Bei dem von Roland Stemmer für Wolfgang und Doris Ludescher geplanten Haus ­waren Helligkeit, räumliche Kompaktheit und Holz als Baustoff besonders wichtig. ­Gestalterische Raffinesse um jeden Preis hingegen war nicht das Thema.

Autorin: Edith Schlocker | Fotos: Stefan Hauer

Der flache Eingeschoßer fügt sich völlig unaufgeregt in das eng verbaute Siedlungsgebiet oberhalb des alten Bruderhofs ein. Nicht zuletzt durch seine dunkel lasierte Verschalung.

Der urkundlich bis auf das frühe 15. Jahrhundert zurückgehende Bruderhof ist eines der ältesten und markantesten Gebäude von Klaus. Hier ist Wolfgang Ludescher aufgewachsen und hier wohnt noch seine Mutter. Die Räume waren früher beengt, dunkel und feucht, die Fenster klein und zugig, warm waren in dem schönen alten bäuerlichen Ensemble – die Landwirtschaft war schon längst aufgegeben – nur die Küche und die Stube. Als Ludescher nach seinem Studium in Wien, seiner Heirat und der Geburt von zwei heute 13 und 15 Jahre alten Buben sich zur Rückkehr in die alte Heimat entschloss, war für ihn klar, dass sie nicht in das elterliche Haus einziehen werden. Sondern in einem trockenen, modernen, warmen, hellen und barrierefreien Haus mit freiem Blick auf die Berge leben wollen.

Zwischen Wohnzimmer und Küche samt Esstisch mit Bank steht ein Ofen. Zusammengebunden werden beide Bereiche durch ein langes Fensterband.
Der Grundriss in der Form eines verzogenen Trapezes hat sich aus der Form des Bauplatzes ergeben. Auch die rechten Winkel des Baukörpers Rchtung Süden.

Gebaut auf einem winzigen, oberhalb eines steilen Hangs liegenden, in Familienbesitz befindlichen kleinen Plateau direkt neben bzw. über dem alten Hof. Errichtet als kompakter Eingeschoßer, dessen verschoben trapezförmiger Grundriss sich letztlich aus jener des Grundstücks bzw. der Existenz von zwei alten Zwetschgenbäumen ergeben hat, die die Ludeschers aus gutem Grund auf keinen Fall opfern wollten. Ganz nach den Vorstellungen von sich und seiner Frau ließ sich Wolfgang Ludescher das Haus – in Abstimmung mit dem örtlichen Gestaltungsbeirat – von seinem Schulfreund Roland Stemmer planen. Vorgaben für den ökologisch bewegten Kraftwerkbauer und die Physiotherapeutin waren Holz als Baustoff, nur eine Ebene, große Fenster und ein flaches Pultdach – Stemmer hätte lieber ein flaches Satteldach gehabt – samt breiten Vordächern. Denn auf einen formvollendeten Baukörper wollte der Bauherr zugunsten eines trockenen Umgangs lieber verzichten.

Wunsch des Bauherrn war ein rundum weit ausladendes Vordach. Auf keinen Fall geopfert sollten die auf dem schmalen, Richtung Süden steil abfallenden Plateau stehenden alten Bäume werden.
„Wir begreifen es als großen Luxus, hier leben zu dürfen.“

Doris Ludescher
Bauherrin

Mit dem pragmatischen Ergebnis sind die Bewohnerin und die Bewohner noch immer sehr glücklich. Sie begreifen es als großen Luxus, hier leben zu dürfen, sagt Doris Ludescher. Mitten in einem kleinen feinen Garten inklusive freiem Ausblick. Sie stört die sehr enge Nachbarschaft auch überhaupt nicht, auch weil es sich dabei fast ausschließlich um Mitglieder der näheren oder ferneren Verwandtschaft handelt.
Die Fassaden des auf einer Betonplatte stehenden, aus vorgefertigten Elementen bestehenden reinen Holzbaus sind außen mit vertikal gesetzten, von Doris und Wolfgang Ludescher selbst mehrfach eigenhändig dunkel lasierten Latten verschalt. In dem schützend in die nordöstliche Schmalseite des Baukörpers hineingeschnitten Eingangsbereich, der zum kleinen Foyer hin komplett verglast ist, steht einladend eine Bank. Das südwestliche Gegenüber wird durch eine große, fast quadratische, überdachte und mit Holz beplankte Terrasse markiert. Die, um den Ausblick nicht zu stören, ganz ohne Stütze auskommt, was in Sachen Statik einigermaßen herausfordernd war. Eine der wenigen Extravaganzen, die sich diese ansonsten im besten Sinne nüchterne Hülle leistet.

Die Terrasse ist fast quadratisch und komplett aus Holz gebaut. Über ein paar Stufen abgehoben von dem kleinen, das ganze Haus umgebenden Garten.

Mit seiner raumhohen Verglasung gehen in diesem Bereich Innen und Außen fast nahtlos ineinander über. Ein großes durchgehendes Fensterband Richtung Süden macht aber auch das Hausinnere sehr durchlässig. Das in letzter Konsequenz ein einziger, rund 140 Quadratmeter großer Raum ist. Überspannt von einer durchgehenden Brettsperrholzdecke bzw. einem schwellenlosen Boden aus Eiche. Räumlich strukturiert durch die Küchenmöbel als riesigem Raumteiler. Der das Hausinnere in einen knapp 60 Quadratmeter großen Raum zoniert, in dem gekocht, gegessen und es sich gemütlich gemacht wird bzw. einen hangseitigen Teil, in dem das Bad und ein Gästezimmer sowie das Elternschlafzimmer und die Zimmer der zwei Buben liegen, die jeweils eine Wand aus Lehm haben. Erschlossen werden diese Räume durch so etwas wie einen Gang, der sich hinter den Küchenmöbeln ergibt. Sanft erhellt durch das Licht, das durch die milchig verglaste Zone zwischen Unter- und Oberschränken dringt. Geheizt wird mittels Luft-Wärmepumpe, auf dem mit dunklem Lava-Gestein gedeckten Dach liegt eine Solaranlage. Das Wasser zum Gießen des Gartens und auch für das WC sprudelt aus einer eigenen Quelle.

Die Wände des reinen Holzbaus sind innen weiß gestrichen. Die Decke und der Boden sind auf den gesamten 140 Quadratmetern durchgehend und aus Holz.
Der Gang zwischen dem vorderen „öffentlichen“ und dem hangseitigen „privaten“ Bereich wird angenehm vom Licht erhellt, das durch das zwischen die Ober- und Unterschränke der Küche eingelassene milchige Glas fällt.
Als ausgeklügeltes Teilungselement zwischen Wohn- und Schlafbereich fungieren die längs zum Baukörper in den Raum gestellten weißen Küchenmöbel.

Eine Baukulturgeschichte von
vai Vorarlberger Architektur Institut
Das vai ist die Plattform für Architektur, Raum und Gestaltung in Vorarlberg. Neben Ausstellungen und Veranstaltungen bietet das vai monatlich öffentliche Führungen zu privaten, kommunalen und gewerblichen Bauten. Mehr unter Architektur vor Ort auf www.v-a-i.at

Daten & Fakten

Objekt Haus Ludescher, Klaus

Eigentümer Doris & Wolfgang Ludescher

Architektur Architekt Roland Stemmer, Götzis

Statik gbd, Dornbirn

Fachplanung Bauphysik: Spektrum, Dornbirn

Planung 12/ 2012–05/2013

Ausführung 07/2013– 07/2014

Grundstücksgröße 600 m²

Nutzfläche 142 m² ohne Keller auf einer Ebene

Bauweise Wände Holzständerbauweise mit Zellulosedämmung und gedämmter Vorsatzschale; Fassade sägerauer Fichten-Holzschirm; sichtbare Brettstapeldecke; Fenster Holz-Alu; Eichen-Dielenböden; Heizung: Luftwärmepumpe mit unterstützenden Kollektoren am Dach; Kaminofen wasserführend

Besonderheiten Besonderer Grundriss auf Grund der Topografie; Küche und Umkleideschrank als Raumteiler

Ausführung Baumeister: W&M Götzis; Holzbau: Dobler, Röthis; Elektrik: Obwegeser, Hohenems; Heizung-Sanitär: Hörburger, Altach; Trockenbau: Raith, Bregenz; Fenster: Böhler, Wolfurt; Innentüren: Übelher, Bizau; Spengler: Tectum, Hohenems; Schlosser: Kalb, Dornbirn; Glaser: Längle, Götzis; Estrich: Ebner, Lustenau; Parkett: Inbau, Klaus; Ofenbau: Beuchert, Dornbirn und Baurenhas, Alberschwende; Küche: Weiler-Möbel, Weiler; Fliesenleger: Matt, Batschuns

Energiekennzahl 45 kWh/m² im Jahr

Baukosten 400.000 Euro