Umgeben von anderen Wohnbauten und dennoch mitten im Grünen liegt das kleine Wohnhaus Piroddi. Die Bauherrin hat sich ihren Traum vom platzsparenden und lichtdurchfluteten Wohnen verwirklicht. Trotz großer Fenster bleibt die Privatsphäre dank einer geschickten Steuerung der Ein- und Ausblicke gewahrt.

Text Katinka Corts · Fotos Maria Ritsch

Eng zwischen die umgebende Bebauung eingepasst, ist das Haus Piroddi in Dornbirn passgenau auf die Bauherrin zugeschnitten. Auf der Suche nach einem Bauplatz, auf dem sie ihren Wunsch des platzsparenden und zugleich lichtdurchfluteten Wohnens umsetzten lassen konnte, fand sie ein Grundstück in dritter Reihe mit Bestandsgebäude und noch bebaubarer Wiese dahinter. Auf diese haben Wolfgang Ritsch Architekten den zweigeschoßigen Holzbau so platziert, dass davor ein Pool passt. Den dazugehörigen Garten nutzen die Bauherrin und ihre Tochter, die das Vorderhaus bezogen hat, gemeinsam. „Wir haben lange an einer Lösung gefeilt, wie wir das kleine Haus geschickt platzieren“, so Wolfgang Ritsch. „Alle Abstände und Höhen haben wir zentimetergenau berechnet, da es viele Baulinien einzuhalten galt. Schlussendlich haben wir alle Möglichkeiten ausgereizt, um das Bauvorhaben zu realisieren.“

Damit das neue Haus möglichst klein gebaut werden konnte, wurde entschieden, die Technik für beide Bauten sowie den Pool im Altbau unterzubringen – der Neubau benötigt daher weder Keller noch große Technikflächen. Die Solar- und Photovoltaikanlagen beider Gebäude sind mit Pufferspeichern so kombiniert, dass die gesamten Leitungs-Infrastrukturen für das neue Gebäude mit einer unterirdischen Leitungstrasse verbunden werden konnten.Im Wohnhaus liegen alle privaten Zimmer im Obergeschoß, im Erdgeschoß nimmt der großzügige Wohn- und Essbereich mit der angrenzenden, halboffenen Küche fast die Hälfte der Fläche ein. Eine seitlich schmale und zum Pool hin breitere Holzterrasse schließt schwellenfrei an den Innenraum an, der von raumhohen Glasscheiben und Schiebetüren umschlossen ist.

„Alles, was gemeinsam genutzt werden kann, wird auch gemeinsam genutzt. So sind beide Häuser versorgt und die dafür notwendige Technik minimiert.“

Wolfgang Ritsch
Architekt

Die gesuchte Verwebung von Innen und Außen gelingt damit vortrefflich und die Jahreszeiten kommen quasi ins Haus, wie es die Bauherrin Gudrun Piroddi formuliert. Das für die Wände verbaute Holz stammt aus der Region, jenes für die Deckenelemente aus Fichte jedoch nicht. Das führte zu erheblichen Schwierigkeiten bei der Materialbeschaffung, wie sich Wolfgang Ritsch erinnert: „Aufgrund von globalen Marktentwicklungen und der Nachfrage aus Amerika kam es zu Preissteigerungen. Wir mussten das uns bereits zugesprochene Holz mehrfach in Bieterrunden gegen andere Interessenten verteidigen, was zu Mehrkosten von etwa 20 Prozent und einem halben Jahr Bauverzögerung führte.“

Lokal produziert sind hingegen die Türen und Schreinermöbel aus heller Weißtanne, die die überhohen Räume wohnlich und einladend wirken lassen. Den fehlenden Keller kompensierten die Architekten mit geschickt und dezent gesetzten Stauflächen und Schränken, zum Beispiel unter der Treppe: Zentral gelegen, fasst der darunter liegende Luftraum hohe und niedrige Schrankelemente so, dass die Treppe dennoch als ein kompaktes Holzelement wahrgenommen wird. Für eine optische Abwechslung zwischen so viel Holz und zur zusätzlichen Verbesserung des Raumklimas wünschte sich Gudrun Piroddi eine frei stehende Lehmwand als Trennung zwischen Essbereich und Küche. So ist letztere nicht ständig einsehbar, bleibt aber dennoch zweiseitig begehbar.

Das rohe Material hat einen angenehm rustikalen Charakter in der ansonsten sehr schlichten und modernen Architektur des dezent möblierten Hauses. „Bei einem anderen Projekt hatte ich eine solche Lehmwand gesehen und dachte mir, dass so eine gut zu dem Haus passt“, erklärt die Bauherrin. „Wichtig war mir aber, dass sie natürlich bleibt und nicht gestrichen wird.“ Im Gegensatz zum Erdgeschoß ist das Obergeschoß geschlossener, die Fenster erlauben gezielte Ausblicke in Richtung Morgensonne und Garten. „Die privaten Ruheräume sind vor direkten Einblicken geschützt – und dennoch sind die Zimmer voller Licht“, so Piroddi begeistert. Trotz kleiner Kubatur ist im Wohnhaus genügend Platz für eine Ankleide und ein Gästezimmer vorhanden. Auf wenig Raum nicht nur die besonderen Gegebenheiten eines scheinbar ungeeigneten Grundstücks optimal auszunutzen, sondern auch ein vielfältiges Innenleben zu gestalten, ist hier vollends gelungen.

Eine Baukulturgeschichte von VAI.

Das vai ist die Plattform für Architektur und Baukultur in Vorarlberg. Es bietet eine Bibliothek, Aus-stellungen, Veranstaltungen und Vor-Ort-Termine in den Gemeinden: Mehr Infos auf www.v-a-i.at

Bauherrenschaft: Gudrun Piroddi
Architektur: Wolfgang Ritsch Architekten, Dornbirn; www.ritsch-architekten.com
Statik: Hämmerle Huster Statik – Ziviltechniker GmbH
Planung: Oktober/2019–Juni/2022
Ausführung: März/2021–Juli/2022
Grundstück: 966 m²; Nutzfläche: 97,33 m²
Energiekennwert: 47,1 kWh/m²a im Jahr (HWB)
Kosten: ca. 650.000 €
Fachplanung: Bauphysik: SPEKTRUM Bauphysik & Bauökologie GmbH; Vermessung: Vermessung Mattner ZT GmbH; Entwässerungsplanung: Ingenieurbüro Landa GmbH