Wo früher Busse wendeten und Mobilität das Hauptthema war, ist es jetzt Daten­transfer und Kommunikation. Die alten Hallen der Postbusgaragen wurden zur Drehscheibe für die Digitalszene transformiert.

Autorin: Verena Konrad | Fotos: David Schreyer

Für das Quartier kommt ein alter Player zurück ins Spiel, in einer besonders aktiven Rolle.
Durch die erweiterung in Richtung Westen schließt die neue Post­garage nun auch eine Lücke am Areal und bringt Platz für ein Café.

Auf dem Areal des „Campus V“ geht es rund. Unweit der Fachhochschule, an der Dornbirner Ach gelegen, in der Einfahrt zur Stadtstraße und auf dem Weg ins Zentrum der Stadt hat sich hier in den vergangenen Jahren viel getan. Das Quartier wächst – schon von Beginn an verfolgte man hier die Entwicklung eines Areals für gewerbliche Nutzungen, Büros, ein lebendiges Arbeitsumfeld mit vielfältigen Zusatzangeboten wie Kinderbetreuung und Gastronomie und schon früh auch dem Fokus auf Coworking, auf neue Formen des Teilens von Arbeitsraum, angepasst an die Bedürfnisse von Einzelunternehmer(inne)n, Start-ups, Corporates, Kooperationen und Initiativen. Nun ist dieser Bereich gewachsen, und das nicht nur räumlich, sondern auch qualitativ. Die Postgarage ist das vorläufige Ergebnis einer Entwicklung, die viele Ausläufer kennt, vor allem im Umfeld neuer digitaler Arbeitswelten.

Nonchalant. Amann Kaffee entschied sich für eine Zusammenarbeit mit dem Architekten Oskar Leo Kaufmann, der die Möbel für das lässige Tagescafé entwarf.
Pausenkultur und alternative Mittagsmenüs – ein guter Ort für persönliche, aber auch für virtuelle Treffen mit Freund(inn)en und Kolleg(inn)en bei einem guten Kaffee.

Das Projekt kommt damit genau zur richtigen Zeit. Start-ups, junge, frische Unternehmen sind heute schon fast Statussymbole eines vitalen Wirtschaftsstandortes. Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne. Auch große, gewachsene Unternehmen schauen sich hier um, wollen sich im Umfeld dieser neuen, dynamischen Unternehmenskultur, in der schnell und einfach etwas ausprobiert werden kann, fit machen für die Herausforderungen ihrer digitalen Zukunft. Sie gehen selbst in dieses Feld mit ihren „Corporates“ – machen sich frei von Strukturen, stellen in kleinen Einheiten um auf andere Arbeitsweisen und vor allem eine freiere geistige Haltung. Für genau diese Zugänge ist die Postgarage gedacht – als Raum für Experimente, als Labor für neue Formen der Zusammenarbeit, aber auch als Raum für Expertise in eben diesem Feld: Als Ort der Beratung und als Umfeld für Innovation, in dem neue Ideen leichter erprobt werden können.

Der Standort bietet neben guter Infrastruktur, gewerblichen Flächen, Bildungsangeboten, Gastronomie und Kinderbetreuungseinrichtungen auch qualitative Freiräume in unmittelbarer Nähe.
„In der Postgarage am Campus V wurde unter Einbezug der bestehenden Bausubstanz neuer Raum für Digitalisierung, Start-ups und Corporates geschaffen.“

Bernhard Ölz
Vorstand der Prisma ­Unternehmensgruppe

„Je nach Anforderungsprofil werden individuelle Nutzungsmodelle angeboten. So stehen beispielsweise für die langfristige Verortung von Corporate-Teams bedarfsorientiert Teamoffices zur Verfügung. Zudem können die Räumlichkeiten für die flexible, temporäre Verwendung von Events, Workshops und Meetings rund um die Themen Innova­tion, digitale Transformation und Entrepreneurship gemietet werden“, erläutert Claudio Vit, der das Projekt für die Prisma entwickelt und begleitet hat. „Ziel ist ein kreatives, unterstützendes Umfeld für die digitale Transformation unserer Arbeitswelt, getragen durch eine vom Land Vorarlberg geförderte Kooperation von der Wirtschaftskammer Vorarlberg, der Wirtschafts-Standort Vorarlberg GmbH „WISTO“, der Fachhochschule Vorarlberg, des Russmedia-Verlags und natürlich auch getragen von der Prisma Unternehmensgruppe“, so Claudio Vit. „Zusammenarbeit ist hier nicht nur Raum-Programm. Wir haben die ganze Entwicklung über bereits versucht, auch unsere Kooperation aus diesem Geist heraus zu gestalten.“ Die Wahl für die architektonische Gestaltung der Räume fiel auf ein junges Architekturbüro aus Dornbirn. NONA Architektinnen, Nora Heinzle und Anja Innauer, waren über regelmäßige Besuche im Designforum Vorarlberg bereits bekannt im Haus. „Das Anliegen des Projektes war uns aus eigener Erfahrung mit der Gründung eines Büros sehr vertraut“, meint Anja Innauer. „Wir haben an eine Atmosphäre gedacht, die Kreativität fördert wie auch das Zusammenarbeiten, in der aber auch Konzentration und Rückzug möglich sind.“

Eingestellte Boxen. Die Postgarage ist ein Ort, an dem vieles möglich sein soll. Die Konzeption des Innenraumes unterstützt dieses Anliegen.

„Für die Revitalisierung war es uns wichtig, den Charakter der Hallen, ihren industriellen Charme, zu erhalten und die neuen Teile sensibel, aber konsequent zu integrieren“, beschreibt Nora Heinzle den Grundgedanken der Planungen. „Den Hallen und ihren Nutzer(inne)n sollten Raum und Luft gelassen werden und sie sollten multifunktional sein. Und mutig sollte sie sein, die neue Postgarage, radikal, nicht zimperlich, aber auch gefallen.“ Die Postgarage lebt durch das offene Konzept, durch die vielen Möglichkeiten, die sie räumlich eröffnet. Schon kurz nach der Eröffnung pulsierte hier kurz, und hoffentlich nicht zu lang unterbrochen durch die Herausforderungen unserer aktuellen Zeit, die digitale Szene. Die Plattform für digitale Initiativen ist hier zu Hause, Startupland, v-digital und Hagen Management. Die fixen Nutzungen sind das eine. Die Arena, ein offener Raum für Workshops und Seminare das andere. In vielen Räumen sind kurzfristige Nutzungen möglich. Die langgezogenen Hallen sind linear entlang der Hinteren Achmühlerstraße situiert und wurden in Richtung Westen erweitert. Damit konnte auch die städtebauliche Lücke zum Platz hin geschlossen werden. Für das Quartier kommt damit ein alter Player zurück ins Spiel, in einer besonders aktiven Rolle. Die Erweiterung bringt auch Platz für ein Café. Für kreative Pausen, aber auch als Ergänzung zum vielfältigen Angebot am wachsenden Standort war ein weiteres gastronomisches Angebot wichtig. „Wir konnten Amann Kaffee gewinnen, die mit der hochwertigen Gestaltung des Innenraumes durch Möbel nach dem Entwurf von Oskar Leo Kaufmann auch einen wichtigen gestalterischen Beitrag geleistet haben.“

Zwischenräume Einfachheit schließt ­Atmosphäre nicht aus.
Radikal und doch gefällig. Eine gute Mischung aus Neuem und Bekanntem sind die Zutaten für einen Raum, der Kreativität und Kommunikation fördern soll.
Volles Haus in der Postgarage. Schon kurz nach der Eröffnung pulsiert hier das Leben, zum dem auch Arbeit und Kommunikation und Genuss gehören.

Eine Baukulturgeschichte von
vai Vorarlberger Architektur Institut
Das vai ist die Plattform für Architektur, Raum und Gestaltung in Vorarlberg. Neben Ausstellungen und Veranstaltungen bietet das vai monatlich öffentliche Führungen zu privaten, kommunalen und gewerblichen Bauten. Mehr unter Architektur vor Ort auf www.v-a-i.at

Daten & Fakten

Projekt POSTGARAGE am CAMPUS V

Standort Hintere Achmühlerstraße 1b, Dornbirn

Eigentümer CAMPUS Dornbirn II Investment GmbH (40 % Stadt Dornbirn, 20 % Land Vorarlberg, 40 % Prisma Unternehmensgruppe)

Entwicklung und Umsetzung Prisma Zentrum für Standort- und Regionalentwicklung GmbH

Architektur NONA ZT, Anja Innauer und Nora Heinzle, www.nona-architektinnen.at

Statik Hämmerle-Huster ZT, Bregenz, www.diestatiker.at

Fachplanung Haustechnik: Marte Diem, Bregenz; Elektro: Brugger, Thüringen; Bauleitung: Nikolussi.Hänsler Architektur, Bludenz; Bauphysik: SPEKTRUM, Dornbirn

Ausführung 05/2019–10/2019

Nutzfläche 1100 m² (Büro- und Gewerbe)

Ausführung Baumeister: Nägele, Röthis; Zimmermeister: Fussenegger, Dornbirn; Haustechnik: Dorf Installationstechnik, Götzis; Elektro: Elmar Graf, Dornbirn; Fenster & Portale: Jobarid, Röthis; Verputz: Rhein, Feldkirch

Fotonachweis Seite 7, Nr. 6: Frederick Sams; alle übrigen: David Schreyer