Konsequent gerastert
Das Industriegebiet Amtmahd in Dornbirn mausert sich zur Wohngegend.
Als der Fußballtrainer und Architekt Sebastian Brandner
und seine Partnerin Stefanie Mäser hier ein Grundstück erbten,
plante er sich ein Haus genau nach seinen Vorstellungen.
Ganz aus Holz, 5,5 Meter schmal, 18,5 Meter lang und drei Stock hoch
bietet es Raum zum Arbeiten, Wohnen und auch zum Parken.
Von vorne wirkt das schmale, hohe Haus wie ein schlanker Turm.
Konsequent folgen seine Fensteröffnungen, Fassadenteilungen,
Räume und Decken dem Raster.
Autorin: Isabella Marboe | Fotos: Angela Lamprecht
Während seines Studiums an der TU Wien erstellte Sebastian Brandner mit seinem Kollegen Christoph Grabner ein Konzept für Slums in der Mongolei. Es wurde 2010 mithilfe von Architekt Martin Summer vom baucombinat vor Ort umgesetzt: Studierende bauten eine modulare Form der traditionellen Jurte mit rechtwinkeligem Grundriss und Wärmedämmung, die sich leicht erweitern lässt. Seither hat Brandner sein Architekturstudium beendet, eine Profifußballkarriere hinter sich und arbeitet als Tormanntrainer beim SCR Altach.
Als seine junge Familie im Amtmahd in Dornbirn ein Grundstück erbte, wollte er die Gelegenheit nutzen, um auch daheim nachhaltig zu planen. „Wir haben mit 394 m2 inklusive Straße wenig Grundfläche. Da mussten wir bei der Planung wirklich sehr wirtschaftlich denken“, so Brandner. Außerdem: Wenn schon bauen, dann gleich ein Haus zum Wohnen, Arbeiten und auch zum Parken. Die Gegend ist erstaunlich idyllisch: Die Geräuschkulisse dominieren Vögel, rundherum gibt es Rasen, Stadel, einzelne Wohnhäuser. Der „Fußabdruck“ von Brandners hoch aufragendem Haus ist schmal: 5,5 Meter in der Breite und 18,5 Meter in der Länge. Keller gibt es keinen – das Haus steht ressourcenschonend auf einer Betonplatte.
Darüber ist das dreistöckige Gebäude als klarer, schmaler Quader aus Holz in einer klassischen Pfosten-Riegel-Konstruktion aufgesetzt. Die einzelnen Pfosten folgen konsequent dem Raster von 62,5 cm: Das entspricht der Breite der Brettsperrholzplatten, mit denen das Haus verkleidet ist. Auch die Holzleimbinder der Decke bilden lauter quadratische Kassetten, Sie verleihen den als offene Lofts konzipierten ersten Ebenen viel Ruhe.
„Wir wollten alles in ein Volumen packen.
Die Wendeltreppe habe ich am Computer so generiert, dass alle Stahlseile
durch die einzelnen Trittstufen durchgehen.“
Sebastian Brandner
Bauherr und Architekt
Von unten nach oben wird das Haus immer privater, was sich auch an der steigenden Zahl seiner Öffnungen und der Struktur der Fassade zeigt. Die vertikalen Holzlatten, die sie gliedern, sind im Erdgeschoß in einem Abstand von 2,50 Meter gesetzt. Im Stock darüber – der Wohnküche – beträgt er 1,25 Meter. Ganz oben im Schlafgeschoß dann 62,5 cm. Der Planungsraster ist also schon von außen zu erahnen. Das Erdgeschoß ist die „öffentliche“ Etage: Im Osten bildet hier das Garagentor das straßenseitige Hausende. „Wir wollten alles in ein Volumen packen“, erklärt Brandner. „Außerdem sollte man von außen so wenig wie möglich sehen.“ An die Garage schließt sein Atelier an. Die lange Nordflanke kommt als Wetterseite so gut wie ohne Öffnung aus: Hier gibt es nur die Eingangstür, ein Antrittspodest verrät ihre Position. Die lichte Raumhöhe des Ateliers beträgt 2,65 Meter, im Süden öffnen sich zwei quadratische, raumhohe, fixverglaste Fenster zu Sonne und Landschaft. Eines davon hat einen Lüftungsflügel, durch den man ins Freie treten kann. Die großen Öffnungen, das Brettsperrholz an den Wänden, die Kassettendecke aus Holz und der graue, fußbodenbeheizte, beschichtete Estrich am Boden geben dem Atelier eine offene, freundliche Anmutung.
Als runde Wendeltreppe entspricht die Stiege der platzsparendsten Form eines Stiegenlaufs. Von Brandner selbst entworfen, wird sie zum Statement. Mit ihrer Konstruktion steht und fällt, wie leichtfüßig, behäbig, raumgreifend, einfach oder kompliziert sich der Übergang zwischen den Ebenen gestaltet. Diese Wendeltreppe ist aus Schwarzstahl und im Detail sehr fragil: Stahlseile bilden ihr Geländer. Ihre Mittelstütze ist im Fundament eingespannt, in jeder Bodenplatte gibt es einen runden Stahlring, von dem die Stahlseile abgehängt sind, die die einzelnen Stufen halten und fixieren. Beim Betreten schwingen sie leicht.
Auch die Küche hat Brandner entworfen: eine reduzierte Kastenwand, davor der Herdblock mit einer Arbeitsplatte aus Edelstahl. Das Wohnen liegt jenseits der Wendeltreppe über der Garage und ist nach Osten zum Balkon orientiert: perfekt für ein Frühstück in der Morgensonne. Der fortgesetzte Deckenraster verleiht diesem Freiraum viel Großzügigkeit. In der Ebene darüber endet die Wendeltreppe unter einem Oberlicht: hier löst sich das Quasi-Loft-Prinzip zugunsten individueller Privatheit in klar abgegrenzte Zimmer auf. An ihren Enden profitieren die Eltern von einem kleinen Balkon, das Bad von einer schönen Aussicht.
Daten & Fakten
Objekt Haus im Amtmahd
Bauherren Stefanie Mäser und Sebastian Brandner
Architektur Sebastian Brandner, www.sebastianbrandner.com
Statik Peter Nagy, Dornbirn
Fachplanung Bauleitung: Michael Pfanner, Sulzberg Thal
Planung 2/2017–4/2018
Ausführung 4/2018–4/2019
Grundstücksgröße 394 m²
Nutzfläche 110 m² (zzgl. 30 m² Arbeitsraum)
Bauweise Holzskelettbau
Ausführung Holzbau: Bilgeri, Riefensberg; Stahlbau: Dietmar Bechter, Hittisau; Installation: Brändle, Altach; Elektrik: Schwendinger, Dornbirn; Tischler: Werner Übelher, Bizau und Klaus Meusburger, Dornbirn/Winsau; Fenster: Böhler, Wolfurt; Dach: Mario Berchtold, Dornbirn; Raumausstattung: Wohlgenannt, Dornbirn
Energiekennwert 32 kWh/m² im Jahr