Hätte es das Grundstück in Nüziders nicht gegeben, wäre ein Haus für Michael Greifeneder kein Thema gewesen.
Obwohl ein Holzhaus immer der geheime Traum des Lehrers war.

Autorin: Edith Schlocker | Fotos: Cornelia Hefel, Hanno Mackowitz

Michael Greifeneder erinnert sich noch gut daran, wie er als Kind seinem Großvater geholfen hat, auf dessen riesigem Grundstück in Nüziders Birnen zu ernten. Es wurde in der Folge in mehrere Teile zerstückelt und größtenteils bebaut. Eine kleine Parzelle zuletzt von Greifeneder, der hier nun mit seinem 16-jährigen Sohn wohnt. Das nicht zufällig „Haus Birne“ heißt und von Martin Mackowitz entworfen wurde. Dieser hätte intuitiv gespürt, was das Richtige für ihn ist, was er brauche, sagt der HAK-Lehrer. Er wollte auf dem Grundstück, das er von seiner Tante bekommen hat, ursprünglich einen mobilen Holzcontainer aufstellen. Als allerdings klar wurde, dass sein Sohn bei im wohnen wird, wurde aus dem Container ein Holzhaus mit zwei Geschoßen. Wie dieses ausschauen sollte, wusste der Bauherr nicht, sein Architekt nach langen Gesprächen aber sehr wohl.

An zwei Seiten hat das Haus Birne eine Pufferzone zwischen innen und außen. Inszeniert als transparentes, von einer stählernen Konstruktion getragenes hölzernes Gitter, das zum Sicht- genauso wie als sanfter Sonnenschutz taugt.
Richtung Westen wächst sich diese Pufferzone zu einer breiten Terrasse aus, die teilweise offen, teilweise vergittert ist. Vor Abstürzen schützt ein zartes Staketengeländer aus Stahl.

Es ist das erste Einfamilienhaus, das Martin Mackowitz gebaut hat. Wohl wissend, dass es sich da um ein Wohnmodell handelt, das in mehrfacher Weise höchst hinterfragenswert ist, angesichts der Tatsache, dass es das Grundstück aber bereits gab, hier doch stimmig ist. Wie schon sein Name sagt, ist das Haus zwischen drei etwa 100 Jahre alte Birnbäume gesetzt. Auf eine Betonplatte, Keller gibt es keinen. Gebaut aus Holz, Beton, Glas, Stahl und Zellulose als ökologischem Dämmstoff. Geheizt wird per Erdwärme bzw. einem mit Holz befeuerten Ofen.

Die sehr speziellen Qualitäten des gebrochenen Lichts bzw. gerasterten Blicks kennt Martin Mackowitz von traditionellen arabischen Architekturen.

Die Wände des Hauses mit seinem minimal geneigten, hinterlüfteten Flachdach sind aus vorgefertigten Elementen aus Weißtanne gebaut, die Decke aus Fichte, die das Erd- mit dem Obergeschoß verbindende Stiege wie sämtliche Einbauten aus Eiche. Was das „Haus Birne“ allerdings zu etwas ganz Besonderem macht, ist die zweite Gebäudehülle, die sozusagen als Pufferzone dem Haus Richtung Süden und Westen vorgesetzt ist. Als teilweise offener, teilweise halboffener geschützter Zwischenbereich zwischen innen und außen. Definiert als transparente gittrige Struktur, die von einer zarten Stahlkonstruktion getragen wird.

Kommunikationsort: Am Esstisch mit seiner Platte aus rotem Lino- leum machen es sich Architekt Martin Mackowitz, Michael Greifender und Bauleiter Helmut Taudes (v. l.) gemütlich.
„Hätte ich das Grundstück nicht gehabt,
wäre ein Haus für mich kein Thema gewesen.“

Michael Greifeneder
Bauherr

Der Lieblingsplatz von Michael Greifeneder im großen offenen Wohnraum im Obergeschoß ist geschickt in unterschiedlich besetzte Zonen geteilt: Zum Kochen, Essen, Faulenzen oder um die Aussicht zu genießen.

Die ornamentalen Elemente, die in der traditionellen arabischen Architektur vor unerwünschten Einblicken und gleichzeitig für viel Licht in den Innenräumen sorgen, hätten ihn zu dieser aus einfachen Fichtenholzlatten „gestrickten“ Gitterstruktur inspiriert, sagt Martin Mackowitz. Wissend um die sehr speziellen Qualitäten des gebrochenen Lichts, des gerasterten Blicks. Und nach nur einer Woche des Ausprobierens einer Kostprobe war für Michael Greifeneder klar: Das machen wir.

Diese zarte Verhüllung ist allerdings nur partiell. Wechselnd mit offenen, von im Obergeschoß mit schlichten Staketengeländern gesicherten Bereichen, die sich zu mehr oder weniger breiten Balkonen auswachsen. Wo es dem Hausherrn gelingt, sich ganz leicht zu fühlen, fast glaubt, in den Kronen der Bäume zu schweben und die saftigen Birnen pflücken zu können.

Michael Greifeneders kleines Schlafzimmer ist der einzige Raum in seinem Haus mit einem Holzboden. Überall sonst bildet ein malerisch wolkiger Estrich den Boden, in dem auch die Heizung verlegt ist.
Im Erdgeschoß liegt neben dem Zimmer des Sohnes Michael Greifen- eders Arbeitszimmer, das bei Bedarf auch als Gästezimmer genutzt wird.

Die 108 Quadratmeter Wohnfläche sind für die zwei Männer ausreichend. Der Sohn hat im Erdgeschoß sein Zimmer und sein Bad, der Vater wohnt oben. Dieses Wohnen ist sehr offen, spielt sich in einem großen Raum ab, der geschickt in Zonen mit ganz unterschiedlichen Stimmungen gegliedert ist. Den Küchenbereich trennt ein alter Kasten von der Oma von der intim nieschig daherkom­menden Kuschelecke. Sie ist der Lieblingsplatz des Hausherrn neben dem Holzofen und vor einem raumhohen Fenster mit großartiger Aussicht. Eine direkt auf den Hohen Fraßen hat Michael Greifeneder, wenn er in seiner hölzernen Badewanne liegt. Das Schlafzimmer ist klein, der daran anschließende Kastenraum praktisch groß. Hier gibt es einen Holzboden, im Rest des Hauses nur den Estrich.

In das Erdgeschoß hineingeschnitten ist ein großer offener Bereich. Von hier aus betritt man das Haus, hier hat der Hausherr aber auch so etwas wie eine Werkstatt eingerichtet und hier stellt er auch sein kleines Elektrofahrzeug ab.

Das Haus Birne ist ein pures Holz- haus, gebaut aus vorgefertigten Elementen aus Weißtanne. Die Stiege und sämtliche Einbauten wurden vom Onkel des Hausherrn aus Eiche getischlert.
Holz dominiert im Haus Birne sogar das Bad. Weiß verfließt wurde nur so viel wie unbedingt notwendig. Und die hölzerne Badewanne ist so positioniert, dass der Blick auf den Hohen Fraßen unverstellt ist.

Daten & Fakten

Objekt Haus Birne, Nüziders

Bauherr Michael Greifeneder

Architektur Martin Mackowitz, https://ma-ma.io

Statik Bau Consult, Ludesch

Fachplanung Projektleitung: Helmut Taudes; Bauleitung: Michael Greifeneder

Planung 9/2015–3/2016

Ausführung 3/2016–8/2016

Grundstück 600 m²

Nutzfläche 110 m²

Bauweise Betonplattenfundament; Holzfertigteilkonstruktion; Dämmung mit Holzwolle und Zellulose; belüftetes Flachdach mit Photovoltaik; Heizung mit Erdwärme über Fußböden, zusätzlich Speicherofen (Holz)

Ausführung Baumeister: Biermeier, St. Gallenkirch; Zimmerei: Sutter, Ludesch; Spengler: Dietmar Küng, Bürs; Estrich: Bleiner, Vandans; Installation: Egele, Vandans; Elektro: Patrik Cavada, Bürs; Fenster und Türen: Stuchly, Thüringen; Schlosser: Gmeiner, Bludenz

Energiekennwert 46 kWh/m² im Jahr