Das neue Stadthaus „Kleiner Löwe“ am zentral gelegenen Kornmarktplatz
in Bregenz beherbergt seit wenigen Monaten ein kleines, gleichnamiges Hotel
sowie eine Privatwohnung. Die markante Fassade des in Bregenz bekannten und
von der Bevölkerung wertgeschätzten Vorgängerbaus blieb erhalten, sodass sich
das Gebäude im bestehenden Kontext der Stadt nahtlos einfügt.

Text: Verena Konrad | Fotos: Daisuke Hirabayashi und Montamont

Das im 19. Jahrhundert errichtete Gebäude wurde in verschiedensten Funktionen von einer Bierbrauerei, als Kino, Bank, Möbelhandel sowie in jüngerer Vergangenheit als Bar und Club genutzt und dabei immer wieder erheblich umgebaut. Der Kornmarktplatz ist gesellschaftliches und kulturelles Zentrum der Stadt. In unmittelbarer Nähe befinden sich das vorarlberg museum, das Kunsthaus Bregenz, das Landestheater sowie zahlreiche Lokale und Geschäfte. So lebendig sich die Nordseite des Gebäudes zeigt, so ruhig ist es in Hofrichtung. Zwei Brandmauern schließen das Gebäude entlang der Längsseiten zu den Nachbarbauten ab. Die beiden Längswände werden über ein tonnenförmiges Dach verbunden. Brandwände und Dachrundung sind einheitlich verkleidet und bilden eine weiße Metallhaut, die farblich auf die in hellem Lichtblau mit weißen Verzierungen gehaltene Bestandsfassade abgestimmt ist. Großzügige Verglasungen geben den Blick frei zum See und über die Dächer zum Bergrücken des Pfänders, dem Bregenzer Hausberg. Entsprechend orientieren sich die Wohnräume und auch die Hotelzimmer zu den beiden Schmalseiten des Baus. In der Gebäudemitte liegen die vertikale Erschließung sowie eine Dachterrasse, die über einen Dachausschnitt Tageslicht ins Gebäudeinnere bringt. Der multifunktional nutzbare Salon im Erdgeschoß erstreckt sich über die ganze Haustiefe, kann aber durch eine bewegliche Trennwand in zwei separat nutzbare Räume geteilt werden.

Im Innenraum zieht sich die aus der Bestandsfassade abgeleitete Sprache weiter. Vom Kornmarktplatz aus betritt man das Haus über das Entrée, in dem sich das Lichtblau der Platzfassade wiederfindet. Ebenerdig gelangt man in den Salon, der sich über die gesamte Tiefe des Hauses erstreckt und als Lobby, Frühstücksraum des Hotels und Veranstaltungsfläche dient. Die Wände sind holzgetäfert und stoffbespannt, im hinteren Gartenzimmer ist die gesamte Fassade verglast und öffnet den Raum zum Garten im Innenhof.

„Der Kleine Löwe hat sich seine Präsenz
am Kornmarktplatz durch Architektur geschaffen. Er ist zudem ein Zeichen
für die Wende in der Architektur in Richtung Bestand.“

Verena Konrad
Direktorin vai Vorarlberger Architektur Institut

Über ein Mezzanin erreicht man die Hotelgeschoße. Auf den zwei Hoteletagen gibt es jeweils vier Zimmer, zwei zum Platz und zwei zum Gartenhof. Die Zimmer werden jeweils über einen Eingangsbereich mit Badezimmer betreten, das über eine Viertelrundung den Blick in den Hauptraum öffnet. Zum Hof hin sind die Zimmer vollflächig zum Garten verglast. Ein schlanker Balkon zieht sich entlang der Fassade und erweitert sich zu einer viertelkreisförmigen Loggia vor den südwestlichen Zimmern.

Die dritte Etage ist analog zu den beiden Hotelgeschoßen organisiert. Hier befinden sich die Privaträume. Im Dachgeschoß öffnet sich eine Raum-Enfilade unter dem großen, schon von weitem sichtbaren und markanten Tonnendach, mit Wohnbereich, Kaminzimmer und Küche.

Mit dem Kleinen Löwen hat Bregenz nicht nur ein hochwertiges neues Stadthotel an einem zentralen Stadtplatz erhalten, sondern auch ein architektonisches Bekenntnis zum Bestand. So gehört das Schweizer Architekturbüro Herzog de Meuron zu den Botschaftern der europäischen Bürger(innen)initiative „House Europe!“, die den Umgang mit Bestand in Europa verändern möchte und ab Februar um Unterschriften für eine europäisch parlamentarische Initiative wirbt. Dazu gehört auch das Engagement im eigenen Bereich, inspirierend vorgeführt in Bregenz.

Objekt: Kleiner Löwe

Bauherr: Johannes Glatz und Lisa Rümmele

Architektur: Herzog & de Meuron, Basel;
Projektleitender Architekt: Robert Hösl, www.herzogdemeuron.com
Partnerarchitekten: Metzler Schelling Architekten

Fachplanung: Tragwerksplanung: M+G Ingenieure; Bauphysik: Hafner Weithas; Fassadenplanung: PLG Fassendentechnik

Fertigstellung: 2024

Besonderheiten: Stadthotel in historischem Bestand an zentralem städtischen Platz; Ausbau Wohnetage über dem Hotel