Die Hänge um Warth gelten als besonders schneesicheres Skigebiet,
selbst in diesem zu warmen Winter liegt auf ihnen genug Schnee.
Der Wintertourismus ist die Haupteinnahmequelle in der Gemeinde,
die Unterbringungskapazitäten sind in den vergangenen Jahren kräftig
erweitert worden. Ja, wenn der Klimawandel nur vor den Alpen Halt machte!
Auch dauert die Hochsaison nur wenige Wochen im Jahr. Daher interessiert uns,
wie die Unterkünfte aussehen, wie sie im Ort stehen, wenn es regnet?

Text: Claudia Rinne | Fotos: Cornelia Hefel

Das Apartmenthaus Warths!Ap befindet sich im alten Teil von Warth, oberhalb der Pfarrkirche, rechts vom Ortseingang. Das Baugrundstück von unregelmäßiger Gestalt liegt an einem Hang, der eine Mulde bildet und so steil nach Osten abfällt, dass Teile des Erdgeschoßes und des Untergeschoßes in der Erde stecken. Nach Westen zeigen sich nur das Ober- und das Dachgeschoß, nach Osten bildet sich der Geländeverlauf am Untergeschoß ab. Durch hölzerne Läden vor den Eingängen wird das Untergeschoß als Sockel deutlich und vom Dorf aus gesehen wirkt das Gebäude nur dreigeschoßig. Das Grundstück wurde voll ausgenutzt, ohne mehr zu planieren als das für die Zufahrt nötige Minimum.

Der sechseckige Grundriss des Apartmenthauses ist eine verblüffend passgenaue Übersetzung der unregelmäßigen Gestalt des Baugrundstücks in eine regelmäßige Form mit zwei rechten und vier offenen Winkeln, über der ein vielgestaltiger Baukörper errichtet wurde. Mal wirkt er schlank und hoch, mal breit gelagert, mal wirkt er verschlossen, mal offen. Das schindelverkleidete Gebäude hat ein Satteldach ohne Überstände, dadurch wird die beinahe kubistische Wirkung mancher Ansichten nicht gestört.

Die bandähnliche Anordnung der Fenster wird durch horizontal durchlaufende Simse unterstrichen und an der Westseite durch Weißtannenpaneele betont. Sie erinnern an die konstruktionsbedingt kleinen, aber zahlreichen Fenster der alten Walserhäuser, die zeilenweise zusammengefasst sind. Eine weitere Übereinstimmung mit alten alpinen Wohnformen fällt auf: Balkone gibt es zum Glück keine. Die Trennung zwischen Drinnensein und Draußensein ist so klar wie die Kanten des Gebäudes, Übergang und Schwelle werden im Empfangsbereich und im prächtig ausgestatteten Ski- und Fahrradraum gefeiert, nicht im Privaten.

„Das Gebäude fügt sich durch die traditionelle,
in Würde alternde Schindelfassade bestens ins Weichbild des Ortes ein,
während die warme Atmosphäre im Inneren durch
die vollflächigen Verkleidungen in Weißtanne geprägt wird.“

Much Untertrifaller
Architekt

Ein Stück weiter die Straße entlang gibt es einen Metzger, bei dem man auch außerhalb der Saison zu einer guten warmen Mahlzeit kommt. Davor liegt die Stelle, wo die Bregenzerwaldstraße von der Lechtalstraße aufgenommen wird, zugleich das jüngere, touristische Zentrum des Ortes. Wenn eine Warmfront die Schneepracht dahinschmelzen lässt, schält sich hier aus den sanft gerundeten weißen Konturen das eine oder andere baukulturelle Fragezeichen heraus. Die verdichtende Bauweise auf einem Grundstück, das wegen seiner anspruchsvollen Topografie kaum nutzbar schien, die souverän verwendeten Zitate alter alpiner Bauformen für ein Mehrparteienhaus und die spannende, von den Architekten als kristallin beschriebene Gestalt des Baukörpers zeichnen die Tourismusarchitektur von Dietrich | Untertrifaller dagegen so sehr aus, dass die Jury des Holzbaupreises 2019 von einem Wahrzeichen für Warth sprach.

Im Gebäude gibt es neun voll ausgestattete Apartments, von denen acht vermietet werden. Jedes hat einen großen Ess- und Wohnbereich inklusive Kücheneinheit, drei Wohnungen haben eine eigene Sauna – alle sind voll funktionierende Rückzugsorte mit Tendenz zum Luxus. Dazu braucht es, anders als im Hotel oder der Pension, nicht einmal Personal, mit dem die Gäste in Berührung kämen, schon der Check-in funktioniert elektronisch. Ein mit eingeweckten Speisen und Kaffeebohnen bestückter Automat im Untergeschoß trägt zur selbsttätigen Versorgung mit Witz und Geschmack bei. In der Praxis wirkte die Vollautomatisierung aber zu unpersönlich. Daher ist der lederbezogene Empfangstresen inzwischen an An- und Abreisetagen besetzt.

In den öffentlichen Bereichen des Inneren, also im Skiraum, im Eingangsbereich, im Treppenhaus und im Untergeschoß, zeigt das Gebäude selbstbewusst vor, dass es ein Mischbau ist. Die Böden sind geschliffener Estrich, die eingehängte Stiege, Wände und Decken sind überwiegend Sichtbeton, gestaltungssicher mit Türen und Verkleidungen aus Weißtanne, mit großen Flächen aus Glas und Stahl kombiniert. Ein LED-Handlauf setzt den linearen Akzent und hebt gleichzeitig die Räumlichkeit des Stiegenaufgangs heraus. Die Apartments selbst umhüllen die Bewohner mit dem Luxus von hellem Eichenholz am Boden und makellos verarbeiteter Weißtanne an Wänden und Decken. Auch hier wird zitiert: Die Paneele an den Wänden verlaufen waagrecht, auch wenn es kein Strickbau (mehr) ist.

Eine Baukulturgeschichte von
vai Vorarlberger Architektur Institut
Das vai ist die Plattform für Architektur, Raum und Gestaltung in Vorarlberg. Neben Ausstellungen und Veranstaltungen bietet das vai monatlich öffentliche Führungen zu privaten, kommunalen und gewerblichen Bauten. Mehr unter Architektur vor Ort auf www.v-a-i.at

Daten und Fakten

Objekt Apartmenthaus Warth
Bauherr FAB GmbH/Warths!Ap Apartmenthaus
Architektur Dietrich | Untertrifaller Architekten ZT, Bregenz, Projektleitung: Susanne Gaudl, www.dietrich-untertrifaller.com
Statik Mader & Flatz Ziviltechniker, Bregenz
Fachplanung Haustechnik: Beer, Au; Elektro: E-Werke Reutte; Bauphysik: Bernhard Weithas, Lauterach; Geotechnik: 3P ZT, Bregenz; Entwässerung: Rudhardt + Gasser ZT, Bregenz
Planung 06/2016
Ausführung 04/2017–12/2017
Grundstück 667,5 m²
Nutzfläche 499 m² (ÖNORM B 1800)
Bauweise Konstruktion Stahlbeton; Außenwände Stahlbeton, Holz; Sparrendach; Holzfenster und -Türen; Eichenparkett; im Treppenhaus geschliffener Estrich; Heizung: Erdwärme über Fußböden
Auszeichnung Holzbaupreis 2019
Ausführung Baumeister: Oberhauser & Schedler, Andelsbuch; Bauleitung: Wolfgang Elmenreich, Au; Holzbau: Fetz, Egg; Fenster: Oskar Beer, Au; Möbel:
Manfred Oberhauser, Schoppernau