Wer wünscht sich das nicht: ein Haus, umgeben von dichtem Grün, den eigenen
Bedürfnissen angepasst, eigenständig und doch mit Familienanschluss?
In Lustenau hat sich aus dem Kontext Familie, Arbeit und Urlaub ein Gartenpavillon
in ein durchmischtes Quartier dazugesellt.

Autorin: Verena Konrad | Fotos: Petra Rainer

Ein Pavillon ist hierzulande nicht oft gesehen, zumindest nicht in dieser Qualität und Eigenständigkeit. Er bezeichnet neben anderen Bedeutungen ein freistehendes, leichtes Bauwerk in einer Garten- oder Parkanlage. Freunde der französischen Sprache erkennen schon im Klang eine Verwandschaft zu „papillon“, wer Latein in der Schule hatte, hört das Wort „papilio“ heraus, beides bezeichnet den Schmetterling. Und so zeigt sich diese Analogie auch in Lustenau als lebendige, luftige Ergänzung in eine vielseitige Siedlungs- und Baulandschaft, die sich dort über Jahrzehnte und Generationen, man möchte sagen, „ergeben“ hat. Viele Einfamilienhäuser mit teils erstaunlich großen Gärten reihen sich aneinander. Im Hintergrund türmt sich eine Wohnanlage aus den 1970er- Jahren auf. Das Gebäude der Familie schottet sich nicht ab, sondern gliedert sich ein und liefert eine angenehme Aussicht, auch für die Nachbarschaft, die sich über einen reizvollen neuen Akzent in der Siedlungslandschaft freuen kann.

„Wir genießen es sehr, hier einen besonderen Ort zu haben, an den wir immer wieder zurück- kehren können, der auch für unsere Kinder ein Stück Heimat ist und hier einen Teil unseres Lebens zu verbringen“, erzählen die Bauleute. Aufgewachsen in Lustenau hat der Bauherr hier enge familiäre Bindungen und Besitz, seit Kurzem auch projektbezogene Arbeit, die ein ständiges Pendeln über Hunderte Kilometer nach Deutschland nur schwer durchführbar machen würde. Vor vielen Jahren schon ist hier zusammen mit den Architekt(inn)en Ute Wimmer-Armellini und Peter Wimmer eine Verdichtung auf elterlichem Grund entstanden. Ein kleiner Gartenpavillon, den die Familie nutzte, um mit den Kindern über längere Zeit in den Ferien hier sein zu können. Schon damals wurde an eine mögliche Erweiterung gedacht und diese in die Planung miteinbezogen – für den Ruhestand oder was das Leben sonst noch bringen mag. Nun hat sich dieser Umstand früher ergeben als gedacht und die Erweiterung des Pavillons ist als konsequente Fortführung des Ursprungsgedankens ausgeführt worden.

„Wir genießen es sehr, hier einen besonderen Ort zu haben,
an den wir immer wieder zurückkehren können.“

Familie H.
Hannover und Lustenau

Konsequenz klingt nach Strenge. Doch streng ist dieses Gebäude nicht. Klar ist es und schlicht, angemessen und maßvoll, japanisch fast und dabei so voller Leben. Und das nicht nur wegen der parkähnlichen Gartenlandschaft, die sich vor dem Gebäude aufspannt und in den Frühlings- und Sommermonaten zu einem Wohnen mit offenen Türen und Fenstern einlädt. Lebendig ist auch die Atmosphäre im Haus, das trotz der temporären Anwesenheit rege genutzt wird. Der Kochplatz ist durch ein Oberlicht angenehm hell, das Wohnzimmer orientiert sich zu einem Sitzplatz, der in den Garten hinauswächst und doch angenehm geschützt ist durch das Dach, das einige Meter höher etwas weiter hinausragt.
Ein Arbeitsraum ist separat begehbar. Ausgestattet ist er so, dass er auch für Wohnzwecke dienen könnte, mit einem eigenen kleinen Bereich im Garten. Im Obergeschoß reihen sich die Schlafzimmer der Familie aneinander. Ein großzügiger Keller ist fast zu schade, um hier etwas abzustellen. So verbergen sich die Regale auch hinter einem schwarzen Vorhang. Licht und groß deuten sich hier schon andere Nutzungen an, etwa für handwerkliche Arbeit oder in Form einer Sauna.

Einfach gebaut, mit lokalem Material und solide ausgeführt ist das Gebäude auch ökologisch bewusst geplant. Wer sein Haus und seine Wohnung nicht permanent nutzt, hat hier besonders hohe Verantwortung, nicht nur der eigenen Geldbörse wegen. „Wir haben darauf geachtet, jedes Detail zu hinterfragen und Dinge nicht unnötig kompliziert zu machen“, erläutert Peter Wimmer das Konzept. „Und wir haben auch darauf geschaut, den Garten zu erhalten und die Wege weitergeführt.“ Mit Holz zu bauen war den Bauherren wichtig. Und so ist der Pavillon eine Mischung aus japanischem Minimalismus und Vorarlberger Genügsamkeit, aus kulturvollem Raum und aus pragmatischem Nutzen. Ein klassischer Holzbau Vorarlberger Tradition in seinem Anliegen, Ökologie und Gesellschaft durch eine individuelle Geste zusammenzubringen.

Eine Baukulturgeschichte von
vai Vorarlberger Architektur Institut
Das vai ist die Plattform für Architektur, Raum und Gestaltung in Vorarlberg. Neben Ausstellungen und Veranstaltungen bietet das vai nach den Covid-19-Maßnahmen wieder monatlich öffentliche Führungen zu privaten, kommunalen und gewerblichen Bauten. Mehr unter Architektur vor Ort auf www.v-a-i.at

Daten & Fakten

Objekt Haus H., Lustenau

Architektur Wimmer-Armellini, Bregenz, www.wimmer-armellini.at

Statik Andreas Gaisberger, Dornbirn, www.zt-gaisberger.at

Fachplanung Bauleitung Baumeister: Thomas Spiegel Dornbirn; Energieausweis: Daniel Gisinger Dornbirn

Planung 2005 und 2019

Ausführung 2020

Nutzfläche Bestand 105 m², Erweiterung 110 m²

Bauweise Untergeschoß Beton, Erd- und Obergeschoß Holzbau; Carport Stahlkonstruktion

Besonderheit Das Holzhaus wurde im Jahr 2005 schon im Hinblick auf eine Erweiterung geplant, die nun 15 Jahre später umgesetzt wurde.

Ausführung Zimmerer: Forster, Opfenbach; Baumeister: Brunold, Dornbirn; Elektro: Hagen, Lustenau; Heizung, Sanitär: Andreas Teissl, Lustenau; Fenster: Martin Fellerer, Lustenau; Innentüren, Einbaumöbel: Kurt Hofer Lustenau; Spengler: Herbert Nagel, Höchst; Schlosser: Hannes Klocker, Dornbirn; Boden: Ludovikus, Lustenau; Fliesen: Michael Felder, Lustenau; Glas: Glasexpert, Hohenems; Maler: Wilfried Netzer, Wolfurt; Sonnenschutz, Vorhänge: Josef Ebner, Doren; Estrich: Wolfgang Kerschbaumer, Bregenz; Trockenbau: Bohn, Feldkirch; Naturstein: Burkhard Fessler, Hard; Gärtner: Reinhard Brunner, Höchst

Energiekennwert 48 kWh/m² im Jahr