiner aus, als er ist. Sollte man die Couch nur wegen des Geräts zur Wand hin orientieren? Dann würde man ja immer dem Panorama den Rücken kehren! Nahversorger, Feuerwehr und Bushaltestelle sind in unmittelbarer Nähe. In die Stadt dauert es mit dem Bus nur fünf Minuten länger als mit dem Auto, oder nicht einmal das, wenn man die Parkplatzsuche bedenkt. Zusätzlich haben sie ein E-Bike gekauft, und genießen die neue Freiheit.

Daten und Fakten

Objekt: Wohnanlage Bantling, Dornbirn

Bauherr: ZIMA Wohn Baugesellschaft mbH

Architektur: Johannes Kaufmann und Partner,Dornbirn

Statik: Mader|Flatz|Schett ZT GmbH, Bregenz, www.mfs-zt.at

Fachplanung: Bauphysik: Spektrum, Dornbirn; Elektro: Dorfinstallateur, Götzis

Planung: 06/2018–05/2019

Ausführung: 05/2019–09/2020

Grundstück: 2056 m²

Nutzfläche: 988 m² (Keller inkl. Tiefgarage: 649 m²)

Bauweise: Untergeschoß in Massivbauweise; Außenwände Stahlbeton mit geschlossener Holzfassade; Satteldach als Warm- und Kaltdach in Holz- und Stahlbeton; Blecheindeckung

Ausführung: Baumeister: Hilti & Jehle, Feldkirch; Holzbau: Dobler, Röthis; Fenster: K-Wert, Dornbirn; Böden: Raum und Zeit, Dornbirn und Fliesenpool, Götzis ; Heizung/Lüftung/Elektro: Dorfinstallateur, Götzis; Schlosser: Harald Simeoni, Andelsbuch

Energiekennwert: 30,3 kWh/m² im Jahr (HWB)

Baukosten : ca. 3,5 Mio. Euro