Wer seinen Alltag nicht selbstständig bewältigen kann, kann vielfach nicht am öffentlichen Leben teilnehmen.

Ich bin anders, weil ich wie alle bin und weil alle anders sind“, sagte der Musiker Rio Reiser von der linksalternativen Band „Ton Steine Scherben“. Mit diesem Satz traf der Musiker den Kern des Inklusionsgedankens. Jeder ist anders, besonders in der heutigen Gesellschaft der Individualisten. Inklusion bedeutet, dass alle Menschen an etwas teilhaben können, unabhängig von ihrer Herkunft, Alter, Geschlecht, körperlichen Eigenschaften, sexueller Orientierung, Religion und Weltanschauung. Die Inklusion umfasst also mehr als die Gruppe der Menschen mit Behinderung. Sie umfasst alle Menschen. Die UN-Behindertenrechtskonvention ist die Fassung der allgemeinen Menschenrechte für Menschen mit Behinderung. Laut dieser Konvention sind die Voraussetzungen, dass auch Menschen mit Behinderung an einem Leben in der Gemeinschaft teilnehmen können folgende Punkte: die Zugänglichkeit – Barrierefreiheit, selbstbestimmt zu leben, Teilhaben zu können und mobil zu sein. Menschen, die nicht selbstständig am öffentlichen Leben teilnehmen können, leben oft in sozialer Isolation. Zwar ist es möglich, den Betroffenen durch eine Pflegekraft zu helfen, das verhilft ihnen aber nicht zu einer eigenständigen und selbstbestimmten Lebensweise. Je mehr Hilfe jemand benötigt, umso mehr ist er entweder von seinem Umfeld abhängig, oder muss mit hohen Kosten für eine Pflegekraft rechnen. Eine barrierefreie Umwelt ist für 10 % der Bevölkerung zwingend erforderlich, für 40 % notwendig und für den Rest wesentlich komfortabler. Die Veränderungen der Bedürfnisse im Laufe eines Menschenlebens erfordern neue Konzepte beim Bauen und Umbauen.

Ohne Einschränkungen

Die Barrierefreiheit ermöglicht allen Menschen die uneingeschränkte Nutzung von Dienstleistungen, Einrichtungen und Gegenständen im täglichen Leben, ohne Erschwernis und ohne fremde Hilfe. Barrierefreie Gebäude sind schwellenlos und ohne Hilfe für alle zugänglich, mit breiten Eingängen, automatischen Türen, großen Aufzügen und gut beleuchtete Räume mit großen Bewegungsflächen. Auch die Zugänge und Außenbereiche von Wohnanlagen sollten barrierefrei erreicht werden und alle Wohnräume innerhalb einer Wohnung sollten ebenfalls nach den Grundlagen des barrierefreien Bauens gestaltet sein. Mobil zu sein, steht ebenfalls in UN-Behindertenrechtskonvention. Um alles gut erreichen zu können, benötigen die Menschen barrierefreien Verkehr. Das bedeutet, dass Verkehrsanlagen, Verkehrsmittel und Grünflächen stufenlos erreichbar sind und ausreichend Verkehrsmittel zur Verfügung stehen. Die Informationsangebote sowie die Leit- und Orientierungssysteme in Gebäuden, an den Haltestellen und in den Verkehrsmitteln sollten nach dem „Zwei-Sinne-Prinzip“ gestaltet sein. Barrierefreie Kommunikation und Information bedeutet, dass alle Informationen so übertragen werden, dass sie von allen Nutzern unabhängig von körperlicher und geistiger Verfassung verstanden werden können. Nicht nur bauliche Hindernisse, wie Treppen und Schwellen, schränken Menschen ein. Seh- und Hörbehinderte Menschen benötigen spezielle Orientierungssysteme, um sich frei und gefahrlos bewegen zu können. Die Informationen, die den Nutzer leiten, warnen, oder Orientierung geben, gehen über drei Wege, visuell über das Sehen und Erkennen, auditiv über das Hören und Verstehen und taktil über das Ertasten und Erspüren. Bautechnisch ist das „Zwei-Sinne-Prinzip“ eine wichtige Grundlage zur Gestaltung von Gebäuden. Nach dem „Zwei-Sinne-Prinzip“ müssen mindestens zwei, der drei Sinne „Hören, Sehen und Tasten“ die wichtigen Informationen aufnehmen können. So müssen Alarme sowohl hör- als auch sichtbar sein, oder in Aufzügen die Etagen akustisch durch eine Sprechansage und optisch im Display angezeigt werden. Zusätzlich sollten die Bedientasten in Blindenschrift gestaltet sein. Für Gehörlose können Informationen zusätzlich zur optischen Anzeige über Vibration angezeigt werden. Im Brandfall sollte eine Sirene mit einer Signallampe und, wenn möglich, mit einer Vibration kombiniert werden. Wenn die Beleuchtung, das Material und das Farbkonzept gezielt kontrastreich gestaltet wird, verbessert das die Sicherheit von allen.

Orientierungshilfen

Orientierungshilfen unterstützen Menschen mit und auch ohne Behinderung im Gebäude den richtigen Weg zu finden. Die Informationen sollten sowohl visuell, akustisch als auch taktil, also übers Tasten erfasst werden können. Eindeutige Grundrisse helfen den Menschen, sich besser zurechtzufinden und beispielsweise Aufzüge und Treppen schneller zu finden. Schilder und Beschriftungen sollten klar und in schnörkelloser Schrift mit gutem Hell-Dunkel-Kontrast gestaltet sein, gut lesbar und gut erkennbar sein. Die Schrift muss ausreichend groß sein, Die Schriftzeichen und Symbole sollten zusätzlich in Blindenschrift ausgeführt sein. Richtungsänderungen und Weghinweise können innerhalb eines Gebäudes auch durch Symbole in Kontrastfarben auf dem Bodenbelag angebracht sein. Bei taktilen Orientierungshilfen können Informationen durch Tasten und Bewegungen wahrgenommen werden. Unterschiedlich beschaffene Oberflächen und Materialien, zum Beispiel im Bodenbelag, machen auf Richtungsänderungen und Gefahrenquellen aufmerksam. Gerade für Menschen, die auf den Blindenstock angewiesen sind, sind Leitsys-teme am Boden hilfreich. Handläufe, die Menschen durch ein Gebäude führen und gleichzeitig ertastbare Informationen bieten, sind eine ergänzende Maßnahme von der sowohl Sehbehinderte Menschen als auch ältere Menschen profitieren. Akustische Signale und Durchsagen machen Informationen hörbar für diejenigen, die sie nicht sehen können. Durchsagen in den Nahverkehrsmitteln oder in Behörden helfen sich zu orientieren.