Unter der Bezeichnung „Transfer Wohnraum Vorarlberg“ haben
Konrad Duelli, Andreas Postner und Hermann Kaufmann
in Arbeitsgemeinschaft eine Architekturinitiative gestartet,
die kostengünstigen Wohnraum
auf kirchlichen Grundstücken errichtet.

Autorin: Verena Konrad | Fotos: Petra Rainer

Ende 2014 gelangten Konrad Duelli und Andreas Postner zur Überzeugung, nicht nur ihr zivilgesellschaftliches Engagement, sondern auch ihre Profession für einen Beitrag im Zusammenhang mit den bevorstehenden Flüchtlingsbewegungen zur Verfügung zu stellen. „Wir kannten die Fakten, die das UNO-Hochkommissariat für Flüchtlinge bereits veröffentlicht hatte, die in den Medien und in der Politik damals aber noch kaum gehört wurden. Die Flüchtlingsströme würden sich verstärken. Wir haben daher im Freundeskreis Szenarien durchgespielt, wie sich das auf das Wohnen in Vorarlberg auswirken könnte. Wir nahmen an, dass wir Flüchtlinge nicht wie bei der Ex-Jugoslawienkrise nur in privaten Quartieren unterbringen können und so haben wir den Bischof der Diözese Feldkirch, Benno Elbs, kontaktiert. Wir haben gehofft, dass sich die Kirche für die Thematik interessiert und das war auch so“, blickt Postner zurück.

Als Andreas Postner, Konrad Duelli und Hermann Kaufmann als Dritter im Bunde sich zusammenschlossen, um mit der katholischen Kirche, dem Land Vorarlberg und Partnern aus der Baubranche über eine Bebauung von diözesanen Grundstücken zu sprechen, waren in Vorarlberg offiziell ca. 6500 Wohnungssuchende gemeldet. Der Preis von Baugrund war unaufhaltsam im Steigen begriffen, ebenso dringlich war, dass geschätzt 10.000 leerstehende private Wohnungen nicht auf dem Markt angeboten wurden. Der Wohnungsmangel traf und trifft noch immer vor allem junge Menschen, Familien und Ankommende.

Die Diözese engagierte sich umfassend und untersuchte eigene Liegenschaften. 45 Baugrundstücke wurden als mögliche Standorte für „karitativen“ Wohnbau iden-tifiziert und näher untersucht. „Die Projekte werden auf Grundstücken der Diözese im Baurecht realisiert“, erläutert Duelli das Prinzip. „Im Zentrum steht ein raumplanerisches und sozialpolitisches Programm, das kulturelle Traditionen ebenso berücksichtigt wie juristische und wirtschaftliche Bedingungen. Die Anlage ist konzipiert als nachhaltiger, kostengünstiger und sozialer Wohnbau im Sonderwohnbauprogramm des Landes. Zwei Drittel der Bewohner(innen) sind von der Gemeinde zugewiesen, ein Drittel Klient(inn)en der Caritas.“

Diese Form der Kooperation hat auch Planung und Produktion aller seither gebauten Wohnanlagen bestimmt und wurde ergänzt um die jeweilige Standort- wie auch Pfarrgemeinde und das Institut für Sozialdienste. Entscheidend für die Umsetzung war die Partnerschaft mit der gemeinnützigen Wohnbauselbsthilfe und Rhomberg Bau, zuerst mit Sohm Holzbau, seit dem Projekt im Froschweg mit weiteren Betrieben. Nachbarschaft, Quartiersgedanke und ein Mehrwert für die Umgebung waren von Anfang an wichtig. „Wir wollen kostengünstigen Wohnraum in ländlichen Regionen bereitstellen. Besonders an diesem Projekt ist seine verträgliche Größe, die gut in dörfliche oder kleinstädtische Strukturen passt. Auch Typologie und Materialität sind vertraut.“ In Dornbirn hat das Projekt abermals neue Gestalt angenommen. Zwei Baukörper fügen sich – leicht geknickt – aneinander. Die leicht verzerrte L-Form ermöglicht dem Bauwerk, das an einer stark befahrenen Straße und in einem derzeit mit Neubauprojekten intensiv bearbeiteten Gebiet steht, etwas Freiraum mit kleinen Nutzgärten und Spielflächen. Flexibler Holzbau ermöglicht die Orientierung an Grundstücksbedingungen und hat auch für die Gestaltung der Wohnungsgrößen ausreichend Spielraum.

„Besonders an diesem Projekt ist seine verträgliche Größe,
die gut in dörfliche oder kleinstädtische Strukturen passt.
Auch die Typologie ist eine vertraute, die
Materialität ebenso.“

Andreas Postner, Konrad Duelli
Architekten

Alle 21 Wohnungen sind solide ausgestattet. „Mit allem, was man wirklich braucht.“ Einen Keller gibt es auch im Froschweg nicht, irgendwo musste ja eingespart werden. Dafür Abstellräume im Erdgeschoß und Unterstellplätze für Fahrräder, Kinderwägen und Hilfsgeräte gleich beim Eingang. Und 18 Autoabstellplätze.

Im Froschweg ist ein weiteres Projekt realisiert – wieder in neuer Gestalt und daher auch in mancher Weise weniger effizient als andere Projekte, die derzeit den sozialen Wohnbau in Vorarlberg durch Standardisierung und Vorproduktion vorantreiben. Die Transferprojekte sind jedoch kein Produkt, sondern Architektur geblieben. Ihre Gestalt ist wandelbar, nicht aber ihre Haltung – nämlich, dass jeder Mensch ein Recht auf Wohnraum hat.

Eine Baukulturgeschichte von
vai Vorarlberger Architektur Institut
Das vai ist die Plattform für Architektur, Raum und Gestaltung in Vorarlberg. Neben Ausstellungen und Veranstaltungen bietet das vai monatlich öffentliche Führungen zu privaten, kommunalen und gewerblichen Bauten. Mehr unter Architektur vor Ort auf www.v-a-i.at

Daten & Fakten

Objekt Wohnhausanlage Froschweg Dornbirn
Bauherr Wohnbauselbsthilfe
Architektur postner/duelli architekten, Rankweil; Hermann Kaufmann + Partner ZT, Schwarzach, www.hkarchitekten.at
Statik Mader + Flatz ZT, Götzis
Fachplanung Bauphysik: Günther Meusburger, Schwarzenberg; Geotechnik: BGG Consult Dr. Peter Waibel ZT, Hohenems
Planung 2018–2019
Ausführung 2020
Grundstück 2055 m²
Nutzfläche 1249 m²
Bauweise Holzrahmenbau mit Brettsperrholzdecken; Bodenplatte, Decke Erdgeschoß und Stiegenhaus Beton; Außen- und tragende Innenwände Holzrahmen; Fassade Holzschirm; Holzfens­ter dunkelgrau beschichtet; Balkone mit verzinkten Stahlstützen und Geländern; Flachdach mit Solaranlage; Heizung Fernwärme; Fußbodenheizung
Ausführende Generalunternehmung: Rhomberg Bau, Bregenz; Baumeister: Erich Moos­brugger, Andelsbuch; Holzbau: Fritz, Bartholomäberg; Heizung, Lüftung, Sanitär: Dr’Wäldar, Bezau; Elektro: Maldoner, Lauterach
Energiekennwert 26,3 kWh/m² im Jahr