Ein hohes Maß an Eigenleistung war nötig, dass sich Heidi und Gerhard Wolf ihren Traum vom Eigenheim erfüllen konnten. Dieses steht in Hard und verschweigt nach außen komplett sein vom Architektenduo Benjamin Miatto und Philipp Gmeiner erfundenes, in mehrfacher Weise raffiniertes Inneres.

Autorin: Edith Schlocker | Fotos: Karin Nussbaumer

Das unscheinbare, in den späten 1950er-Jahren gebaute Einfamilienhaus, das sich Gerhard und Heidi Wolf am Rand des dicht besiedelten Ortgebiets von Hard gekauft haben, ist eines von zigtausend ganz ähnlichen in Vorarlberg. Eigentlich wollte das junge Ehepaar ja das Grundstück daneben haben, als sie aber das zum Verkauf stehende – und für sie einigermaßen leistbare – kleine Haus gesehen haben, war ihnen sofort klar, „das ist es“. Und auch mit wem die Wolfs den Umbau stemmen wollten, stand von allem Anfang an fest: mit dem mit ihnen gut befreundeten Architektenduo Gmeiner & Miatto, von denen sie wussten, dass sie visuell ganz ähnlich ticken.

Von außen ist das 1958 erbaute Haus Wolf in Hard eines, wie es zigtausend ganz ähnliche in Vorarlberg gibt. Seine innere Metamorphose durch die Architekten Gmeiner-Miatto macht es allerdings zu etwas ganz Besonderem.

Von außen würde man dem Haus mit seinem Satteldach, seinem Graffito und den typischen metallenen 50er-Jahre-Geländern an Balkon und Eingangsstiege sein Inneres niemals zutrauen. So konträr zum biederen Äußeren kommt dieses in seiner räumlichen Großzügigkeit und materiellen Raffinesse daher. Allerdings galt es jede Menge zu stemmen, bevor mit der inneren Verwandlung begonnen werden konnte. Eine Knochenarbeit, die an unzähligen Wochenenden zum größten Teil von Gerhard Wolf gemeinsam mit Freunden erledigt wurde. Indem sie das Haus fast zur Gänze bis unter den Dachstuhl ausgehöhlt haben, wobei 18 Tonnen Schutt angefallen sind. Wie gut eine Freundschaft sein muss, um das im wahrsten Sinn des Wortes mitzutragen, erklärt sich wohl von selbst.

Durch die teilweise Entfernung der Decke öffnet sich über dem von einer Eckbank an zwei Seiten umstellten Esstisch ein Luftraum bis unter das holzverkleidete Satteldach.
Die Galerie im ersten Ober- geschoß wird von den Wolfs als lichtdurchfluteter Arbeitsraum und Bibliothek genutzt.
Der große Esstisch lädt zum Plaudern unter guten Freunden ein: die Architekten Benjamin Miatto und Philipp Gmeiner (1. und 3. v. l.) mit Heidi und Gerhard Wolf.

Eine Mühe, die sich gelohnt hat. Ist die Verwandlung des ehe­mals in winzige Zimmer geteil­ten Hauses in eine großzügige und offene Wohnung für ein Paar perfekt. Wobei letztlich ein einziger großer, teilweise vom Erdgeschoß bis unter das Dach reichender Raum übriggeblieben ist, komplettiert im Erdgeschoß durch einen kleinen Vorraum und ein WC und im ersten Stock durch ein Bad und ein Schlafzimmer. Verbunden sind die beiden Ebenen durch eine hölzerne Treppe, die von Heidi Wolf eigenhändig abgeschliffen und schwarz gestrichen wurde. Sie ist im Hausinneren als einziges Element vom Bestand übriggeblieben und akzentuiert in ihrer leicht nostalgischen Anmutung reizvoll den Kontrast zu den radikalen architektonischen Eingriffen durch Gmeiner–Miatto.

„Das Aushöhlen des Hauses war Knochenarbeit.
Zum Glück haben unsere Freunde mit angepackt.“

Gerhard Wolf
Bauherr

Gerhard Wolf ist ein begeisterter Koch. Entsprechend geräumig ist die aus Seekiefer-Sperrholz gebaute Küche ausgefallen. Nicht gespart wurde bei der aus warm gewalztem Edelstahl gemachten Platte, die am Arbeitstisch liegt.

Den Eingriffen liegt ein klares, die Räu­me horizontal wie vertikal ver­schränkendes Konzept zugrun­de. Der Wohnbereich im Erdgeschoß ist in drei Teile geteilt. Richtung Osten, zum Garten hin, wird gekocht, daneben an einem großen Tisch gegessen und wieder daneben auf einer riesigen Liegelandschaft gefaulenzt. Die Grenze zwischen Koch- und Essbereich wird durch einen 1200 Kilogramm schweren, aus Lehm gebauten Speicherofen mit einer schwarzen Oberflächenspachtelung markiert. Großzügigkeit erhält der dreigeteilte Raum dadurch, dass die Decke im Esszimmerbereich entfernt wurde, wodurch sich ein Luftraum bis unter den Dachstuhl eröffnet. Dieser wurde gedämmt und mit Seekiefer-Sperrholz verkleidet, ein Werkstoff, dem man im ganzen Haus begegnet. Bei den Küchenmöbeln genauso wie beim großen Esstisch, diversen Einbauten und Wandverkleidungen sowie bei den Trennwänden zwischen Bad und Schlafzimmer im Obergeschoß, die letztlich wie ein Möbel in den Raum gestellt sind.

Der Speicherofen unterstützt die gasbetriebene Fußbodenheizung. Zusammen mit der bereits erfolgten Dämmung des Daches leistet er einen Beitrag zum Energiekonzept.
Boden und Wände des Badezimmers haben als Kontrast zur weißen Keramik eine Beschichtung aus schwarzem Epoxidharz. Trennelement zum Schlafzimmer ist ein raumhoher Kasten, der praktischerweise von beiden Seiten zu öffnen ist.

Durch das Aufreißen der Decke über dem Essraum ergibt sich eine offene Galerie mit Ausgang zum südseitigen Balkon. Boden und Wände im Bad sind schwarz, vom Schlafzimmer getrennt durch einen raumhohen, natürlich aus Seekiefer-Sperrholz vom Bruder des Bauherrn maßgetischlerten, beidseitig zugänglichen Kleiderschrank. Seine markante Maserung gibt einen reizvollen Kontrast zu den Böden ab, die aus einem gegossenen, von Hand geglätteten grauen Estrich bestehen, während die Wände einen fein strukturierten weißen Kalkanstrich bekommen haben. Durchdekliniert als ausgewogenes Spiel mit nur wenigen Farben und puren Materialien, die noch dazu preiswert sind. Beim Umbau des Hauses mitgedacht wurde von den Architekten bereits eine Metamorphose der Außenhülle, die allerdings noch einige Jahre wird warten müssen.

Daten & Fakten

Objekt Haus Wolf, Umbau in Hard

Bauherr Heidi und Gerhard Wolf

Architektur Gmeiner & Miatto Architekten, Hard, gmeiner-miatto.com

Statik Plan 3, Andelsbuch, plandrei.at

Planung 10/2015–7/2016

Ausführung 4/2016–12/2016

Grundstücksgröße 595 m²

Wohnnutzfläche 124 m² (zzgl. 73 m² Keller)

Bauweise Massivbau in Ziegelbauweise, Bestand Ziegeldach von innen gedämmt,
Zementestrich geglättet als Bodenbelag, Innenausbau mit Seekiefersperrholz

Besonderheiten Holzofen mit Kaseinspachtelung, gesamter Innausbau mit Seekiefersperrholz

Ausführung Innenausbau: Meisterstück, Hard; Möbel/Türen: Meisterstück, Hard; Baumeister: Navadnig Bauservice, Hard; Böden: Fischer–Böden, Hard; Heizung/Lüftung: Bernd Langer, Wolfurt; Elektro: Lohs, Hohenems; Ofenbau: Müller, Ludesch

Energiekennwert 295 kWh/m² im Jahr vor Dämmung des Daches (U-Wert 0,12 W/m²K)

Baukosten ca. 100.000 Euro